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Weltgeschichte Verkehrserziehung in Indien: Wie die Polizei den Indern das Hupen austreiben will

Nirgendwo wird so viel gehupt wie auf den Straßen Indiens. Mit einer originellen Aktion will die Polizei in Mumbai die Autofahrer nun umerziehen.
25.02.2020 - 10:44 Uhr Kommentieren
Das Hupen passt auf Indiens Straßen in so ziemlich jeder Situation. Quelle: The Image Bank Unreleased/Getty Images
Verkehr in Mumbai

Das Hupen passt auf Indiens Straßen in so ziemlich jeder Situation.

(Foto: The Image Bank Unreleased/Getty Images)

Bangkok Autofahren ohne Hupe – in Indien klingt das fast so abwegig, als würde man vorschlagen, ohne Bremse oder Lenkrad aufzubrechen. Sich alle paar Sekunden lautstark bemerkbar zu machen scheint für die meisten Inder unverzichtbar zu sein, um ein Fahrzeug unbeschadet durch das Verkehrschaos des Subkontinents zu manövrieren.

Das Hupen passt auf Indiens Straßen in so ziemlich jeder Situation: Gehupt wird beim Überholen oder wenn man etwas zu schnell um eine Kurve fährt. Hupen signalisiert Fußgängern, dass man keine Lust hat, für sie anzuhalten. Und wer an Kreuzungen darauf wartet, dass es grün wird, hupt auch gerne mal, um alle anderen daran zu erinnern, dass es bald weitergeht.

Der ständige Lärm wirkt wie der unvermeidbare Preis, den Bewohner und Besucher für den Trubel bezahlen müssen, der Indiens Metropolen so lebendig macht. Doch nicht jeder will den Krach als unumgängliches Übel hinnehmen: Die Polizei in der Finanzmetropole Mumbai hat nun einen aufsehenerregenden Plan entwickelt, der das Undenkbare möglich machen soll: Sie will die indischen Autofahrer zur Hupabstinenz erziehen – und sorgt mit einer originellen Aktion für eine landesweite Debatte.

Kern des Plans ist ein soziales Experiment, das die Beamten an mehreren Kreuzungen der 20-Millionen-Einwohner-Stadt gestartet haben. Sie installierten dafür Dezibelmesser an den Ampeln und stellten Tafeln mit dem Hinweis auf: „Wer mehr hupt, muss länger warten.“

Es dauerte nicht lange, bis die Autofahrer herausfanden, was das bedeutet: An einem Countdown sahen sie wie üblich, in wie vielen Sekunden die nächste Grünphase beginnt. Doch in diesem Fall wurde die Zeitspanne jedes Mal länger, wenn der Lärmpegel die Marke von 85 Dezibel überschritt. Erst als sich das Hupkonzert beruhigt hatte, konnten die Autos weiterfahren.

Die Polizisten stellten von der Aktion vor wenigen Wochen einen Film ins Netz, der sich rasant verbreitete und allein bei Twitter auf mehr als dreieinhalb Millionen Abrufe kommt. Die Beamten beschreiben ihre Heimat Mumbai darin als die globale Hauptstadt des Hupens und weisen die Autofahrer sarkastisch darauf hin, dass sie selbstverständlich weiterhupen können – wenn es ihnen nichts ausmacht, deshalb noch länger als sonst im Stau zu stehen. 

Unnötiges Hupen kostet 13 Euro

„Leider haben sich viele Menschen in Mumbai rücksichtsloses Hupen angewöhnt“, sagte Madhukar Pandey, der oberste Verkehrspolizist der Stadt, zu lokalen Medien. Dieses Verhalten sei nicht nur eine Lärmbelästigung, sondern habe auch gesundheitliche Auswirkungen – etwa auf das Gehör, die Herzfrequenz und das Stressempfinden.

„Jeder kennt das Problem, aber kaum einer tut etwas dagegen“, fügte er hinzu. Die Aktion seiner Kollegen solle nun ein Umdenken herbeiführen. Nötig wäre das landesweit: Messungen aus dem Jahr 2018 zufolge werden die Lärmgrenzwerte an nahezu jeder Messstation in Indiens Städten dauerhaft überschritten. 

Die Mumbaier Beamten haben mit ihrer Aktion nun aber bereits einiges in Bewegung gesetzt. Sie erzielten damit nicht nur große Aufmerksamkeit im Netz, sondern riefen auch Nachahmer auf den Plan: Die Polizei in der Technologiemetropole Bangalore hat bereits angekündigt, den Pilotversuch aus Mumbai ebenfalls durchführen zu wollen.

Längere Wartezeiten an den Ampeln wären für die Autofahrer dort wohl besonders schmerzhaft: Nach einer Studie des Navi-Anbieters Tomtom ist Bangalore bereits jetzt die Stadt mit den längsten Staus der Welt. 

Auch die zentralindische Metropole Indore will Dezibelampeln nach dem Mumbaier Vorbild installieren. Die Stadt sieht sich bereits jetzt als das sauberste urbane Zentrum Indiens. Bis 2021 wollen die lokalen Behörden Indore nun auch zur leisesten Stadt erklären können. „Das ist zwar nur ein inoffizieller Titel“, sagte der zuständige Verwaltungsmitarbeiter Lokesh Kumar Jatav. „Aber er motiviert die Menschen, an dem Ziel zu arbeiten.“ 

In Chandigarh hat die Polizei unterdessen eine Strafzettelkampagne angeschoben, die bei unnötigem Hupen mit Bußgeldern von umgerechnet 13 Euro droht. Ob das ausreicht, um die Inder vom Hupen abzubringen, ist aber zweifelhaft. Der frühere Polizist und Buchautor Rajbir Deswal hält den Effekt von Strafen für begrenzt.

„Nötig ist vielmehr, die Bevölkerung konstant aufzuklären, um diese schlechte Angewohnheit zu stoppen – ähnlich wie bei den Kampagnen gegen das Rauchen“, schrieb er in einem Meinungsbeitrag. Man könnte auch sagen: Die Hupgegner müssen noch deutlich lauter werden, um dauerhaft für Ruhe zu sorgen. 

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