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Niederlande Mark Rutte: Europas Sparkommissar triumphiert bei den Wahlen in den Niederlanden

Zehn Jahre regiert Mark Rutte schon in den Niederlanden – und kann wohl weitermachen. In der EU wird er ein sperriger Partner bleiben und vor allem den Südeuropäern auf die Nerven gehen.
17.03.2021 Update: 18.03.2021 - 06:45 Uhr 1 Kommentar
Der niederländische Premierminister wird voraussichtlich nach zehn Jahren zum vierten Mal Regierungschef. Quelle: AFP
Mark Rutte

Der niederländische Premierminister wird voraussichtlich nach zehn Jahren zum vierten Mal Regierungschef.

(Foto: AFP)

Brüssel Der niederländische Premier Mark Rutte wirft sich gern in Pose, allerdings auf eher ungewöhnliche Art und Weise. Nicht auf Staatsbanketts nämlich, sondern auf dem Fahrrad. Rutte radelt gern und lässt sich dabei ebenso gern fotografieren. Schließlich hat der 54-Jährige ein Image zu pflegen.

Bodenständig und genügsam, so vermarktet er sich selbst. Und der Erfolg gibt ihm recht. Zehn Jahre regiert Rutte schon, und alles spricht dafür, dass er weitermachen kann.

Seine rechtsliberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) gewann nach Angaben des niederländischen Fernsehsenders NOS nach Auszählung von 63 Prozent der Stimmen bei der Parlamentswahl 36 der 150 Sitze im Unterhaus.

Ruttes vierter Amtszeit steht nicht mehr viel im Weg, auch wenn er wahrscheinlich um ein paar Konzessionen nicht umher kommt. Denn sein wichtigster Koalitionspartner, die linksliberale D66 von Spitzenkandidatin Sigrid Kaag, sieht sich ebenfalls gestärkt: Die D66 wurde mit 27 Mandaten zweitstärkste Kraft. Die Freiheitspartei des Rechtspopulisten Geert Wilders bekam dagegen nur noch 17 Sitze.

Rutte sprach von einem überwältigenden Vertrauensvotum. Jetzt müsse seien Partei alles tun, um daraus einen Erfolg zu machen. „Das vor uns liegende Programm ist gewaltig“, sagte er. Vordringlichste Aufgabe sei die Corona-Pandemie.

Ruttes Koalitionspartner D66 stürmte mit einem Zugewinn von acht Sitzen auf Platz zwei. „Was für ein wundervoller Abend“, jubelte Parteichefin und Außenhandelsministerin Kaag und kletterte auf den nächsten Tisch, um ihren Sieg zu feiern. Sie gratulierte Rutte und bedankte sich bei den Wählerinnen und Wählern. „Ich habe immer geglaubt, dass die Menschen in den Niederlanden nicht extrem, sondern moderat sind und eine positive Einstellung schätzen. Und das wurde heute Abend bestätigt“, sagte Kaag. 

Wilders' Freiheitspartei verlor dagegen im Vergleich zu 2017 drei Sitze. Er habe natürlich auf mehr Parlamentsmandate gehofft, räumte Wilders ein. „Aber ich denke, wir sind immer noch die drittstärkste Partei der Niederlande.“

Wahlgang auf drei Tage gestreckt

Die Niederlande setzen auf Bewährtes, das ist die Botschaft des wegen der Pandemie auf drei Tage gestreckten Wahlgangs. Das Land wählt Stabilität, was durchaus bemerkenswert ist in einer Zeit wachsender Unzufriedenheit. Zuletzt war es in mehreren Städten der Niederlande zu Krawallen gekommen, Corona-Frust brach sich Bahn.

Dennoch war Ruttes Wahlsieg nie ernsthaft in Gefahr. Selbst eine Affäre um zurückgeforderte Kinderzuschläge, bei der tausende Familien zu unrecht zur Kasse gebeten wurden, konnte ihm nichts anhaben.

Das starke Abschneiden des Premiers wird sich auch auf Europa auswirken. Rutte dürfte sich in seinem Kurs bestärkt fühlen und im Machtgefüge der EU bleiben, was er ist: ein sperriger Partner. Allerdings könnte die D66 nach ihrem starken Abschneiden künftig das Finanzministerium beanspruchen, was die oft kompromisslose Haltung der niederländischen Regierung in Finanzfragen wohl aufweichen würde.

Unter den EU-Staaten hat sich Rutte als aufrechter Verfechter stabiler Staatsfinanzen einen Namen gemacht, er ist der De-Facto-Anführer der „Sparsamen Vier“, der informellen Gruppe der gleichgesinnten Regierungen aus Österreich, Dänemark, Schweden und den Niederlangen, die sich als Gegengewicht zu den vermeintlich laxen Südeuropäern betrachten.

Rutte hält die Tugend der Haushaltsdisziplin hoch und wettert gegen eine Schuldenunion. Mehr Verzicht wagen – das ist seine fiskalpolitische Vision für Europa. Bei den Verhandlungen über den Wiederaufbaufonds, mit dem die EU die ökonomischen Folgen der Coronakrise abfedern will, bestand Rutte darauf, das große Teile der Hilfen nicht als Zuschüsse, sondern als Darlehen vergeben werden.

Gern verweist der Niederländer auf die wirtschaftliche Stärke seines Landes. Als Vorbild für den Rest der EU, so sieht er seine Heimat. Mit Ratschlägen sparen die „Sparsamen Vier“ nämlich nicht.

Gerade in Südeuropa hat sich Rutte mit seinen Belehrungsversuchen viele Gegner gemacht. Und auch dem deutschen Finanzminister Olaf Scholz geht Rutte bisweilen auf die Nerven, was daran liegt, dass die Niederlande als Niedrigsteuerland Steuereinnahmen von ihren EU-Nachbaren absaugen. So zumindest sieht man die Sache im Bundesfinanzministerium. Auf „eine gerechte und effektive Besteuerung“ pocht man dort.

Doch bei aller Begeisterung für eine Ethik des Verzichts: Auf Steuervorteile für die Niederlande verzichtet der sonst so bescheidene Mark Rutte nur äußerst ungern.

Mehr: Niederländische Regierung tritt zurück: „Rechtsstaat hat auf ganzer Linie versagt“

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1 Kommentar zu "Niederlande: Mark Rutte: Europas Sparkommissar triumphiert bei den Wahlen in den Niederlanden"

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  • Unterlassen Sie doch bitte diese unterschwellige Meinungsmache bezüglich der EU Politik der Niederlande. Ich schätze das Handelsblatt bisher, weil es nicht versucht mir eine Meinung unterzujubeln.

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