Machtpoker Ukraine stoppt Zahlungen für russisches Gas
Zwangslage - Abhängig von russischem Gas
Kiew/Slawjansk Im Gasstreit mit Russland hat die Ukraine ihre Zahlungen vorerst gestoppt. Die von Russland geforderten neuen Preise seien nicht marktkonform, ungerechtfertigt und inakzeptabel, sagte der Chef des staatlichen Energiekonzerns Naftogaz, Andrij Kobolew, in einem am Samstag verbreiteten Interview. Damit droht der Konflikt um die Gasversorgung des EU-Anrainers zu eskalieren, über den die Hälfte der russischen Gaslieferungen an die EU und Deutschland fließen.
Im Osten der Ukraine besetzten pro-russische Demonstranten unterdessen weitere Gebäude der Sicherheitskräfte. In der Großstadt Slawjansk stürmten Bewaffnete in Kampfanzügen das Polizeipräsidium und erbeuteten nach ukrainischen Angaben Hunderte Waffen.
"Wir sehen keinen Grund für eine Preisänderung", sagte Kobolew dem Wochenmagazin "Serkalo Nedeli". Daher würden die Zahlungen an Russland ausgesetzt, bis die Verhandlungen über den Preis wieder aufgenommen würden. Der ukrainische Energieminister Juri Prodan sprach in einem Interview der "Börsenzeitung" von einem Wirtschaftskrieg, der der Ukraine von Russland erklärt worden sei. Ein Stopp der Gaslieferungen aus Russland werde immer wahrscheinlicher.
Russland hatte Anfang April den Preis für Gas von 268 Dollar auf 485 Dollar pro 1000 Kubikmeter erhöht. Begründet wurde dies damit, dass vereinbarte Rabatte unter anderem durch die Angliederung der Krim an Russland hinfällig seien. Russland hatte die Halbinsel als Stützpunkt für seine Schwarzmeerflotte genutzt und dafür einen Preisnachlass auf Erdgas gewährt. Die Ukraine liegt finanziell am Boden und schuldet Russland 2,2 Milliarden Dollar für Gaslieferungen. Die Zahlungen an Russland sind faktisch bereits ausgesetzt, nachdem zu Beginn des Monats eine fällige Rate von 500 Millionen Dollar an den russischen Energiekonzern Gazprom nicht gezahlt werden konnte.
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Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Donnerstag angekündigt, die Ukraine nur noch gegen Vorkasse mit Gas zu beliefern und notfalls die Versorgung zu drosseln. Dies hatte auch im Westen für heftige Kritik gesorgt. Einen Tag später bemühte sich Putin, die westeuropäischen Kunden zu beruhigen und versprach, dass die Lieferverpflichtungen eingehalten würden. Die Ukraine bemüht sich derzeit, ihre Gasversorgung durch Verträge etwa mit dem Essener Versorger RWE und der französischen GDF zu sichern.
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