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Pandemie EU-Staaten nehmen Impfstoff-Versorgung immer mehr selbst in die Hand – Frederiksen und Kurz reisen nach Israel

Die EU liefert nicht zügig genug, die Regierungschefs werden nervös. Welchen Nutzen die Impfstoffdiplomatie Österreichs und Dänemarks haben kann.
04.03.2021 - 07:52 Uhr 2 Kommentare
Die dänische Ministerpräsidentin schloss nicht aus, in Israel Impfstoff zu kaufen. Quelle: via REUTERS
Mette Frederiksen

Die dänische Ministerpräsidentin schloss nicht aus, in Israel Impfstoff zu kaufen.

(Foto: via REUTERS)

Tel Aviv, Brüssel, Wien, Stockholm Bei der Beschaffung von Impfstoffen wollen sich Österreich und Dänemark nicht länger nur auf Brüssel verlassen. Zusätzlich planen beide Staaten eine Zusammenarbeit bei der Erforschung und Produktion von Impfstoffen mit Israel. Am Donnerstagnachmittag wollen die Regierungschefs beider Länder in Israel mit ihrem Amtskollegen Benjamin Netanjahu über Möglichkeiten der Zusammenarbeit sprechen.

Die Europäische Arzneimittelagentur (Ema) sei „zu langsam bei den Zulassungen“ für Impfstoffe, kritisierte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz am Dienstag. Sie wolle „alle Möglichkeiten und Strategien“ einer effektiveren Impfstoffproduktion ausloten, sagte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen.

Welche Ergebnisse könnte die Reise haben? Frederiksen wollte nicht ausschließen, dass Dänemark der israelischen Regierung überschüssige Impfstoffe abkauft. Das allerdings wäre aus zwei Gründen heikel.

Erstens hat Israel bisher nur eine symbolische Menge an Impfstoff an die palästinensische Autonomiebehörde geliefert. Die Regierung in Jerusalem sieht sich zwar generell nicht zuständig für die Gesundheitsversorgung in den Palästinensergebieten. Dennoch würde es wohl Kritik auslösen, wenn sie Impfstoffe ins Ausland verkauft, bevor die Palästinenser geimpft sind.

Mehrere dänische Politiker, die Frederiksens Regierung unterstützen, warnten die Regierungschefin deswegen davor, in Israel Impfstoff zu kaufen. Bislang hat Israel wohl nur kleine Mengen ins Ausland gespendet.

Der österreichische Bundeskanzler reist an diesem Donnerstag nach Jerusalem. Quelle: dpa
Sebastian Kurz

Der österreichische Bundeskanzler reist an diesem Donnerstag nach Jerusalem.

(Foto: dpa)

Zweitens wäre ein solcher Kauf möglicherweise ein Bruch der Vereinbarung, die die EU-Staaten geschlossen haben. Diese haben sich 2020 darauf geeinigt, Impfstoffe gemeinsam bei den Herstellern einzukaufen. So wollten sie verhindern, dass sie sich gegenseitig Dosen streitig machen oder Preise in die Höhe treiben. Ob der Kauf auf dem Umweg über eine andere Regierung anders zu bewerten wäre als ein Kauf direkt von einem Hersteller, dazu wollte sich die EU-Kommission am Dienstag nicht äußern.

Auf der Suche nach Produktionskapazitäten

Welche Möglichkeiten gäbe es noch, dass die dänischen oder österreichischen Bürger einen schnellen Nutzen aus der Reise ihrer Regierungschefs haben? Eine Beschleunigung der Produktion, von der Frederiksen sprach, ist kaum zu erwarten. Auch im österreichischen Kanzleramt heißt es, es gehe um den Aufbau von alternativen Bezugs- und Produktionsmöglichkeiten.

Doch die Impfstoffhersteller versichern, dass sie schon von sich aus rund um die Uhr mit allen verfügbaren Kapazitäten produzieren und gleichzeitig immer nach neuen Produktionsstätten suchen. Zudem bereist EU-Kommissar Thierry Breton die Pharmaunternehmen des Kontinents und sucht nach Möglichkeiten, unterstützend einzugreifen – bislang ohne Erfolg.

Zwar sollen auch in Israel Produktionsstätten entstehen. Pfizer-Chef Albert Bourla will in der kommenden Woche nach Jerusalem kommen und die Errichtung einer Produktionsstätte vereinbaren. Und Moderna könnte nach eigenen Angaben die Produktionsanlagen des Generika-Herstellers Teva einsetzen. Dafür, dass der Aufbau in Israel deutlich schneller als in der EU vorangehen könnte, gibt es aber keine Hinweise.

