Nord Stream 2 Osteuropäer gegen Gaspipeline zwischen Russland und Deutschland

Mit einem Spezialkran werden tonnenschwere Rohre für die zukünftige Ostsee-Erdgastrasse Nord Stream 2 im Hafen auf einen Lagerplatz transportiert.
Vilnius Die Parlamentspräsidenten von Litauen, Polen und Lettland haben in einem Schreiben an ihre europäischen Kollegen den geplanten Ausbau der Ostsee-Gaspipeline zwischen Deutschland und Russland kritisiert. „Obwohl Nord Stream 2 formell als kommerzielles Projekt präsentiert wird, ist es tatsächlich ein Instrument der russischen Staatspolitik“, heißt es in dem am Sonntag von Viktoras Pranckietis (Litauen), Marek Kuchcinski (Polen) und Inara Murniece (Lettland) in Vilnius unterzeichneten Brief. „Nord Stream 2 sollte in einem breiteren Kontext der heutigen russischen Informations- und Cyber-Feindseligkeiten und militärischen Aggression gesehen werden.“
Die vom russischen Gazprom-Konzern mit westeuropäischen Firmen vereinbarte Erweiterung der Leitung ziele nicht darauf ab, die Gasversorgungsquellen zu diversifizieren. Vielmehr solle Nord Stream 2 die Energieabhängigkeit der EU und besonders der mittel- und osteuropäischen Länder von Russland vertiefen, heißt es weiter.
Die baltischen Staaten und Polen hatten bereits den Bau der ersten beiden Stränge von Nord Stream massiv kritisiert und Deutschland damals Verrat gemeinsamer Interessen vorgeworfen.
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Natürlich kann man den Argwohn der Balten und Polen gegenüber den geowirtschaftspolitischen Aktivitäten Russlands nachvollziehen. Nur geht es nicht an,
dass jeder Streit zwischen der Ukraine, Polen und den baltischen Staaten mit Russland in Mitteleuropa zu Versorgungsstörungen bei den Gaslieferungen führen kann.
Der dahinter liegende geopolitische Konflikt über die Rolle Russlands in Osteuropa kann nur mit einem stärkeren Deutschland gelöst werden. Ein Deutschland, das glaubwürdig auch von Russland als eigenständiger geopolitischer Akteur wahrgenommen wird und nicht nur als verlängerter Arm und Befehlsempfänger der USA. Mit der GroKo wird aber die alte Politik von Angela Merkel und ihrer Nibelungentreue gegenüber der Atlantik-Brücke fortgesetzt. Eine Diversifizierung bei der Gasversorgung geht nur mit Einbindung des Iran. Die Merkel-Getreuen beim BDI tragen aber den anhaltenden geowirtschaftlichen Boykott auf strategischer Ebene gegen den Iran weiter mit. Beim Gasprojekt South Stream wird der Iran bewusst ausgegrenzt. Die Vertreter der deutschen Wirtschaft wollen damit ihre Treue zu den für das deutsche Führungspersonal verbindlichen atlantischen Rahmenbedingungen zum Ausdruck bringen. Russland selbst könnte den osteuropäischen Staaten Gas aus dem Iran anbieten. Das würde die Versorgungssicherheit erhöhen, da der Iran sich als stabiler und verlässlicher Wirtschaftspartner präsentieren möchte, der langfristige Interessen verfolgt.
Ich muss aber einräumen, dass zurzeit weder die Atlantiker noch Russland bereit sind, ihre kurzsichtigen Interessen zugunsten einer langfristigen gemeinsamen Entwicklungsperspektive zurückzustellen. Es fehlt bisher auf beiden Seiten die Bereitschaft, über einen echten geopolitischen Ausgleich mit Gegengeschäften auch nur ernsthaft nachzudenken. Deswegen werden sich die geopolitischen Akteure in Osteuropa weiter gegenseitig sabotieren. Mit einer konservativen Post-Merkel-AKK-Regierung wäre hier mehr möglich zum Nutzen aller Beteiligten.