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Nachgefragt mit Politikexpertin Victoria Nuland „Die autoritären Mächte verändern die Regeln der internationalen Ordnung"

Europa und die USA müssen eine transatlantische Allianz schmieden, fordert US-Diplomatin Victoria Nuland. Nur so könnten sie sich gegen China und Russland behaupten.
30.06.2019 - 17:54 Uhr Kommentieren
Die ehemalige US-Außenstaatssekretärin wurde von Russland abgehört. Quelle: AFP
Victoria Nuland

Die ehemalige US-Außenstaatssekretärin wurde von Russland abgehört.

(Foto: AFP)

Europa und die USA müssten gemeinsame Probleme mit China oder Russland auch gemeinsam lösen, fordert Victoria Nuland. Sie war in der Regierung von Barack Obama als Außenstaatssekretärin für die Europapolitik zuständig. Heute arbeitet sie für die Politikberatung Albright Stonebridge in Washington.

Donald Trump hat den Handelskonflikt auf dem G20-Gipfel überraschend entschärft. Was ist seine Strategie? 
Ich würde mir wünschen, dass er eine hat, aber ich bezweifle es. Zölle und Sanktionen sind seine liebsten Instrumente. Besorgniserregend ist vor allem, dass er sie gegen Rivalen und Verbündete gleichermaßen einsetzt. Er bedroht ja nicht nur China, auch Europa. Es ist nicht in unserem Interesse, unsere Freunde zu vergraulen.

Was schlagen Sie vor?
Eine transatlantische Allianz, um die gemeinsamen Probleme, die wir mit China haben, auch gemeinsam zu lösen. Die Chinesen sind geduldig, sie werden nicht so schnell nachgeben. Ein autoritäres Land kann seine Bürger viel Leid ertragen lassen.

Stehen wir vor einem neuen Systemkonflikt: autoritäre Mächte gegen liberale Demokratien?
Die autoritären werden mächtiger und verändern die Regeln der internationalen Ordnung. Wenn wir als liberale Staatenfamilie nicht zusammenhalten und wenn die USA dabei keine Führungsrolle übernehmen, geben wir den autoritären Regimen noch mehr Raum zur Entfaltung. Ob es Russland ist, das sich in unsere Wahlen einmischt. Oder China, das unsere Stromversorgung, Häfen und Glasfasernetze aufkauft.

Auch Deutschland blickt inzwischen skeptischer auf China, selbst in der deutschen Industrie wächst das Unbehagen.
Die Chinesen waren sich ihrer Sache wohl zu sicher. Jetzt finden ihre Aktivitäten mehr Beachtung. Das freut mich. Wir sollten chinesischen Investoren die Türen nicht verschließen. Aber wir müssen gemeinsam sicherstellen, dass Chinas Investitionen transparent sind und wir unsere strategischen Anlagen schützen. Die Investitionsvorschriften der USA wurden zuletzt mehrfach verschärft. Die Europäer machen Fortschritte, müssen aber noch mehr tun

Kann Amerika, zerstritten wie es ist, überhaupt noch die Führungsrolle des Westens übernehmen, die Sie fordern? 
In wichtigen außenpolitischen Fragen gibt es in Washington breiten Konsens – denken wir an die Hilfen für die Ukraine. Trump ist eine Anomalie, er bewegt sich außerhalb des Spektrums, das sich in 70 Jahren Nachkriegsgeschichte gebildet hat.

Aber er zerrt die Republikaner mit sich.
Die Republikaner haben Angst vor Trump, das stimmt. Dennoch gibt es Bereiche, in denen die Republikaner dem Präsidenten die Gefolgschaft verweigern. Sie stellen sich nicht hin und fordern höhere Zölle gegen Deutschland. Sie folgen ihm nicht, wenn er die Nato angreift.

Oder sich mit Putin amüsiert. Sie waren selbst Opfer einer russischen Geheimdienstoperation ...
Ja, der Journalist David Sanger nennt mich in einem Buch „Patient Zero“.

2014 zeichneten die Russen ein Telefonat von Ihnen auf und stellten es ins Netz, um Streit zwischen Europa und den USA zu stiften. „Fuck the EU“ fluchten Sie darin. Haben Sie Russland unterschätzt?
Wir haben sicher die Bereitschaft Russlands unterschätzt, diese subversiven Methoden einzusetzen. Und wir haben unterschätzt, was sich mit ihnen erreichen lässt: wie gut es den Russen gelingt, sich in unsere Debatten einzuschalten und alles, was uns spaltet, auszuschlachten. 

Tut Europa, speziell Berlin, genug, um den Druck auf Putin aufrechtzuerhalten?
Es fehlt ein kohärenter Ansatz, aber es ist schwer für Berlin, hier voranzugehen, wenn es von Washington im Stich gelassen wird.

Die Widersprüchlichkeit der deutschen Politik zeigt sich beim Thema Nord Stream 2.
Niemand in den USA, ob links, rechts oder in der politischen Mitte, versteht Nord Stream 2. Es verstärkt Deutschlands Abhängigkeit von russischem Gas in einer Zeit, in der es so viele andere Möglichkeiten gibt – wie US-Flüssiggas oder erneuerbare Energien.

Der Kongress bereitet Sanktionen gegen die Pipeline vor. Was halten Sie davon?
Sanktionen sind nicht der richtige Umgang unter Bündnispartnern. Wir sollten es nicht so weit kommen lassen.

Frankreich und Deutschland wollen jetzt die „Souveränität“ Europas stärken: Der Kontinent soll unabhängiger werden.
Ich setze mich seit Jahrzehnten für ein starkes Europa ein. Ich sehe die transatlantische Partnerschaft nicht als Nullsummenspiel. Aber sie wird ein Nullsummenspiel, wenn die USA Europa mit Sanktionen kommen und dazu bringen, sich amerikanischer Politik zu widersetzen. Dass genau das geschieht, zählt zu den größten Gefahren der Ära, in der wir leben. Dabei sollten wir unsere Kräfte bündeln, um die Autokraten in die Schranken zu weisen.

Mehr: Trump und Xi nähern sich beim G20-Gipfel in Osaka wieder an. Neue Strafzölle gegen Importe aus China setzen die USA vorerst aus. Auch zu Huawei äußert sich der US-Präsident.

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