Pazifikregion Australien investiert Milliarden Dollar in seine Streitkräfte – und rüstet gegen China auf

Die australische Berufsarmee soll auf 62.400 Kräfte erweitertet werden.
Canberra Australien befindet sich in der größten Aufrüstungsphase seiner Marine seit dem Zweiten Weltkrieg. Unter dem 2017 verabschiedeten „Naval Shipbuilding Plan“ wird Canberra in den kommenden Jahren 90 Milliarden australische Dollar (56 Milliarden Euro) in neue Schiffe und U-Boote investieren. Eine weitere Milliarde Dollar (620 Millionen Euro) sollen in den Bau moderner Schiffswerften fließen und dutzende Millionen Dollar in die Ausbildung von Facharbeitern.
Auch deutsche Unternehmen profitieren – Aufträge in Milliardenhöhe sind unter Dach und Fach. So erhielt die Bremer Lürssen-Werft einen Auftrag im Wert von 2,57 Milliarden Euro zum Bau von zwölf Patrouillenbooten.
Die Schiffe aus deutscher Produktion hätten eine größere Reichweite und bessere Leistung als die gegenwärtige Flotte, sagte der damalige Premierminister Malcolm Turnbull beim Abschluss des Deals. Die australische Marine könne damit künftig „umfassendere Operationen unternehmen“. Rund 1.000 Arbeitsplätze sollen für den Bau in den Städten Perth und Adelaide geschaffen werden.
Vor wenigen Wochen meldete auch der Rüstungskonzern und Autozulieferer Rheinmetall, einen im März zugesprochenen Milliardenauftrag zur Lieferung von Radpanzern unterzeichnet zu haben. Der Auftrag habe einen Wert von 2,1 Milliarden Euro, erklärte das Unternehmen.
Ab 2019 werde Rheinmetall 211 Radpanzer vom Typ Boxer an Australien liefern. „Es ist uns eine Ehre, dass wir von der australischen Regierung als Partner in einem so umfassenden Vorhaben zur Modernisierung der Streitkräfte ausgewählt worden sind“, frohlockte Vorstandschef Armin Papperger.
Ziel der historischen Aufrüstung: Australien soll seine Position als Speerspitze des Westens im Pazifik festigen. Wie weit fortgeschritten das Land auf diesem Weg bereits ist, zeigt es in diesen Tagen im Norden des fünften Kontinents.
Die Streitkräfte von 26 Ländern treffen sich in der Stadt Darwin zur Manöver-Übung „Kakadu“. Zur Mammut-Parade kriegerischer Hardware wurde ein unerwarteter Gast eingeladen: China. Wie die bisherige Verteidigungsministerin und neu ernannten Außenministerin Marise Payne erklärte, hätten Australien und China in der Frage der Verteidigung eine „produktive“ Beziehung, die „Transparenz ermöglicht und Vertrauen aufbaut“.
Konflikte mit China
Wieviel Vertrauen – das wird sich wohl erst zeigen. Denn eigentlich sieht die australische Regierung China als eine der größten Bedrohungen für den Weltfrieden. Pekings expansionistische Bemühungen im Südchinesischen Meer und der Versuch der Kontrolle wichtiger Handelsrouten hat Australien in den vergangenen Jahren immer wieder in Konflikt mit Peking gebracht.
Eine Analyse der konservativen Regierung in Canberra hatte China schon vor zwei Jahren als entscheidenden Urheber der politischen Instabilität in der Region Asien-Pazifik identifiziert. Das Dokument spricht von einer „strategischen Spannung zwischen China und den Vereinigten Staaten“. Territoriale Streitigkeiten – wie der Bau künstlicher Inseln durch China im Südchinesischen Meer – hätten „in unserer Region zu Unsicherheit und Spannungen geführt“.
Die australische Marine spürt den Konflikt regelmäßig selbst: Im April wurden im Südchinesischen Meer drei australische Kriegsschiffe von der chinesischen Marine gewarnt, einem von China durchgeführten Manöver zu nahe zu kommen. Australische Militärflugzeuge werden von der chinesischen Luftwaffe immer wieder in forschem Ton aufgefordert, sich aus dem internationalen Luftraum im Gebiet der von China beanspruchten Inseln fernzuhalten.
Doch Australien lässt sich von solchem Imponiergehabe nicht abhalten. Denn es sieht sich in einer wichtigen Rolle. „Australien ist der Hilfssheriff der USA“, hatte der frühere australische Premierminister John Howard 2004 gesagt. Damals von Kreisen heftig kritisiert, hat diese Einschätzung bis heute nichts an Bedeutung verloren.
Donald Trump stärkt Australiens Rolle im Pazifik
Ob Irak oder Afghanistan: Australien marschiert seit Jahrzehnten Hand in Hand mit Washington. An dieser Situation hat auch Präsident Donald Trump nichts geändert. Im Gegenteil: Das Machtvakuum, das der erratische Politiker als Folge seiner „America-First“-Rhetorik im Pazifik hinterlässt, habe die Rolle Canberras in der Region verstärkt, glauben Beobachter.
Australiens Regierung will in den kommenden Jahren seine Verteidigungsausgaben von gegenwärtig 1,8 auf 2 Prozent des Bruttoinlandproduktes erhöhen. An diesem Ziel solle selbst dann festgehalten werden, wenn es der australischen Konjunktur schlechter gehe, so der vor zwei Wochen nach einem parteiinternen Konflikt aus dem Amt geworfene Ex-Premierminister Malcolm Turnbull.
Die Pläne sehen neben der Aufrüstung auf dem Wasser eine Expansion der australischen Berufsarmee auf 62.400 Kräfte vor. Auch soll die Armee Hubschrauber für Spezialeinsätze und Drohnen für den unbemannten Kampfeinsatz aus der Luft erhalten.
Wie fundamental die Zusammenarbeit mit amerikanischen Streitkräften ist, zeigt die Forderung nach einer nahtlosen Technologie zwischen den beiden Ländern. Amerikanische Waffensysteme sollen von australischen Wehrkräften bedient werden können – und umgekehrt. So muss nicht erstaunen, dass laut dem Marine-Sicherheitsexperten Sam Bateman rund 60 Prozent aller australischen Verteidigungsausgaben in den Kauf amerikanischer Rüstung fließen.
Doch auch beim größten Rüstungsauftrag der jüngeren Geschichte waren die Deutschen ernstzunehmende Mitbewerber – bis zum bitteren Ende. 2016 verlor Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) einen Auftrag im Wert von 32,2 Milliarden Euro für den Bau von zwölf U-Booten an den französischen Schiffsbauer DCNS. Inklusive Unterhalts- und Wartungsaufträgen werde der Kostenumfang auf über 150 Milliarden australische Dollar steigen, so der Verteidigungsexperte Peter Jennings damals.
DCNS hatte der australischen Navy eine diesel- und elektrisch betriebene Version ihres 90 Meter langen und 5.000 Tonnen schweren Atom-U-Boots Barracuda angeboten. TKMS hatte den Ausbau eines 2.000-Tonnen-U-Boots auf 4.000 Tonnen offeriert.
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