Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Nach Rücktritt von Yoshihide Suga Sanae Takaichi könnte Japans erste Regierungschefin werden

Japans Regierungspartei muss einen neuen Chef und Ministerpräsidenten wählen. Eine Außenseiterin hat plötzlich Chancen – und mit ihr eine Wiederauflage der Abenomics.
05.09.2021 - 18:00 Uhr Kommentieren
Kandidatin der starken nationalistischen LDP-Strömungen. Quelle: Reuters
Sanae Takaichi

Kandidatin der starken nationalistischen LDP-Strömungen.

(Foto: Reuters)

Tokio Mit seinen 72 Jahren war Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga nie ein Mann für die Zukunft. Dennoch kam seine Rücktrittsankündigung am Freitag nach weniger als einem Jahr im Amt überraschend. Damit ist ein unerwartet spannender Wettkampf um seine Nachfolge als Chef der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP), um das Amt des Regierungschefs und damit um die Wirtschaftspolitik Japans entbrannt.

Zuerst schien es, als ob männliche Politiker das Rennen dominieren würden, während die 60-jährige Politikerin Sanae Takaichi nur als Außenseiterin galt. Doch nun hat sich Sugas Vorgänger Shinzo Abe für sie ausgesprochen – und machte sie damit zur Kandidatin der starken nationalistischen LDP-Strömungen.

Wie groß ihre Chancen im wahltaktischen Stratego der sieben großen Machtgruppen in der LDP letztlich werden, ist noch nicht abzusehen. Weil die einst starke Bindung in den Gruppen abgenommen hat, ist nicht sicher, wie viele Abgeordnete Abes Aufruf für Takaichi folgen werden, von der Parteibasis ganz zu schweigen.

Tatsächlich führen ihre möglichen männlichen Gegner Taro Kono, Fumio Kishida und Shigeru Ishiba derzeit in Meinungsumfragen. Die LDP-Präsidentschaftswahlen am 29. September werden daher in der Wirtschaft und an den Märkten mit Spannung erwartet.

Zwar gehen die Experten unisono davon aus, dass alle Kandidaten kurzfristig die expansive Geld- und Haushaltspolitik fortführen und vor den Parlamentswahlen im Herbst sogar neue Konjunkturprogramme versprechen werden. Der Volkswirt Takeshi Yamaguchi von Morgan Stanley MUFG meint allerdings, „dass die potenziellen Kandidaten für das Amt des LDP-Präsidenten und des Premierministers unterschiedliche makropolitische Positionen vertreten“.

Der ehemalige Premier hat sich für Sanae Takaichi ausgesprochen. Und seine Stimme hat noch immer Gewicht. Quelle: Reuters
Shinzo Abe

Der ehemalige Premier hat sich für Sanae Takaichi ausgesprochen. Und seine Stimme hat noch immer Gewicht.

(Foto: Reuters)

Die wirtschaftspolitischen Ansichten der Kandidatin von Abes Gnaden sind den Japanern dabei weniger in Erinnerung geblieben als Takaichis äußerst rechte Gesinnung. Als Innenministerin sprach sie sich dafür aus, TV-Sendern, die nicht „fair“ über die Regierung berichten, die Sendelizenz zu entziehen.

Auch ein Foto mit dem Führer einer japanischen Nazigruppe machte Schlagzeilen, obwohl sie sagte, sie kenne den Herrn nicht. Außerdem setzt sie sich für eine Reform der pazifistischen Verfassung und eine Verklärung von Japans Eroberungsgeschichte ein.

Wirtschaftspolitisch steht sie den Ur-Abenomics von Abe am nächsten. Wie dieser befürwortet sie eine aggressive geldpolitische Lockerung und eine „flexible“ Fiskalpolitik, hohe Staatsausgaben statt Senkung der Schulden. Darüber hinaus will sie massiv in die Katastrophenvorbeugung investieren – wenn sie gewählt wird und Parteibonzen und vor allem die mächtige Bürokratie sie lassen.

Denn eines ist für den Volkswirt Jesper Koll klar: Die Zeit, in der ein Politiker – nämlich Shinzo Abe – die Politik diktierte, ist vorbei. Schon seit 2017 kehrten Technokratie und Elitebürokraten als die eigentlichen Gestalter der Politik zurück.

Kono denkt in eigenen Bahnen

Ob der ehemalige Außenminister Kishida den Willen und das Zeug hat, gegen die Bürokraten aufzustehen, ist offen. Als Chef einer Machtgruppe hat er im Gegensatz zur unabhängigen Takaichi immerhin eine Hausmacht. Aber sein Wirtschaftsprogramm ist eher konventionell.

Vorige Woche schlug der 64-Jährige vor, die Wirtschaft im Kampf gegen die Pandemie mit Konjunkturprogrammen in Höhe von Hunderten Milliarden Euro zu immunisieren. Außerdem will er die Einkommen der Japaner erhöhen, Familien mit Kindern stärker unterstützen und in Forschung und Entwicklung investieren. Shigeru Ishiba äußert sich ähnlich.

Der Darling der Bevölkerung ist allerdings Taro Kono, der gerade als Minister für die Verwaltungsreform das extrem langsame Covid-19-Impfprogramm drastisch beschleunigt hat. In einer Umfrage der Nachrichtenagentur Kyodo lag er mit einer Zustimmungsrate von 31 Prozent an der Spitze.

Für den Japankenner Koll sticht Kono dadurch hervor, dass er der einzige Anwärter sei, „der nachweislich in eigenen Bahnen denkt“. Der in den USA ausgebildete Sohn einer bekannten Politikerdynastie steht für ein offenes Japan und nennt Ausländerfeinde Gegner. Gleichzeitig spricht der 58-Jährige sich gegen Atomkraft, für eine massive Förderung von Solar- und Windenergie und eine rasante Digitalisierung der Gesellschaft aus.

Wirtschaftspolitisch ist der 56-Jährige eher ein klassischer neoliberaler Strukturreformer, der von allen am ehesten für eine Normalisierung der Geldpolitik und einen sparsameren Staat eintreten würde. Vor seinem jetzigen Amt diente er als Außen- und Verteidigungsminister, wo er sogar unliebsame Entscheidungen fällte.

Und er ist nicht nur politisch, sondern auch digital der erfahrenste Bewerber. Auf Twitter hat sein japanischer Kanal fast drei Millionen Follower, sein englischsprachiger immerhin fast 50.000. Wenn er es schafft, die Partei für sich zu gewinnen, kann er sich vielleicht auch die Unterstützung der Öffentlichkeit sichern – und damit Japan seinen Reformstempel aufdrücken.

Mehr: Japans Regierungschef Yoshihide Suga kündigt seinen Rücktritt an – kurz vor den Parlamentswahlen.

Startseite
Mehr zu: Nach Rücktritt von Yoshihide Suga - Sanae Takaichi könnte Japans erste Regierungschefin werden
0 Kommentare zu "Nach Rücktritt von Yoshihide Suga: Sanae Takaichi könnte Japans erste Regierungschefin werden"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%