Spanien verpflichtet sich zu drei grundlegenden Schritten. In einem neuen Stresstest soll der Kapitalbedarf der einzelnen Banken ermittelt werden, und zwar bis September. Auf dieser Basis bekommen die Institute dann Auflagen für ihre Restrukturierung, Rekapitalisierung oder aber ihre Abwicklung. Drittens sollen Risikoanlagen, die in der Immobilienkrise massiv an Wert verloren haben, bis Ende November in eine sogenannte Bad Bank ausgelagert werden.
Die Eurogruppe hat sich schon darauf verständigt, eine erste Sicherheitstranche von 30 Milliarden Euro für dringende Kapitalspritzen freizugeben. Zwei Drittel davon sollen tatsächlich an den spanischen Bankenrettungsfonds FROB überwiesen werden. Das dritte Drittel soll beim EFSF als Reserve vorgehalten werden.
Bis Ende November sind zwei Überweisungen vorgesehen: eine erste von bis zu 25 Milliarden Euro, mit der die giftigen Papiere (vor allem geplatzte Immobilienkredite) aus den Bilanzen der Geldhäuser verschwinden und in eine Bad Bank ausgelagert werden sollen. Mit 25 weiteren Milliarden Euro sollen die Banken rekapitalisiert oder abgewickelt werden, die schon vom FROB übernommen worden sind.
Ende des Jahres wird laut EFSF-Plan eine dritte Tranche von 15 Milliarden Euro fällig. Damit sollen die Geldhäuser rekapitalisiert oder abgewickelt werden, die noch nicht vom Staat unterstützt wurden.
Im Juni kommenden Jahres würde die vierte und letzte Tranche fließen, in Höhe von 15 Milliarden Euro. Das Geld geht an Banken, die mit dem Versuch gescheitert sind, sich selbst am freien Markt ausreichend zu rekapitalisieren. Zehn Milliarden davon sollen allerdings aus dem in diesem Juli eingerichteten Puffer kommen, womit nur fünf Milliarden Euro „zusätzliches“ Geld überwiesen werden müssten. Alle Tranchen zusammen ergeben einen Gesamtbetrag von 100 Milliarden Euro. Es wird damit gerechnet, dass Spanien sich bis zu 62 Milliarden Euro aus dem EFSF holt.
Die Laufzeit der Kredite soll im Durchschnitt 12,5 Jahre betragen, die längsten aber spätestens nach 15 Jahren zurückgezahlt werden. So soll die Belastung des spanischen Etats gering gehalten werden.
Der Plan steht allerdings noch unter Vorbehalt: Der im September geplante Stresstest soll den exakten Finanzierungsbedarf der betroffenen Banken bemessen. Entsprechend könnte auch die Höhe der fälligen Tranchen vom Plan abweichen. Alle Auszahlungen müssen von der Eurogruppe oder den Euro-Finanzstaatssekretären bewilligt werden.
Die Euro-Retter öffnen ihre Schleusen nicht ohne Gegenleistung: Wenn eine Bank keine Überlebenschance hat, wird die geordnete Abwicklung verlangt. Für die Banken mit Perspektive müssen Restrukturierungspläne eingereicht werden, die die strengen Beihilferegeln der EU einhalten. Dadurch sollen die Wettbewerbsverzerrung sowie die Last für die Steuerzahler begrenzt werden.
Spanien erhält zwar kein Reformprogramm durch die Troika, weil der Internationale Währungsfonds nicht an den Bankenhilfen beteiligt ist. Allerdings werden die EU-Kommission und die EU-Finanzminister nun die Einhaltung der länderspezifischen Empfehlungen für Spanien überwachen. Empfohlen ist unter anderem die Anhebung des Rentenalters, eine Reform des Steuersystems, die Liberalisierung abgeschotteter Berufsgruppen und die Anbindung des Landes an den europäischen Gas- und Strommarkt.
Überdies muss Madrid seine Verpflichtungen zum Schuldenabbau bis 2014 erfüllen. Das bekommt die Bevölkerung zu spüren. Ministerpräsident Mariano Rajoy hat gerade ein neues Sparprogramm im Volumen von 65 Milliarden Euro aufgelegt.
Auch die Regierung muss liefern: So wird eine strengere Aufsicht für den gesamten Finanzsektor angemahnt. Als Reaktion auf die mangelhafte Transparenz der Risiken im spanischen Bankensektor wird ausdrücklich eine schärfere Kontrolle und Überwachung der früheren Sparkassen und der Liquidität der Institute angeordnet. Dazu soll auch der aufsichtsrechtliche Rahmen geprüft werden. Die operative Unabhängigkeit der bisher unter starkem politischen Einfluss stehenden Notenbank und der Verbraucherschutz sollen gestärkt werden.
