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Merkel, Böhmermann und Erdogan Wer ist hier der Stärkste?

Der Fall Böhmermann ist kompliziert – wegen der seltsamen deutschen Rechtslage und der verworrenen Haltung der Bundeskanzlerin. Die Ironie: Der türkische Präsident Erdogan selbst könnte Merkel aus der Klemme helfen.
12.04.2016 - 13:55 Uhr 27 Kommentare
Der Fall Jan Böhmermann (Mitte) erschwert das Verhältnis zwischen Kanzlerin Angela Merkel (links) und dem türkischen Präsidenten Erdogan (rechts).
Merkel, Böhmermann, Erdogan

Der Fall Jan Böhmermann (Mitte) erschwert das Verhältnis zwischen Kanzlerin Angela Merkel (links) und dem türkischen Präsidenten Erdogan (rechts).

Berlin Noch hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Fall Böhmermann etwas Bedenkzeit. Eine „Ermächtigung zur Strafverfolgung“ – wie es im Gesetzestext heißt – will sie erst dann prüfen, wenn die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Mainz vorliegen. Und eine entsprechende Unterrichtung soll nach Auskunft der Mainzer Behörden erst „in den nächsten Tagen auf dem Dienstweg“ erfolgen. Diese Bedenkzeit sollte Merkel nutzen. Denn sie hat sich in eine schwierige Lage manövriert.

In Mainz wird derzeit zum „Schmähgedicht“ des ZDF-Satirikers Jan Böhmermann über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan ermittelt. Das Gedicht war am 31. März 2016 in der Sendung „ZDF Neo Royal“ ausgestrahlt worden – als harsche Kritik an einem Protest Erdogans über eine Satire der NDR-Sendung „extra 3“. Über Böhmermanns Inhalte lässt sich streiten. Das darin vorkommende Wort „Ziegenficker“ sagt einiges über die Qualität der Darbietung aus. Zur Not müsste das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob hier Grenzen überschritten und der türkische Präsident herabgewürdigt wurden.

Kompliziert wird der Fall durch zwei Umstände. Der erste Umstand: Im deutschen Strafgesetzbuch finden sich die Paragrafen 103 und 104a. Hier wird, grob gesagt, geregelt, dass jemand, der ein ausländisches Staatsoberhaupt beleidigt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft wird. Die Straftaten werden aber nur verfolgt werden, wenn ein Strafverlangen der ausländischen Regierung vorliegt und die Bundesregierung die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt.

Man kann nun darüber philosophieren, ob solche Paragrafen noch zeitgemäß sind. Fakt ist, dass ein Strafverlangen der Türkei vorliegt und die Kanzlerin samt Bundesregierung über die „Ermächtigung“ wird entscheiden müssen.

Der zweite Umstand, durch den der Fall Böhmermann kompliziert wird, sind die verworrenen Befindlichkeiten der Bundeskanzlerin. Statt darauf zu verweisen, dass Satire hierzulande über die Kunstfreiheit sowie über die Meinungsfreiheit geschützt sein kann, bezeichnete sie das Schmähgedicht in einer ersten Reaktion als einen „bewusst verletzenden Text“. Die Presse- und Meinungsfreiheit habe einen hohen Wert, sei aber nicht schrankenlos. Damit kann Merkel kaum zurück. Es ließe sich schließlich kaum begründen, warum die Ermächtigung zur Strafverfolgung nun doch nicht erteilt wird.

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27 Kommentare zu "Merkel, Böhmermann und Erdogan: Wer ist hier der Stärkste?"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Korrektur und Nachtrag:

    "(...) Unser heutiges Politiksystem hinkt - aufgrund des immensen Beharrungsvermögens all derer, die von ihm profitieren, muss man wohl sagen: zwangsläufig - dermaßen hinter DEN DER HEUTIGEN REALITÄT ENTSPRECHENDEN MÖGLICHKEITEN her, dass (...)"

    Wenn man sich so umsieht, was heute in den Medien so alles zur Belustigung, Unterhaltung, Zerstreuung (bzw. Ablenkung - wovon eigentlich?) "angesagt" ist, versuchen wir stattdessen offenbar, was unserekulturelles und geistiges Niveau betrifft immer neue Untiefen auszuloten.

    Diese Kombination von immer ausgefeilteren technischen Möglichkeiten (die oft genug nicht wirklich sinnvoll genutzt werden) mit einer offenbar um sich greifenden geistigen Verflachung bzw. Abstumpfung finde ich jedenfalls besorgniserregend

  • „Der Fall Böhmermann ist kompliziert – wegen der seltsamen deutschen Rechtslage und der verworrenen Haltung der Bundeskanzlerin.“


    Ach was, „kompliziert“.

    Für mich fällt die ganze Geschichte unter die Rubrik „Man kann sich das Leben auch schwermachen“.

    Wäre m.E. besser gewesen, es bei einem schlichten Hinweis auf unsere Verfassung zu belassen.

