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Parteitag der Kommunistischen Partei In Kuba verlässt der letzte Castro die politische Bühne

Kuba befindet sich in der schwersten Krise seit 1959. Mit dem Rückzug von Rául Castro aus der Politik muss eine neue Führungsgeneration nun nach Lösungen für die Zukunft suchen.
15.04.2021 - 12:55 Uhr Kommentieren
Schon 2018 dankte der 89-Jährige als Staatschef ab, nach zehn Jahren gibt er nun auch den Parteivorsitz ab. Quelle: dpa
Raúl Castro

Schon 2018 dankte der 89-Jährige als Staatschef ab, nach zehn Jahren gibt er nun auch den Parteivorsitz ab.

(Foto: dpa)

Mexiko-Stadt Es sollte eigentlich noch einmal so sein wie immer auf den Parteitagen. Die Rede des großen Vorsitzenden, gefolgt von lang anhaltendem Applaus. Dieses Mal würden die Ovationen sogar noch länger dauern. Denn am Freitag, zu Beginn des VIII. Parteitags der Kommunistischen Partei Kubas, wird Raúl Castro als Erster Sekretär des Zentralkomitees vermutlich seine letzte Rede halten. Castro, der schon 2018 als Staatschef abdankte, gibt nach zehn Jahren auch den Parteivorsitz ab. Mit 89 Jahren.

Aber wahrscheinlich können die Delegierten nur virtuell klatschen. Denn es ist fraglich, ob der Kongress als Präsenzveranstaltung stattfindet. Kuba, das Corona bisher gut im Griff hatte, verzeichnet gerade mehr als 1000 Neuansteckungen pro Tag. Und die Hauptstadt Havanna ist besonders hart getroffen.

Aber ob im Internet oder im Konferenzzentrum – dieser Parteitag wird historisch und einer der wichtigsten seit der Revolution von 1959. Und das nicht nur, weil der letzte Castro geht und der Vorhang für die historische Generation fällt. Vielmehr muss die neue Führungsgeneration um Staatschef Miguel Díaz-Canel, 60, der wohl auch Parteichef werden wird, dringend Lösungen für Gegenwart und Zukunft der Insel und ihr sozialistisches Projekt finden. Nie seit 1959 war die Krise so tief und waren die Herausforderungen so komplex.

Die Coronakrise und ihre wirtschaftlichen Folgen, die sogar die Ernährungssicherheit in Gefahr bringen, US-Sanktionen, die wegbrechende Bruderhilfe aus Venezuela, die Umsetzung der Währungsreform vom Jahresanfang und die zarten, aber unübersehbaren sozialen Proteste sind die drängendsten Probleme.

Es gehe darum, Kuba in die Moderne zu führen, sich endlich zur Marktwirtschaft zu bekennen und die vor Jahren eingeleiteten Reformen nicht mehr nur halbherzig, sondern entschieden und schneller voranzutreiben als bisher, sagt Pavel Vidal, kubanischer Ökonom an der Javeriana-Universität im kolumbianischen Cali.

„Die Inflation bei manchen Produkten beträgt seit der Währungsreform bis zu 500 Prozent, das Haushaltsdefizit liegt bei 20 Prozent des BIP, Kuba erlebt sein zweites Jahr in Rezession und das sechste mit fallenden Exporten“, zählt Vidal im Gespräch die Horrorbilanz auf. „Die Währungsreform war alternativlos, kam aber zu spät und zu abrupt und hat für die Bevölkerung dramatische Folgen. Darauf muss der Parteitag eine Antwort geben.“

Umfassender Umbau der sozialistischen Wirtschaft

Mit einem Vorlauf von nur wenigen Wochen hatte die Regierung am 1. Januar die Doppelwährung abgeschafft und nach einem Vierteljahrhundert den konvertiblen, an den Dollar gekoppelten Peso CUC vom Markt genommen. Es gilt nur noch der kubanische Peso CUP, der zum Wert von 1 zu 24 zum Dollar getauscht wird. Die Währungsreform stellt den umfassendsten Umbau der sozialistischen Wirtschaft seit der Revolution dar. Die meisten der unrentablen Staatsbetriebe, bei denen 70 Prozent der arbeitenden Kubaner angestellt sind, werden verschwinden, zudem Subventionen und Lebensmittelrationen perspektivisch abgeschafft.

