Misstrauensvotum Warum Labour gegen Theresa May kämpft, nicht gegen die ganze Regierung

Es sieht so aus, als könnte Premierministerin May den Angriff des Oppositionsführers abwehren.
London Vergangene Woche erst hatte die britische Premierministerin Theresa May ein Misstrauensvotum in ihrer konservativen Fraktion überstanden. 200 von 317 Tories hatten ihr das Vertrauen ausgesprochen. Nun droht ihr schon die nächste Vertrauensabstimmung, diesmal im Parlament. Oppositionsführer Jeremy Corbyn kündigte am Montagabend im Unterhaus an, die Labour-Partei werde einen entsprechenden Antrag stellen.
Zuvor hatte May bekanntgegeben, dass die kürzlich abgesagte Abstimmung über den Brexit-Vertrag nun in der Woche ab dem 14. Januar stattfinden soll. Corbyn nannte die Verschiebung um einen vollen Monat inakzeptabel. May wolle die Zeit verstreichen lassen, bis die Abgeordneten keine Wahl mehr hätten, als für ihren Brexit-Deal zu stimmen, sagte er.
Bei seinem Antrag gegen May handelt es sich jedoch nur um einen symbolischen Akt. Um Neuwahlen zu erzwingen, müsste er ein Misstrauensvotum gegen die ganze Regierung anstrengen. Da Corbyn aber die Vertrauensabstimmung auf die Premierministerin beschränkte, können die Tories den Vorstoß einfach ignorieren.
Man werde sich auf solche „parlamentarischen Spielchen“ nicht einlassen, hieß es in einer ersten Reaktion aus der Regierungspartei. Der Antrag wird daher wahrscheinlich vor Weihnachten nicht auf die Tagesordnung des Unterhauses kommen.
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Corbyn hat nun zwei Möglichkeiten: Er wartet bis zum neuen Jahr, wenn er bei einem „Tag der Opposition“ den Antrag selbst einbringen könnte. Oder er strengt doch ein Misstrauensvotum gegen die ganze Regierung an. Dann könnten die Tories ihn nicht blockieren.
Davor scheut Corbyn jedoch zurück. Denn wenn Labour ein solches Misstrauensvotum verlöre, was wahrscheinlich ist, wäre der Weg zu Neuwahlen verbaut, und Corbyn müsste sich laut Labour-Parteitagsbeschluss offiziell für ein zweites Brexit-Referendum einsetzen.
In diese Zwangslage möchte er möglichst nicht geraten. Der Labour-Chef ist ein ausgewiesener EU-Skeptiker und hatte den Parteitagsbeschluss für ein zweites Referendum nur widerwillig mitgetragen, weil die große Mehrheit der Parteibasis es forderte.
Seine halbherzige Forderung nach einem Misstrauensvotum erwies sich dann auch als kontraproduktiv. Statt May zu schwächen, schlossen sich die Reihen hinter der Premierministerin. Selbst ihre schärfsten Kritiker von der European Research Group (ERG), die vergangene Woche noch den Putschversuch in der Fraktion angezettelt hatten, sprachen ihr nun das Vertrauen aus.
Die ERG werde bei einer Vertrauensabstimmung geschlossen für May stimmen, erklärten die Wortführer Steve Baker und Jacob Rees-Mogg. Auch Mays Bündnispartner, die nordirische DUP, die zuletzt auf Distanz gegangen war, erklärte, die Premierministerin bei einer Vertrauensabstimmung unterstützen zu wollen.
Es sieht so aus, als hätte May auch diesen Angriff abgewehrt. Dabei sind auch ihre Abgeordneten verärgert über die Verschiebung der Brexit-Abstimmung. Es mache keinen guten Eindruck auf die Wähler, wenn das Parlament ohne Entscheidung in die Weihnachtspause gehe, wurde May in der Unterhausdebatte am Montag mehrfach entgegengehalten.
Die Premierministerin sieht sich dadurch nur bestätigt: Je größer die Panik, desto größer die Chance, dass die Abgeordneten den Ausstiegsvertrag abnicken.
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