Nach Schüssen im Schwarzen Meer Russland klagt über „Akt der Provokation“ – Johnson zeigt sich unbeeindruckt

Nachdem der Zerstörer beschossen wurde, warnt Russland vor „weiteren provozierenden Schritten.“
London. Moskau Drohgebärden zwischen Großbritannien und Russland haben eine lange Tradition. Meist sind sie verbaler Natur, doch am Mittwoch kam es zu einer Konfrontation auf offener See. Der britische Zerstörer HMS Defender war auf einer Patrouillenfahrt durchs Schwarze Meer rund 12 Seemeilen vor dem Hafen Sewastopol an der Krim-Halbinsel vorbeigefahren. Dabei kam es zu einer Auseinandersetzung mit russischen Kriegsschiffen und Kampfjets.
Der britische Kapitän wurde per Funk vom russischen Militär aufgefordert, nicht in russisches Hoheitsgebiet hineinzufahren. Das berichteten zwei Reporter des Rundfunksenders BBC und der Tageszeitung „Daily Mail“, die an Bord waren. Der Kapitän ignorierte demnach die Warnung. Daraufhin waren Kanonenschüsse zu hören, und russische Kampfjets donnerten mehrfach im Tiefflug über das britische Schiff.
Russland beansprucht die Küstengewässer seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim im Jahr 2014. Laut internationalem Recht gehört die Halbinsel jedoch weiterhin zur Ukraine. Die Nato-Staaten erkennen Russlands Anspruch nicht an.
Zwei Kriegsschiffe der russischen Küstenwache versuchten den britischen Zerstörer abzudrängen. Laut Darstellung der russischen Regierung wurden Warnschüsse abgegeben und auch Warnbomben abgeworfen. Die britische Regierung dementierte, dass die Schüsse dem britischen Schiff gegolten hätten.
Hinterher war die Empörung auf beiden Seiten groß. Russland bestellte die britische Botschafterin in Moskau ins Außenministerium ein. Man warne alle Staaten vor Grenzverletzungen und „ähnlichen provozierenden Schritten“, sagte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow. „Wenn das nicht hilft, können wir bombardieren – nicht nur auf den Kurs, sondern auch auf Ziele, wenn die Kollegen nicht verstehen.“
In den russischen Staatsmedien wurde der Vorfall so dargestellt, als habe die eigene Marine einen Eindringling in die Flucht geschlagen. Der Zwischenfall dürfte Russlands Präsident Wladimir Putin daher sehr gelegen kommen.
Johnson: „Dies sind ukrainische Gewässer“
Die britische Regierung hingegen verteidigte die Fahrt als legitime Kontrollfahrt durch internationale Gewässer. „Dies ist Teil des souveränen Staatsgebiets der Ukraine“, sagte Premierminister Boris Johnson. „Wir erkennen die Annexion der Krim durch Russland nicht an, sie war illegal. Dies sind ukrainische Gewässer, und es war vollkommen rechtens, sie zu benutzen, um von A nach B zu fahren.“
Johnson sprach diese Sätze bei einem Kasernenbesuch im englischen Aldershot, wo er unter anderem in einem Militärjeep mit aufmontiertem Maschinengewehr herumfuhr. Die Botschaft war klar: Großbritannien lässt sich nicht einschüchtern.
Flankenschutz erhielt der Premier vom Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im britischen Unterhaus. Großbritannien verteidige die Freiheit auf See, sagte Tobias Ellwood der BBC. „Das erfordert ständige Überwachung.“
Vorfall um britischen Zerstörer vor der Krim
Wenn man irgendwo ein Vakuum lasse, würden autoritäre Staaten dieses sofort besetzen. Ellwood räumte ein, dass es ein „gefährliches Spiel“ sei. Beim Überflug der Kampfjets hätte leicht ein Unfall passieren können.
Die HMS Defender begleitet den neuen britischen Flugzeugträger HMS Queen Elizabeth auf ihrer Jungfernfahrt. Die Schiffe nahmen an einer Nato-Übung mit der Ukraine teil. Bei dem Zwischenfall am Mittwoch war der Zerstörer jedoch allein unterwegs.
Auf dem G7-Gipfel und dem Nato-Gipfel hatten die Regierungschefs kürzlich beschlossen, entschlossener gegenüber autoritären Staaten wie Russland und China aufzutreten. Der britische Flugzeugträger soll demnächst Richtung China aufbrechen. Auch dort werde man voraussichtlich einen Zerstörer durch die Straße von Taiwan schicken, sagte Ellwood. Es sei schließlich ein internationales Gewässer.
Mehr: Russland: „Haben Warnschüsse auf britischen Zerstörer abgefeuert“
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