    An die hat sich schließlich jeder Bürger unseres Landes einschließlich des Kanzlers/der Kanzlerin zu halten.

    Wohlgemerkt: Über Geschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten (und meinen trifft Böhmermann ganz sicher nicht).

    Gleichwohl:

    An Politiker dürfen (und v.a.: müssen!) hinsichtlich dessen, was als Beleidigung zu werten ist, allein schon aufgrund ihrer Machtposition ganz andere Maßstäbe angelegt werden als an Privatpersonen. Sonst wäre ja der Willkür Tür und Tor geöffnet.

    By the way, nochmal: Unser heutiges Politiksystem hinkt - aufgrund des immensen Beharrungsvermögens all derer, die von ihm profitieren, muss man wohl sagen: zwangsläufig - dermaßen hinter der aktuellen Realität her, dass es langsam zu einer echten Bedrohung für die Menschheit wird, wenn sich nicht sehr bald genug gleichermaßen mutige wie einflussreiche, weil aufgrund überzeugenden Handelns und anerkannter Kompetenz eine wirkliche (und deshalb allgemein anerkannte) Autorität ausstrahlende Akteure innerhalb desselben finden lassen!!

  • Böhmermann sollte mal zur Rechenschaft gezogen werden. Dürfen wir zum Polizisten sagen: "Wenn ich Sie jetzt ein dummes Arschloch nennen, ist das dann eine Beleidigung?Polizist:"Ja"
    Und ich sag dann:"Gut dann sag ich nicht was ich denke"

    Viel schlimmer fand ich ja die Stinkefinker Geschichte vom Böhmermann. Der Mann ist untragbar. Allerdings gönne ich ihm nicht den "Märtyertod"

  • Vor einem Jahr hätte sich die Bundesregierung nicht um die türkische Aufregung geschert. Jetzt knickt sie womöglich ein, weil Frau Merkel selbst zu unfähig/stolz ist, ihre Einladung an die halbe Welt zu korrigieren und die Grenzen zu schließen. Stattdessen hat sie sich durch einen schlechten Deal von der Türkei abhängig gemacht.

  • Böhmermann ist zwar manchmal ein A...loch. Aber wen Merkel diese lächerliche Figur Böhermann für diesen unsäglichen Despoten Erdogan opfert, sozusagen im Sinne der "großen Sache", dann ist sie erledigt. Endgültig!

  • Das Niveaulosigkeit der " Satiere " des Herrn Böhmermann spricht für sich. Dieser erfreut sich jetzt wohl nur deshalb einer besonderen Popularität, weil der türkische Staatspräsident Erdogan das Ziel seiner Schmähkritik ist.
    Das eigentliche Problem besteht jedoch nicht in der Frage, ob bestimmte Paragraphen des StGB noch zeitgemäß sind oder nicht. Denn das jede noch so geschmacklose und herabsetzende Kritik auch im Hinblick auf ausländische Staatsoberhäupter nicht sanktioniert werden können, wäre auch unter dem Aspekt der Meinungsfreiheit kaum zu rechtfertigen.
    Das Problem besteht vielmehr darin, daß sich Frau Merkel zur - vermeintlichen - Lösung der Flüchtlingskrise auf einen " Deal " mit einem autokratischen Machthaber eingelassen hat, dessen feststellbares Unterlegenheitsgefühl ( ohne ansonsten psychologisieren zu wollen ) diesen zu einem völlig unberechenbaren Partner macht.

  • Sorry, meinte natürlich Obama.

  • MERKEL dient 2 Herren ... Obimba & Erdogan.

  • Da leg ich jetzt im Vergleich zum Böhmermann mal noch ne Schippe drauf:
    Ja, das waren noch Zeiten, als die Abendländner den Osmanen die Grenzen aufgezeigt haben. Ganz vorne mit dabei eine Deutsche: die Zarin Katharina die Große in den russisch-türkischen Kriegen. Eine wahrhaft große Europäerin! Leider hat sie ein entscheidendes Ziel nicht verwirklichen können: den Griechischen Plan: die vollständige Vertreibung der Türken aus Europa und die Befreiung von Byzanz (heute Istanbul) und insbesondere des christlichen Heiligtums Hagia Sofia aus den Händen der Türken:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Griechischer_Plan
    Hoffentlich provoziert Ego-Wahn seinen russischen "Diktator-Kollegen" noch etwas stärker - vielleicht wird der griechische Plan dann doch noch ausgeführt....

  • Frau Merkel bekommt die Quittung für ihren schmutzigen Deal mit Erdogan.

    Es muss ein Opfer gebracht werden, dass dem ausmass der Beleidigung in irgendeiner Form entspricht die dem türkischen Präsidenten zuteil geworden ist. Das heisst im Klartext, mit einem Bauernopfer wird Frau merkel diesmal nicht davonkommen, damit lässt sich ein orientalischer Staatslenker nicht abspeisen.

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