Neues Hilfspaket Italienische Unternehmen bekommen 400 Milliarden Euro – und die Regierung größeren Einfluss

Italiens Premierminister sieht den Europäischen Stabilitätsmechanismus nicht als geeignetes Instrument in der Coronakrise.
Rom Zehn Tage hatte die Regierung in Rom am ersten Corona-Hilfspaket für März gebastelt, das ein Volumen von 25 Milliarden Euro hatte. Dieses Mal dauerte es noch länger. Nach tagelangen Verhandlungen und Stunden im Kabinett stellte Premier Giuseppe Conte am späten Montagabend die Details vor – wie immer in einer virtuellen Pressekonferenz.
„Ich kann mich nicht erinnern, dass es je ein so mächtiges Programm für die Unternehmen gab“, sagte Conte. „Wir stellen 400 Milliarden zur Verfügung, die als Darlehen gewährt werden, 200 Milliarden für den Heimatmarkt und 200 für den Export.“ Für die Milliarden an die Export-Unternehmen wird die staatliche Exportfördergesellschaft SACE gestärkt.
Wirtschafts- und Finanzminister Roberto Gualtieri ergänzte: „Die Darlehen werden vom Staat garantiert bis zu 90 Prozent und werden bis zu 25 Prozent des Umsatzes abdecken“. Wer ein Darlehen bekomme, dürfe in dem Jahr keine Dividende gewähren.
In dem Dekret steht, dass es eine 100-prozentige Garantie nur für kleine und mittlere Unternehmen gibt, die Kredite bis zu 25.000 Euro aufnehmen werden. Um die Staatsgarantie wie auch um den Einfluss von SACE hatten die Koalitionspartner Partito Democratico und Bewegung Fünf Sterne bis zuletzt gestritten.
Unternehmer fordern die komplette Garantie, seit am 23. März die Produktion in Italien gestoppt wurde, mit Ausnahme von lebensnotwendigen und wichtigen Gütern. Schon nach zwei Wochen ist der Schaden immens. Laut Statistikamt Istat bedeutet ein Monat Stopp einen Umsatzverlust von 100 Milliarden Euro und einen Verlust der Wertschöpfung von 27 Milliarden.
Zur Finanzierung des Pakets sagt Gualtieri nur, dass im nächsten Dekret der Regierung für den Monat April eine Deckungssumme von 30 Milliarden Euro für die Staatsdarlehen stehen werde. Dass die Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Seuche die Staatsverschuldung Italiens weiter in die Höhe treiben wird, steht mittlerweile außer Frage.
Das Paket wurde ganz kurz vor der heutigen Sitzung der Finanzminister der Euro-Gruppe präsentiert, in dem es um europäische Hilfen für die Staaten geht – wohl um zu zeigen, dass Italien am eigenen Hilfsplan arbeitet.
Doch Premier Conte lehnte in der Pressekonferenz ganz klar und nicht zum ersten Mal den Einsatz des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM ab. „Das ist nicht das richtige Instrument“, erklärte er. Darin sei er sich mit Minister Gualtieri einig. Die Lösung seien Euro-Bonds.
Zu den vielen Maßnahmen, die Conte präsentierte, gehört auch die Verschärfung der sogenannten „Golden Power“ für ein Jahr: die Regierung bekommt größeren Einfluss und ein Vetorecht bei strategisch wichtigen Unternehmen, um deren Übernahme durch ausländische Konkurrenten zu verhindern.
Damit sollen Schlüsselsektoren der italienischen Wirtschaft geschützt werden. Neu ist, dass zu den strategisch wichtigen Betrieben jetzt auch die Lebensmittel- und die Versicherungsbranche, die Pharmaindustrie und das Bankenwesen gezählt werden.
Außerdem werden mit dem Dekret Steuerzahlungen im April und Mai ausgesetzt, und es gibt Regelungen für das Schuljahr und das Abitur.
Die Darlehen würden wohl nur tropfenweise fließen, heißt es in einem ersten Kommentar, denn die Umsetzung bleibe an den Banken hängen, die in jedem Fall vor Ausgabe des Kredits eine Untersuchung machen müssten: „Das bedeutet, dass viel Zeit vergeht und dass nicht jedes Unternehmen Geld bekommen wird.“
Allgemein wird in Italien kritisiert, dass die Umsetzung der vielen Regierungsdekrete zu lange dauere und die Leistungen zu spät ankämen.
Doch die Italiener interessiert eine andere Frage viel mehr in der fünften Woche der Ausgangssperre: „Wann dürfen wir wieder raus?“, titelt eine Zeitung. Conte schwor seine Landsleute darauf ein, die Auflagen der Ausgangssperre über Ostern einzuhalten. Die Maßnahmen gelten bis Ostermontag.
„Wir können noch nicht sagen, wann wir das lockern, wir müssen mit den Gesundheitsexperten beraten und verfolgen die Kurve der Erkrankungen“, sagte Conte. Vermutet wird, dass in der nächsten Woche einige Unternehmen die Arbeit wieder aufnehmen können.
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