Der spanische Staat haftet für die Hilfen des EFSF und später des ESM für den Bankensektor. Bei der Umstrukturierung sollen auch die privaten Investoren bei Banken herangezogen werden, die staatliche Hilfe erhalten. Das führt nicht nur zu Auslagerungen, zur Kappung von Dividenden und Boni. Auch der Privatsektor müsste Verluste hinnehmen, bevor öffentliche Gelder fließen. Das könnte auch für viele Spanier bitter werden, die sich von ihren Instituten riskante Papiere haben aufschwätzen lassen. Sie müssen einen Teil ihrer Forderungen in den Wind schreiben, möglicherweise sogar bis zu 90 Prozent. Sparbücher bleiben aber unangetastet. Bis Ende August sollen die spanischen Behörden die rechtlichen Voraussetzungen für diesen Schuldenschnitt schaffen.
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mich würde einmal brennend interessieren ob auch mal nur ansatzweise daran gedacht wird die rücklagen für gegebene
pensionszusagen der spanischen oder anderer banken anzuzapfen.
ich vermute den hauptgrund, die banken nicht bankrott gehen zu lassen darin, dass vielen, die uns das alles eingebrockt haben, geld verloren ginge.
und man ist ja schliesslich git vernetzt.
@statesman:
Warum wählt ein Mensch eine Partei? Weil er glaubt, dass diese Partei seine Interessen vertritt - zumindest teilweise. Würde er/sie sonst wählen gehen? Glaube nicht, da es in D ja keine Wahlpflicht gibt.
Um einen verkehrte Eindruck zu berichtigen: persönlich habe ich einmal in meinem Leben gewählt und das war eine dagegen Wahl und keine dafür Wahl, weil ich mich nicht vertreten sehe und die Politik als einen riesigen Selbstbedienungsladen ansehe, bei dem ab und zu mal ein Brocken für's Volk abfällt, dass sie schön brav bleiben.
Dennoch bei der nächsten Wahl werde ich hingehen und es wird eine Dafür Wahl sein für die Freien Wähler. Schon alleine um den herkömmlichen Parteien eine Breitseite zu verpassen.
Nur bleibt auch bei denen ein Punkt, der zu klären ist. Wie gedenkt man mit dem Korruptionspotential umzugehen? Beinahe jeder Mensch trägt dies in sich. Es mag zwar ein paar Glückliche geben, die nicht korrumpierbar sind, aber auch die Vertreter der Freien Wähler sind Menschen. Dass es also zu Bestechungsversuchen und anderen Manipulationsversuchen kommen wird, liegt auf der Hand. Hierzu gehört ein Mechanismus entwickelt und auch deutlich definiert, wie man dies auf ein Minimum zu beschränken gedenkt.
...Luftblasen ... "Reform" - das Unwort des Jahrhunderts.
Was sollen die Spanier denn bitte machen ohne Geld? Das Geld, das wir Ihnen geben geht direkt an die Banken/hilfsbedürftige Milliardäre.
Wenn ein Bürger den Politikern blind vertraut, so wie Sie das vielleicht tun, darf er sich nicht nachher nicht über seine Enteignung beschweren.
Sehen Sie einmal, dieses hervorragende Handelsblatt bietet Ihnen tagtäglich kostenlose und fundierte Informationen, die man verstehen kann, ohne Volkswirtschaft studiert zu haben.
Wenn Sie diese Infos nicht nutzen, ist das Ihr Problem.
Einverstanden.
Also haben wirs mit politischen Betrügern zu tun.
Genau wie bei uns.
@Neptun: In Deutschland hat auch keine Mehrheit der Menschen dagegen lautstark protestiert
Neptun, wenn ich jemanden wähle, dann gehe ich davon aus, dass der im besten Sinne des Volkes regiert. Somit hielt sich der Protest in Grenzen, weil als Durchschnittsbürger hat man keine Ahnung, was die zeitverzögerten Folgen sein könnten. Und wie gesagt, man geht schon davon aus, dass die Politiker ihr Hirn benützen.
Erst jetzt stellt man fest, dass gerade bei der letzten Unterstellung Zweifel zugelassen werden können. Daraus also jemand einen Vorwurf zu machen, ist ein verkehrter Schluss. Das können Sie nur, wenn den Bürgern eben die fehlenden Stücke klar gewesen wären. Diese sind es jedoch bis heute noch nicht. Nicht jeder Bürger hat Kenntnisse in VWL. Das darf man nicht unterstellen. Das ist ja genau, wo man ansetzen muss. Klipp und klare Aufklärung, was die Folgen sein werden - für den Einzelnen. Wenn dies nicht geschieht, dann wird man auch in D solche Szenarios erleben wie in Madrid. Wobei die dt. Version wesentlich rechtsradikaler sein wird.
statesman: Sie betrachten die Staten als Kreditbetrüger...dürfte ich Sie da korrigieren und sagen, dass die verantwortlichen Politiker Kreditbetrüger sind. Wenn Sie nämlich Staat sagen, dann impliziert dies, dass die gesamte Bevölkerung dies auch ist. Das trifft aber nur auf einen geringen Prozentsatz zu. Alle anderen dürfen es ausbaden und werden dabei noch beschimpft.