Aber die Reform hat zu einem Preisschock, zu Hamsterkäufen, der Rationierung bestimmter Lebensmittel und vor allem stundenlangem Schlangestehen für praktisch jede Ware geführt, was für wachsenden Unmut in der Bevölkerung sorgt. Besser dran ist, wer Dollar hat. Die Währung des Klassenfeindes hilft, in den staatlichen Devisenläden einzukaufen. Dort gibt es, was es woanders für den CUP kaum noch gibt: Haushaltsgeräte, Lebensmittel und Hygieneartikel.

Aber auch Dollar sind ein knappes Gut, weil noch immer die Sanktionen in Kraft sind, die der frühere US-Präsident Donald Trump gegen die Insel verhängt hat. So musste der US-Finanzdienstleister Western Union seine Büros schließen, weil der lokale Abwickler Fincimex auf der schwarzen Liste der Unternehmen steht, mit denen US-Konzerne keine Geschäfte machen dürfen. Western Union wickelte nach eigenen Angaben Zahlungen von bis zu 2,4 Millionen Dollar täglich nach Kuba ab.

Die Reformen führten zu einem Preisschock, zu Hamsterkäufen und sogar der Rationierung bestimmter Lebensmittel. Der Unmut in der Bevölkerung wächst. Quelle: dpa
Markthändler in Havanna

Die Reformen führten zu einem Preisschock, zu Hamsterkäufen und sogar der Rationierung bestimmter Lebensmittel. Der Unmut in der Bevölkerung wächst.

(Foto: dpa)

All dieses Geld fehlt den Familien jetzt. Auch der Staat flirtet immer mit der Pleite, weil Corona die wichtige Devisenquelle des Tourismus komplett versiegen ließ. Um elf Prozent schrumpfte die Wirtschaft der Insel vergangenes Jahr.

Die kubanische Führung hofft, dass US-Präsident Joe Biden seine Ankündigungen aus dem Wahlkampf wahr macht und einige der Trump-Sanktionen zurücknimmt. Bisher hat Washington aber signalisiert, dass Kuba keine Priorität genießt. Möglicherweise wartet man auch auf Signale der Öffnung von dem Parteitag an diesem Wochenende. Diese könnten in Wirtschaftsfragen kommen. Aber dass die kommunistische Führung mehr politische Freiheiten gibt oder am Einparteienstaat rüttelt, darf ausgeschlossen werden.

Lichtblick an der Corona-Front

Die neue Parteiführung müsse „ihre Legitimität auf ein eigenes politisches Projekt gründen, das wirtschaftlichen Wohlstand mit sozialer Gerechtigkeit verknüpft“, fordert Michael Shifter, Direktor des „Interamerican Dialogue“, eines auf Lateinamerika spezialisierten Thinktanks in Washington. „Es geht darum, das System grundlegend zu verändern und nicht nur jemand Jüngeres zum Parteichef zu wählen.“

Einen Lichtblick gibt es immerhin an der Corona-Front. Die Insel steht nach Angaben von Wissenschaftlern kurz vor der Produktionsreife zweier selbst entwickelter Vakzine. „Soberana 02“ und „Abdala“ befänden sich in der letzten Testphase und könnten noch in diesem Sommer zum Einsatz kommen. Dann wäre Kuba in der Lage, seine elf Millionen Einwohner mit einem eigenen Impfstoff zu schützen und so als erstes Land Lateinamerikas Herdenimmunität zu erreichen. Kuba plant sogar den Export der Impfstoffe, um so auch die große Devisenlücke ein Stück zu schließen.

Mehr: Der Kapitalismus kommt mit Wucht nach Kuba – als Vorbild dient China.

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