Manipulationsvorwürfe Rückendeckung für Kristalina Georgiewa – doch der Ruf des IWF ist dauerhaft beschädigt

Der Vorstand des IWF will an seiner Direktorin festhalten.
Eigentlich gehört diese Woche zu den wichtigsten des Jahres für den Internationalen Währungsfonds (IWF). In Zeiten der Pandemie, weltweiter Inflation und Lieferengpässe ist die Expertise des IWF relevant wie nie. Doch ausgerechnet zum Herbsttreffen, das der Fonds gemeinsam mit der Weltbank ausrichtet, bestimmen Schlagzeilen über die IWF-Chefin Kristalina Georgiewa die Berichterstattung.
Zwar wurde die Direktorin, die den Fonds seit 2019 leitet, gerade von Manipulationsvorwürfen teilweise entlastet. Doch die Debatte um mangelnde Transparenz und Unabhängigkeit entblößt ein tiefer liegendes Problem: Die beiden großen globalen Institutionen für Finanzen und Wirtschaftshilfe stecken in einer Vertrauenskrise.
Am Montag sprach der Vorstand des IWF seiner Direktorin sein volles Vertrauen aus. Trotz des Verdachts einer Datenmanipulation, der in Georgiewas Zeit als Geschäftsführerin der Weltbank zurückreicht, wolle man an ihr festhalten, teilte der Fonds mit. Eine umfassende Untersuchung habe „nicht eindeutig aufgezeigt“, dass die 68-Jährige unangemessen gehandelt habe.
Georgiewa hatte die Vorwürfe von Anfang an scharf zurückgewiesen, sie zeigte sich erleichtert. „Dies war offensichtlich eine schwierige Phase für mich persönlich“, sagte sie. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel schloss sich der IWF-Mitteilung am Dienstag „voll an“.
Die bulgarische Ökonomin und frühere Vizepräsidentin der EU-Kommission ist die erste Politikerin aus einem Entwicklungsland, die den Fonds leitet. Ihr Amtsantritt war auch ein Signal für einen Kulturwandel beim IWF, der allein wegen seiner Größe und komplizierten Struktur undurchschaubar wirken kann.
„Doing Business“ als führende Richtlinie für Investoren
Doch in den vergangenen Wochen wurde Georgiewa immer wieder zu Vorwürfen befragt, die in einem Report der Anwaltskanzlei WilmerHale auftauchten. Georgiewa soll der Kanzlei zufolge einen renommierten Weltbank-Bericht zugunsten Chinas geschönt haben – ausgerechnet in einer Phase, in der sich die Weltbank um eine Kapitalerhöhung aus Peking bemühte. Bis vor Kurzem galt der jährliche „Doing Business“ als führende Richtlinie für Investoren, die wissen wollten, in welchen Ländern die Geschäftsbedingungen am besten sind. Besonders Schwellen- und Entwicklungsländer profitieren von einem hohen Ranking.
Georgiewa darf jetzt auf ihrem Posten bleiben, doch der Skandal dürfte noch lange nachwirken. Sowohl Weltbank als auch Währungsfonds legen viel Wert darauf, dass sie unabhängig sind – trotz der Geldmittel ihrer 190 Mitgliedsländer. Die Weltbank hat die Notbremse gezogen und den „Doing Business“-Bericht vorerst eingestellt.
Zugleich wirft der Skandal ein Schlaglicht auf politische Interessen, die zwangsläufig eine Institution wie den IWF prägen. So hatten Frankreich, Deutschland und andere EU-Länder der angeschlagenen Direktorin früh Rückendeckung gegeben. Die Vereinigten Staaten hingegen, größter Geldgeber des IWF, gingen auf Distanz. Die Ermittlungen hätten „berechtigte Probleme und Bedenken aufgeworfen“, teilte das Finanzministerium am Montag mit. Doch in Ermangelung „weiterer direkter Beweise“ gäbe es keine Grundlage für einen Führungswechsel.
Die kühle Reaktion kommt nicht von ungefähr: US-Präsident Joe Biden regiert mit harter Hand gegen China und will jeden Eindruck vermeiden, Peking könne sich Einfluss in multilateralen Institutionen erkaufen.
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