Ölpest in Kalifornien Küstenwache ermittelt gegen deutsches Frachtschiff – Hapag-Lloyd: Schiff hat an festem Platz gelegen

Ermittler der Küstenwache gingen im Hafen von Oakland an Bord der „Rotterdam Express“. Es besteht der Verdacht, dass ein Schiff mit seinem Anker eine Pipeline beschädigte.
Los Angeles, Hamburg Bei den Ermittlungen zur Ursache einer Ölpest an der kalifornischen Küste ist ein Frachtschiff unter deutscher Flagge ins Visier der Behörden geraten. Ermittler der Küstenwache gingen am Mittwoch (Ortszeit) im Hafen von Oakland an Bord der „Rotterdam Express“, wie die Reederei Hapag-Lloyd bestätigte. Es besteht der Verdacht, dass ein Schiff mit seinem Anker eine Pipeline vor Huntington Beach beschädigte und daraufhin Öl austrat.
Aus Kreisen der Ermittler verlautete, sie wollten Tracking- und Navigationsdaten des Schiffes einsehen, die ihnen helfen könnten, seine genauen Bewegungen zu identifizieren. Auch einige Besatzungsmitglieder sollten befragt werden. Ein US-Beamter betonte, das Schiff sei nur eine Spur, die im Rahmen der Ermittlungen verfolgt werde.
Die Nachrichtenagentur AP wertete zuvor Datenmaterial des Dienstleisters MarineTraffic aus, der Bewegungen von Schiffen aufzeichnet. Den Daten zufolge bewegte sich die „Rotterdam Express“, als sie in der Nähe der Pipeline ankerte.
Die Küstenwache untersucht, ob ein Schiffsanker die Pipeline von Amplify Energy, einem in Houston ansässigen Unternehmen, das drei Offshore-Ölplattformen südlich von Los Angeles betreibt, möglicherweise beschädigte.
Die Küstenwache untersuche eine „Vielzahl von Faktoren“, darunter „Korrosion, zu hoher Druck in der Pipeline oder eine Beschädigung durch einen Anker“, teilte Coast Guard Offizier Steve Strohmaier am Mittwochabend mit. Man prüfe, welche Schiffe sich in dem Zeitraum in dem Gebiet aufgehalten hätten.

