Mögliches Amtsenthebungsverfahren Sondland ist Trump-Mann durch und durch – und dennoch gefährlich für den US-Präsidenten

Der Botschafter berichtet von einem „Quid pro quo“ in der Ukraine-Affäre.
Washington Auf was hat dieser Mann sich da eingelassen? Gordon Sondland spricht deutlich und mit lauter, keinesfalls verlegener Stimme. Häufig lächelt der kahlköpfige Mann aus Seattle, manchmal lacht er sogar.
Nichts an seinem ganzen Habitus deutet darauf hin, dass Sondland sich bewusst sein könnte, was er getan hat. Dass er sich zum Komplizen des Präsidenten der Vereinigten Staaten gemacht hat, zum Komplizen in einem Deal, der Donald Trump möglicherweise das Amt kosten könnte und den sein entlassener Sicherheitsberater John Bolton als „Drogendeal“ bezeichnete.
Sondland, 62 Jahre alt und seit Sommer vergangenen Jahres amerikanischer EU-Botschafter, stand vergangenen Mittwoch um neun Uhr Ortszeit vor dem Geheimdienstausschuss des US-Kongresses. Er gilt als Schlüsselzeuge in der Ukraine-Affäre des Präsidenten.
Und Sondland, Studienabbrecher und Gründer der US-Hotelkette Provenance, lieferte. Ja, es habe ein „Quid pro quo“ gegeben, sagte Sondland: „Jeder wusste es“ – auch der Präsident und sein Außenminister Mike Pompeo. „Es ging darum, „den Boss glücklich zu machen“, zitierte Sondland aus seiner E-Mail an Pompeo. Und: „Der Boss, das ist in diesem Fall der Präsident“, sagte er.
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„Quid pro quo“ – das ist das entscheidende Stichwort, das am Ende eine Amtsenthebung des Präsidenten rechtfertigen könnte. Sondland hatte bestätigt, dass auf Trumps Anordnung Druck auf die ukrainische Regierung ausgeübt wurde, damit diese Ermittlungen gegen Joe Biden, seinen demokratischen Rivalen, aufnimmt.
Sondland bestätigte auch, dass er auf ausdrückliche Weisung Trumps mit dessen persönlichem Anwalt Rudy Giuliani zusammengearbeitet habe. Und er bestätigte, dass der Präsident, um Biden zu diskreditieren, wenn auch indirekt mit der Aussetzung von US-Militärhilfen für die Ukraine in Höhe von fast 400 Millionen Dollar drohte. Das heißt, Donald Trump setzte zur Erreichung persönlicher Ziele amerikanische Sicherheitsinteressen aufs Spiel – ein Fanal.
Und auch das sagte Sondland: „Ich war der Ansicht, dass amerikanische Außenpolitik in die Hände von Diplomaten gehört und nicht von einem Anwalt des Präsidenten betrieben werden sollte.“ Trump habe ihn jedoch ausdrücklich angewiesen: „Sprich mit Rudy.“
Sondman selbst ist erst seit anderthalb Jahren Diplomat – und zwar ungelernter. „Seinen Posten als Botschafter hat Sondland nur einer Eine-Million-Dollar-Spende Trumps zu verdanken“, lästerte die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Elizabeth Warren, das sei seine „einzige Qualifikation“.
Relevante Aussagen
Washington im Sondland-Rausch. Dabei hat der Sohn jüdischer Eltern, die vor den Nazis geflohen waren, im Grunde genommen nur das erzählt, was andere Zeugen auch schon ausgesagt hatten. Aber Sondlands Aussagen sind deshalb so relevant, weil eben Sondland sie äußerte. Der Unternehmer, der auch die Handelsbank Aspen Capital mitgründete, ist nicht nur erklärter Republikaner. Er stand auch – und das ist entscheidend – im direkten Kontakt mit beiden Protagonisten dieser Affäre: mit Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodimir Selenski.
Bislang hatten die Republikaner den Zeugen immer vorgeworfen, dass sie nur vom „Hörensagen“ berichteten. Das können sie jetzt nicht mehr. Sondland zog eine direkte Linie vom Präsidenten zum Ukraine-Skandal. Sondland habe den Präsidenten sogar nach einem Treffen mit Selenski von seinem privaten Mobiltelefon angerufen, um ihn persönlich über die Fortschritte seines Projekts Biden-Diskreditierung zu berichten.
Sondland ist Trump-Mann durch und durch. Das wurde auch schnell in seiner jetzigen Wirkungsstätte Brüssel klar. Er verteidigte Trumps aggressiven Kurs gegenüber dem Iran und China, kämpfte gegen die North-Stream-2-Pipeline und soll laut „New York Times“ sogar gesagt haben, seine Aufgabe sei es, „die Europäische Union zu zerstören“.
Sondland, dessen Vermögen auf 78 Millionen Dollar geschätzt wird, war nicht immer ein Trump-Fan. Während des Wahlkampfs 2016 unterstütze er die republikanischen Rivalen, zunächst Jeb Bush und später Marco Rubio. Er verbot sogar ein Wahlkampfauftritt Trumps in einem seiner Hotels, weil er nichts von dessen Wertvorstellungen hielt.
Heute dürfte er seinen Wandel hin zum „Trumper“, wie der Präsident selbst seine Anhänger nennt, bereuen. Er, der großzügig für die Amtseinführung Trumps spendete, dürfte einen entscheidenden Beitrag geleistet haben, sollte der Präsident eines Tages tatsächlich aus dem Amt entfernt werden.
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