Könnte sich an den Ema-Zulassungen etwas ändern, von denen Kanzler Kurz sprach? Die sind eigentlich nicht das Problem. Zumal in Israel bislang nur ein einziger Impfstoff angewendet wird – der von Biontech/Pfizer, der auch in der EU schon lange zugelassen ist. Auch bei den noch erwarteten Impfstoffen spielt das Datum der Zulassung nicht die größte Rolle. Denn die Hersteller produzieren ihre Impfstoffe schon jetzt und bereiten sich auf die Auslieferung vor.

Eine Zusammenarbeit mit Israel kann in anderer Hinsicht nützlich sein. So heißt es im Umfeld Netanjahus, man werde prüfen, ob eine Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung des Impfpasses möglich sei. Die EU arbeitet derzeit an einem elektronischen Impfpass, wie es ihn in Israel schon gibt. Er könnte geimpften, genesenen und negativ getesteten Europäern mehr Freiheiten ermöglichen. Noch hat die Entwicklung aber nicht begonnen.

China oder Russland als Ausweg?

Auch für die nächste Generation von Impfstoffen und für die dauerhafte Produktion muss jetzt vorgesorgt werden. Die schleppende Impfkampagne in der EU lässt sich dadurch aber nicht beschleunigen.

Wenn ein EU-Staat schnell an weitere Impfstoffmengen kommen will, bleibt derzeit nur der Kauf russischer oder chinesischer Produkte. Ungarn, Tschechien und die Slowakei haben damit bereits begonnen. Aus EU-Sicht ist das kein Bruch der Vereinbarung, weil diese Impfstoffe nicht von der Arzneimittelbehörde Ema zugelassen sind und von der EU-Kommission nicht gekauft werden.

Das chinesische Sinopharm oder den russischen Sputnik V zu verimpfen ist aber mit Risiken behaftet. Dass die Ema keine Zulassung erteilt hat, ist nicht nur eine Formsache. Beide Hersteller haben bislang keine ausreichenden Daten vorgelegt, die die Wirksamkeit und die Sicherheit belegen könnten.

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Offen bleibt, warum Astra-Zeneca seine Zusagen an Großbritannien besser einhält als seine Zusagen an die EU. Konzernchef Pascal Soriot wich entsprechenden Fragen von EU-Abgeordneten in der vergangenen Woche aus.

Auf die Unzufriedenheit in den Mitgliedstaaten antwortet die EU-Kommission mit dem immer gleichen Statement: Es seien ausreichend Impfstoffe bestellt, und das Ziel, bis zum Sommer 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung zu impfen, sei erreichbar.

Die Initiative von Österreich und Dänemark kommentierte ein Sprecher auf eine Weise, die man auch sarkastisch nennen könnte: Von anderen zu lernen sei immer hilfreich. Wenn Österreich und Dänemark in Israel etwas erfahren, was die EU-Impfstrategie voranbringen könne, sei das nur zu begrüßen.

Mehr: EU erwartet 2,5 Milliarden Impfstoffdosen innerhalb von zwölf Monaten.

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2 Kommentare zu "Pandemie: EU-Staaten nehmen Impfstoff-Versorgung immer mehr selbst in die Hand – Frederiksen und Kurz reisen nach Israel"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Die EU ist nur noch gut dafür umzuverteilen und den hiesigen Sparern dafür das Geld weiterhin aus der Tasche zu ziehen, damit etliche EU-Staaten sich über Wasser halten können. Mit Gerichtigkeit hat das nix zu tun.

    Erst wenn die Arbeitnehmer/-innen in Deutschland ihre Rente beantragt haben und ihre erste Rente auf dem Konto sehen -nach der Steuererklärung wird es noch interessanter- wird man erstaunt feststellen, dass die letzten 45 bis 50 Jahre zu malochen doch nicht so rentabel waren und andere Nationen sogar im Vorteil waren.

    Und die Spargroschen werden weiterhin deutlich an realer Kaufkraft verlieren. Im Kontext dazu hat man noch die "privaten und betrieblichen Altersversorgungen" unter der Kanzlerin A. Merkel "totreformiert". Sich zu informieren oder es nachzulesen hat noch nie geschadet.

    So die Aussicht für Sparer und Rentner/-innen in Deutschland.
    Und dabei weiß man seit Jahrzehnten schon, dass das einstige "Nettorentenniveaus von 70% auf 40%" kollabiert und die sog. "Nettosteuerzahler" stets weniger werden.

    Es grüßen die Babyboomer.

    Der deutsche Michel ist dafür gut genug.

    Genug!

    Weiterschlafen!

  • Nachvollziehbar und eine logische Konsequenz.

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