Danke DoktorDip für den Link.
Eindreschen auf Frauen, die zwei Polizisten dann rumschleifen. Das ist dann wahrscheinlich eine der besonders brutalen Demonstranten.
Viele ältere Leute sind auch dabei. Das also ist Europa im Jahre 2012. Was berichtet die Presse drüber, nichts.
Die Bilder sprechen für sich. Spanien braucht die Pesete wieder, um sich sanieren zu können.
Da ist die Frage schon berechtigt, wer sind hier die Faschisten?
Für die dauerhafte europäische Krise gibt es zwei elementare Gründe. Zum einen wird das Kapital von unten nach oben verteilt, was letztendlich die Kaufkraft der Bevölkerung massiv schwächt. Dieses Problem besteht weltweit. Das zweite Problem ist die Gemeinschaftswährung. Unter dieser Gemeinschaftswährung dem Euro können die Südländer nicht konkurrieren. Das Wirtschaftswachstum bricht in Griechenland, Spanien, Portugal, Italien, Frankreich sowie in den anderen strauchelnden Ländern nach und nach zusammen.
Die nationalen Währungen waren auf die jeweiligen Staaten abgestimmt. Der Wechselkurs hat die Wachstumsunterschiede in den jeweiligen Wirtschaften ausgeglichen. Dieser Ausgleich wird jetzt durch Stützungsmaßnahmen geleistet. Weil aber die wirtschaftlichen, ökonomischen, ökologischen und geographischen Strukturen nicht veränderbar sind, werden die Rettungsschirme für immer aktiv bleiben müssen.
Sehen wir den Bundesländerfinanzausgleich in Deutschland. Der besteht seit 50 Jahren. Oder schauen wir uns die Leistung der Wirtschaft zwischen Ost und West an. In Ostdeutschland liegt die Leistung um 1/5 niedriger als im Westen. Das hat nichts mit der ostdeutschen Bevölkerung zu tun. Die Industrie will sich dort nicht entwickeln. Zudem bedenken wir, dass die Wirtschaft jegliche Konkurrenz ausschaltet. Diesen Vorgang haben wir in Ostdeutschland, kurz nach der Wende (Grenzöffnung), massenhaft sehen können. Das gleiche passiert mit den Südländern. Die Wirtschaft wird es nicht zulassen, dass dort die Konkurrenz entsteht. China spielt Russisch Roulette mit der deutschen Solarindustrie. Wer denkt dabei an Gnade.
Die einzige Möglichkeit besteht darin schlagartig Konkurrenz fähig zu werden. Und das geht nur mit einer schwächeren Währung. Sollten die Regierungen die schwächere Währung nicht einführen, werden diese gestürzt. Vielleicht werden auch einige Politiker im „Namen des Volkes“ für diese Euro-Sauerei aufgehängt.
@statesman:"Wenn die Spanier und die Griechen die angekündigten Reformen wirklich durchführen würden, bräuchten sie keine Kredite."
Ihre These ist leider falsch. Deutschland (Schröder) hat die schlimmsten Reformen der Geschichte durchgezogen, und trotzdem sind die Schulden der BRD auf über zwei Billionen gewachsen, und sie wachsen immer noch. Da unser Geld-System ein Schuldensystem ist, kann kein Staat der Welt Schulden zurückzahlen bzw. er kann nicht ohne neue Schulden überleben, egal in welcher Währung er sich auch befindet. Es ist sogar dumm die Schulden zurück zu zahlen (Es klingt auf dem ersten Blick absurd), da Geld durch Schulden geschöpft werden kann. Sind die Schulen beglichen, muss das Geld als Schuldschein zerrissen werden. Das wiederum wird katastrophale Folgen für die Realwirtschaft haben, weil das Geld als Tauschmittel nicht ausreichend existieren wird . Die Wirkung ist wie eine Explosion einer Atombombe. Deutschland hat sich auf einen Spiel(EURO) eingelassen. In Deutschland hat auch keine Mehrheit der Menschen dagegen lautstark protestiert, immerhin leben wir in einer Demokratie und Meinungsfreiheit, nun ist es fair, dass Deutschland auch die negativen Folgen seiner Fehlentscheidungen tragen muss. So läuft es nun mal.