Containerschiffe sind neben einer Bohrplattform im Meer zu sehen. Aus einer Leck geschlagenen Pipeline sind mehr als 475 000 Liter Öl ausgetreten.
Der Sprecher von MarineTraffic, Fotini Tseroni, teilte mit, dass die Bewegungen, die für die „Rotterdam Express“ auf der Website angezeigt wurden, möglicherweise auf Fehler des GPS-Systems des Schiffes zurückzuführen seien und nicht die tatsächliche Position des Schiffes zeigten. Das Unternehmen erklärte, es werde die Positionsveränderungen von der Website entfernen und so deutlich machen, dass das Schiff innerhalb seines Ankerplatzes geblieben sei.
Reederei weist Schuld von sich
Ein Sprecher von Hapag-Lloyd sagte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag, die „Rotterdam Express“ habe zur Zeit des Unglücks an einem festen Platz gelegen, den die Behörden vorgegeben hätten. „Das Schiff war fest verankert“, sagte Sprecher Nils Haupt.
Nach den Unterlagen der Reederei habe der Frachter nichts mit dem Pipeline-Unglück zu tun. Beamte der US-Küstenwache seien am Mittwoch an Bord des Schiffes gewesen und hätten den Kapitän befragt. „Wir kooperieren voll mit den Behörden“, betonte Haupt.
Den Daten von MarineTraffic zufolge traf das Frachtschiff am 22. September vor dem Hafen von Long Beach in Kalifornien ein. Es ging rund 610 Meter von der Pipeline entfernt vor Anker. Einen Tag später bewegte sich das Schiff dem Datenmaterial zufolge mehrere Hundert Meter nach Südosten und wäre damit über die Pipeline gefahren, die in etwa 30 Meter Tiefe auf dem Meeresgrund liegt.
Danach fuhr das Schiff offenbar zurück zu seiner zugewiesenen Ankerstelle. Die „Rotterdam Express“ bewegte sich den Daten zufolge noch zwei weitere Male und kehrte an den Ankerpunkt zurück. Das Schiff blieb bis zum Sonntag an der Ankerstelle SF-3, dann fuhr es in den Hafen ein.
Erste Berichte über ausgetretenes Öl in der Umgebung der Pipeline lagen am Freitagabend (Ortszeit) vor. Amplify Energy schloss die Pipeline am frühen Samstagmorgen, äußerte sich aber nicht dazu, wie lange der Schaden bestand.
Der Vorstandsvorsitzende von Amplify, Martyn Willsher, sagte am Dienstag, Taucher hätten festgestellt, dass sich ein 1219 Meter langer Abschnitt der Pipeline um 32 Meter verschoben habe. Öl sei durch einen schmalen Riss ausgetreten. Die Menge ist unklar. Amplify hat öffentlich erklärt, dass nicht mehr als rund 480 000 Liter ausgetreten seien, sagte aber den Ermittlern, dass es sich möglicherweise nur um gut 110 000 Liter handele.
Schwarze Schlieren durchziehen das blaue Meer
Die Folgen sind überall sichtbar: schwarze Schlieren durchziehen das blaue Meer, an den Stränden werden klebrig-glänzende Klumpen angespült. Einsatzteams in weißer Schutzkleidung schaufeln den von Öl getränkten Sand in Plastiksäcke. Bis zum Wochenende soll die Zahl der Helfer auf 1500 aufgestockt werden, wie die Küstenwache am Mittwoch bekanntgab. Über eine Strecke von vier Kilometern wurden schwimmende Barrieren ausgelegt, um den Ölfilm von der Küste fernzuhalten.

Arbeiter sammeln Öl aus dem Meerwasser am Huntington Beach. Die Ölpest vor der Küste Südkaliforniens hat Strände verschmutzt.
Der Fischfang ist verboten, Surfer und Schwimmer dürfen nicht ins Wasser. Wie lange die Sperrung andauern wird, ist derzeit nicht bekannt. Es wurden Vorwürfe laut, Behörden und Pipeline-Betreiber hätten zu spät auf den Notfall reagiert.
Die politische Debatte um ein Ende der Ölförderung in Kalifornien schlägt wieder hohe Wellen. Diese müsse der Vergangenheit angehören, sagte der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom bei einer Ortsbesichtigung in Huntington Beach. Im vorigen April hatte Newsom das Ziel vorgegeben, bis spätestens 2045 die gesamte Erdölförderung in Kalifornien schrittweise einzustellen.
Kalifornien ist für sich gesehen die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt und gilt in den USA als Vorreiter beim Umwelt- und Klimaschutz. Gleichzeitig profitiert der Staat aber auch massiv von der Ölgewinnung - auch wenn die Auflagen in den letzten Jahrzehnten strikter geworden sind. Auslöser dafür war eine verheerende Ölpest im Jahr 1969 in der Küstenstadt Santa Barbara.
Damals waren aus einer Bohrquelle im Meer 12 Millionen Liter Öl ausgelaufen. Seither hat der Staat keine neuen Offshore-Pachtverträge vergeben und es wurden seit 1994 keine neuen Ölbohrtürme gebaut. Allerdings gehen die Förderungen in den alten Pachtgebieten weiter.
Verglichen mit der Ölpest von 1969, bei der über 3000 Seevögel und andere Tiere starben, hoffen Umweltschützer, dass die Schäden diesmal weniger schlimm ausfallen. An den betroffenen Stränden um Huntington Beach wurden bis Mittwochabend 24 verölte Vögel aufgegriffen, teilte die Organisation Oiled Wildlife Care Network mit. Die meisten seien erfolgreich behandelt worden - nur fünf Tiere seien verendet.
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