Nach 40 Jahren USA lockern klammheimlich ihr Öl-Exportverbot

Ein Öltanker vor der Skyline von Manhattan: Mit einer Lockerung des Exportverbots öffnet die US-Regierung die Möglichkeiten, einheimisches Rohöl nach Übersee zu verschiffen. Bisher musste Exportöl zu Treibstoff verarbeitet sein.
New York Ohne großes Federlesen haben die USA ihre Regelungen zum Ölexport gelockert. Das berichtet das "Wall Street Journal" am Dienstag. Vier Jahrzehnte lang musste Rohöl im Lande bleiben - nach Übersee verschiffen durften US-Ölkonzerne nur bereits bearbeitete Produkte wie etwa Benzin. Nun erlaubt die US-Regierung erstmals zwei Firmen, eine ultraleichte Ölart an ausländische Unternehmen zu verkaufen.
Dabei handelt es sich um ein so genanntes "Condensate", das als Grundlage für die Herstellung von Diesel, Auto- und Flugzeugbenzin dienen kann. Pioneer Natural Resources und Enterprise Products Partners bestätigten dem "Wall Street Journal", den Beschluss der US-Regierung erhalten zu haben. Einem ungenannten Branchenvertreter zufolge könnten erste Exporte dieser Art bereits im August beginnen.
Dem Wandel in der Ölexportpolitik liegt eine Neudefinition zugrunde: Die US-Regierung erklärt ein bestimmtes ultraleichtes Öl nach minimaler Bearbeitung zum Treibstoff - und damit für den Auslandshandel verwendbar. Die Unternehmen hätten die Verarbeitung von Rohöl so weit verbessert, dass es nun für den Export geeignet sei, obwohl es nicht als herkömmliches raffiniertes Produkt durchgehe, begründete das US-Handelsministerium diesen Schritt. Eine genaue Definition von "Condensate" blieb es allerdings zunächst schuldig.
Den Handel mit Rohöl haben die USA Mitte der 70er Jahre verboten. Zuvor hatte die Opec aus politischen Gründen die Fördermengen gedrosselt und mit diesem Ölembargo 1973 die Treibstoffpreise in den USA geschwind in die Höhe getrieben. Aus Sorge vor einem Öl-Engpass hatte der US-Kongress daraufhin beschlossen, das in den USA geförderte Rohöl im Land zu halten.
Doch neue Fördermethoden wie etwa Fracking haben den USA einen Ölboom beschert - und die Chance darauf, mit ihrer Fördermenge demnächst Saudi-Arabien und Russland zu überholen. Deshalb diskutieren Experten schon seit einer Weile über eine Neuregelung der US-Ölexporte.
Eine Ende Mai veröffentlichte IHS-Studie legt etwa nahe, ein Aufheben des Rohöl-Exportverbots würde die US-Wirtschaft antreiben. Demnach würde es bis zum Jahr 2030 mehr als Billion Dollar in die Staatskasse der USA spülen, die Spritpreise senken und für durchschnittlich 300.000 Arbeitsplätze pro Jahr sorgen. Finanziert wurde die Studie von Energieunternehmen wie Exxon Mobil, Chevron und Conoco Phillips.
Die Macher der Studie wittern eine Chance auf einen politischen Wandel. "Die Krise in der Ukraine hat die Politik umdenken lassen", sagte IHS-Vize-Chef Daniel Yergin in einem Video-Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Ihr ist klargeworden, dass die Möglichkeit des Ölexports eine zusätzliche Dimension der Rolle Amerikas in der Welt eröffnet. Er stärkt unsere Stellung und unseren Einfluss."
Die US-Großbank Goldman Sachs hingegen empfiehlt, mit einer Aufhebung des Rohöl-Exportverbots lieber noch zu warten, bis ein Sättigungspunkt erreicht sei, an dem die US-Ölraffinerien mit dem Wachstum der Rohölfördermengen nicht mehr Schritt halten können. Das teilte Goldman Sachs vor zwei Wochen in einer E-Mail mit, über die die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet.
Ein Argument der Bank: Das Schielen auf eine möglich Aufhebung des Rohöl-Exportverbots halte Ölkonzerne davon ab, in den Ausbau ihrer Raffinerien zu investieren. Stattdessen würden sie in Mini-Raffinerien das Rohöl gerade so weit bearbeiten, dass es die Kriterien des Exportverbots nicht mehr erfüllt.
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