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Parlamentswahlen Norwegen vor Regierungswechsel: „Nichtablösung wäre größte Sensation seit 1945“

Mit Erna Solberg wird die letzte konservative Regierungschefin in Skandinavien wohl abtreten müssen. Norwegen steht vor einer Klimawahl.
12.09.2021 - 11:09 Uhr 1 Kommentar
Die Politikerin ist seit acht Jahren Premierministerin in Norwegen. Quelle: AP
Erna Solberg

Die Politikerin ist seit acht Jahren Premierministerin in Norwegen.

(Foto: AP)

Stockholm Es ist eine ungewohnte Rolle, in der sich Erna Solberg in diesen Tagen befindet. Seit acht Jahren regiert die konservative norwegische Politikerin ihr Land. Die Ministerpräsidentin war beliebt, geschätzt wegen ihrer zumeist besonnenen Art und hat ihre Mitte-rechts-Minderheitsregierung trotz schwieriger parlamentarischer Lage erfolgreich durch mehrere Krisen geführt.

Die Parlamentswahlen stehen am Sonntag und Montag an – und damit wahrscheinlich auch das Ende ihrer Amtszeit. Da hilft auch nicht ihr Siegeszeichen auf einigen Wahlplakaten ihrer Partei Højre. In nahezu allen Wahlumfragen liegen die oppositionellen Sozialdemokraten von Jonas Gahr Støre deutlich vor Solbergs Partei Højre. Ein Regierungswechsel scheint deshalb wahrscheinlich.

Sollte es dazu kommen, ist auch das letzte nordeuropäische Land unter sozialdemokratischer Führung. „Es wäre die größte Sensation in der norwegischen Geschichte nach 1945, wenn es nicht zu einem Regierungswechsel kommt“, erklärte vor einigen Tagen Svein Tuastad, Politologe an der Universität in Stavanger der Nachrichtenagentur TT.

Allerdings dürften sich die Regierungsverhandlungen – unabhängig vom Ausgang der Wahlen – als sehr kompliziert erweisen. Denn die Sozialdemokraten werden zwar nach jüngsten Umfragen mit 24 Prozent der Stimmen größte Partei, benötigen aber Koalitionspartner.

Und ähnlich wie in Deutschland liegt hier das Problem: Denn die möglichen Partner wie Grüne und Zentrumspartei liegen in wichtigen Fragen weit auseinander. Das gilt auch für Solbergs mögliche Koalitionspartner aus dem Mitte-rechts-Spektrum. Deshalb glauben Politologen wie Bengt Aardal, dass äußerst zähe Regierungsbildungsverhandlungen bevorstehen.

Umgang mit Klimawandel

Besonders uneins sind die Parteien in einem der wichtigsten Wahlkampfthemen: Die Frage, wie das Öl- und Gas-Land Norwegen mit dem Klimawandel umgehen soll. Anfang vergangenen Monats veröffentlichte der Weltklimarat IPCC sein Fazit über die Folgen der Erderwärmung und sagte eine Erwärmung der Erde um 1,5 Grad bereits 2030 vorher. Diese Nachricht veränderte den Wahlkampf in Norwegen schlagartig.

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Denn einmal mehr wurde vielen Norwegern bewusst, dass ihr Land zwar einerseits zu den Vorreitern bei der Elektromobilität zählt und bei der Stromerzeugung nahezu komplett auf Wasserkraft und Windenergie setzt, somit auf fossile Energieträger verzichtet. Andererseits ist das Land aber weltweit einer der größten Exporteure von Öl und Gas und trägt somit zu erheblichen CO2-Emissionen bei.

Auf einmal stiegen die Zustimmungswerte der Parteien, die den Klimaschutz als eine ihrer wichtigsten Aufgaben haben. Besonders profitierten die Grünen, die sozialliberale Partei Venstre, die sozialistische Linkspartei und die linke Partei Rødt (Rot). Sie alle sind mögliche Koalitionspartner der Sozialdemokraten.

Doch die kleinen Parteien lehnen die Öl- und Gasförderung in der ökologisch sensiblen Arktis ab. Mehr noch: Die meisten dieser Parteien wollen möglichst schnell ganz aus der Öl- und Gasförderung aussteigen.

Sozialdemokraten und das bürgerliche Lager betonten umgehend, dass auch sie langfristig die Förderung reduzieren wollen, allerdings ist das Ausstiegsziel weit in die Zukunft verschoben worden.

Frage der Ölförderung

Jonas Gahre Støre unterstrich vor Kurzem noch einmal, dass er die Forderung der Grünen, schnellstmöglich aus der Ölförderung auszusteigen, nicht erfüllen werde. „Dann können die Grünen ja Erna Solberg unterstützen“, sagte er trotzig, betonte aber gleichzeitig, dass seine Sozialdemokraten die Erschließung ganz neuer Ölfelder nicht genehmigen werde.

Dass die Frage der Ölförderung und des Klimaschutzes zu den wichtigsten Themen im Wahlkampf gehört, liegt an der Bedeutung dieser Industrie für das Land mit 5,3 Millionen Einwohnern. Rund 200.000 Menschen sind in diesem Wirtschaftszweig beschäftigt.

Die Einnahmen aus der Öl- und Gasförderung fließen seit Jahrzehnten in den Ölfonds, der den Wohlfahrtsstaat auch für kommende Generationen sichern soll. Mittlerweile verwaltet dieser größte Staatsfonds der Welt mehr als eine Billion Euro.

Es überrascht zunächst, dass Solberg nach acht Jahren an der Regierungsmacht wahrscheinlich abgelöst wird. Denn eigentlich hat sie sich nur wenige Fehler zuschulden kommen lassen. Der harte Kurs mit vielen Restriktionen in der Corona-Pandemie wurde von einer großen Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen. Auch wirtschaftlich kam das Land relativ gut durch die Krise. Vermutlich, so Aardal, wollen die Wähler nach acht Jahren einfach einen Wechsel.

Mehr: Norwegischer Staatsfonds könnte künftig Klima-Stresstests verlangen

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1 Kommentar zu "Parlamentswahlen: Norwegen vor Regierungswechsel: „Nichtablösung wäre größte Sensation seit 1945“"

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  • Ich kenne einige Norweger die mir alle erklären, es ist die spätröische Dekadenz. Den Menschen dort geht es zu gut, dann weiß man das was man hat nicht mehr zu schätzen.
    Europa schafft sich ab.

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