Pandemie Frankreich bereitet den Ausstieg aus den staatlichen Coronahilfen vor

Frankreich rechnet in diesem Jahr mit einem Wirtschaftswachstum und will daher die staatlichen Coronahilfen beenden.
Paris Im Kalender der französischen Gesellschaft kommt dem „Rentrée“ eine besondere Bedeutung zu. Schulen, Betriebe und Behörden begeben sich Ende August nach gemächlichen Sommerwochen wieder in den Alltag. Die Regierung in Paris verbindet mit dem Ritual in diesem Jahr noch ein Ziel: Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone soll nach der Coronakrise wieder in den Normalmodus schalten.
Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire kündigte an, dass die großzügigen Hilfen für Unternehmen bis auf einige Ausnahmen enden werden. Das liegt nicht nur an den jüngsten Arbeitsmarkt- und Konjunkturzahlen, die Paris zuversichtlich stimmen. Frankreich hat in der Krise schon sehr viel Geld für die Unterstützung seiner Unternehmen ausgegeben und dabei die Staatsverschuldung auf rund 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen lassen.
Die Rechnung für die Coronahilfen des französischen Staats seit März 2020 beläuft sich auf 240 Milliarden Euro. Etwa 80 Milliarden Euro gab es an direkten Unterstützungen, die sich auf einen Solidaritätsfonds für in der Krise angeschlagene oder geschlossene Betriebe, Kurzarbeitergeld sowie eine Befreiung von Sozialabgaben verteilen. Dazu kommen 160 Milliarden Euro an staatlichen Bürgschaften.
Die Bundesregierung hatte bei den Coronahilfen zwar einen deutlich höheren Finanzrahmen angepeilt, tatsächlich flossen aber weniger Mittel als im Nachbarland. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums wurden seit Beginn der Krise rund 118 Milliarden Euro an Hilfen für die deutsche Wirtschaft bewilligt. Dazu zählen die Sofortprogramme der Bundesländer für Firmen und die verschiedenen Überbrückungshilfen ebenso wie staatliche Bürgschaften und Kredite der Förderbank KfW. Zu dieser Summe kommt noch das Kurzarbeitergeld im Umfang von rund 38 Milliarden Euro.
Finanzminister: Kosten nicht ins Unendliche treiben lassen
Die Bund-Länder-Konferenz am 10. August hatte beschlossen, die Hilfen für stark von der Krise betroffene Firmen bis Ende des Jahres zu verlängern. Die Details werden gerade zwischen den zuständigen Bundesministerien abgestimmt.
In Frankreich hatte Le Maire bereits im Juni deutlich gemacht: Das „Koste es, was es wolle“ in der Pandemie müsse ein Ende haben. „Eine normal funktionierende Wirtschaft läuft ohne staatliche Unterstützung“, sagte der Minister.
Am Montag teilte er nach einem Treffen mit Vertretern besonders betroffener Branchen mit, dass die staatliche Unterstützung Ende September weitgehend auslaufen werde. Im letzten Monat sei die Voraussetzung für Hilfen zudem, dass ein Minimum an Umsatz erzielt werde. Le Maire vermutet, dass im Handel oder in der Gastronomie einige Unternehmer von einer Öffnung absähen, weil die staatlichen Hilfen für sie lukrativer seien.
Im Frühjahr ist die französische Wirtschaft stärker gewachsen als bislang angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt legte von April bis Juni um 1,1 Prozent zum Vorquartal zu, wie das Statistikamt Insee am Dienstag in Paris mitteilte. Eine frühere Schätzung hatte nur ein Plus von 0,9 Prozent ergeben.
Die Regierung in Paris sieht starke Anzeichen für eine Erholung und rechnet in diesem Jahr mit einem Wachstum von sechs Prozent. Le Maire sagte, dass die Wirtschaft wieder auf „99 Prozent der Kapazität vor der Krise“ laufe. Während im Mai noch 500.000 Unternehmen Gelder aus dem staatlichen Unterstützungsfonds bezogen hätten, sei die Zahl der betroffenen Betriebe bis Juli auf 50.000 gesunken.
Arbeitsministerin Elisabeth Borne sagte, dass die Arbeitslosigkeit wieder auf das Vorkrisenniveau gesunken sei. Auch die Kurzarbeit habe deutlich abgenommen. Auf dem Höhepunkt der Krise hätten bis zu neun Millionen Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten, im Juli seien es nur noch 600.000 Arbeitnehmer gewesen.
Gesundheitspass sorgt für Proteste
Le Maire erklärte, dass der umstrittene Gesundheitspass kaum negative Folgen für die Wirtschaft habe. Seit Anfang August müssen Menschen in vielen Bereichen des Alltags mit dem Dokument eine Impfung, Genesung oder mindestens einen aktuellen negativen Test nachweisen.
Der Gesundheitspass ist bei Freizeit- und Kulturveranstaltungen Pflicht. Außerdem muss er vorgezeigt werden, um Bars und Restaurants zu besuchen oder mit Fernzügen und Fernbussen zu reisen. Gegen die Regeln gingen an den vergangenen Wochenenden landesweit Hunderttausende Franzosen auf die Straße.
Le Maire sagte, dass lediglich bei Freizeitparks und Kinos anfänglich ein leichter Rückgang von Kunden festgestellt worden sei. Auch Einkaufszentren seien betroffen. In der Gastronomie würden Daten zu Kartenzahlungen allerdings darauf hinweisen, dass die Umsätze trotz der neuen Maßnahmen gestiegen seien. „Das bedeutet, dass die Auswirkungen sehr gering sind“, sagte der Minister.

Die französische Regierung sieht keine negativen Folgen des umstrittenen Gesundheitspasses für die Wirtschaft.
Der französische Mittelstandsverband CPME veröffentlichte dagegen eine Umfrage, die durchaus negative Effekte des Gesundheitspasses nahelegt. So hätten in Bereichen wie der Gastronomie und der Veranstaltungsbranche mehr als die Hälfte der befragten Firmenchefs einen Umsatzrückgang beklagt.
Ganz beenden will die Regierung in Paris die Staatshilfen ohnehin nicht. Le Maire sagte Unternehmen in den besonders betroffenen Branchen zu, man werde sie nicht „von heute auf morgen alleinlassen“. Statt pauschaler Zahlungen müssen in der Pandemie leidende Betriebe künftig aber einen Verlust nachweisen und können dann einen Großteil ihrer Fixkosten wie Miete oder Gehälter erstattet bekommen, die nicht durch Einnahmen gedeckt sind.
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