Regierung Schweden Magdalena Andersson wird zur ersten Ministerpräsidentin Schwedens ernannt – und tritt sofort wieder zurück

Die Sozialdemokratin hat den Koalitionspartner verloren.
Stockholm Gerade zur ersten Ministerpräsidentin Schwedens gewählt, trat die Sozialdemokratin Magdalena Andersson bereits acht Stunden später wieder zurück. Der Schritt sei notwendig geworden, da die Grünen, seit sieben Jahren Koalitionspartner der Sozialdemokraten, die Regierung verlassen wollen. Wie es jetzt genau weitergeht, ist noch nicht klar. Andersson erklärte allerdings, dass sie weiterhin das Amt der Ministerpräsidentin anstrebe.
Am Mittwochvormittag war Andersson als erste Frau in Schweden zur Regierungschefin gewählt worden. Doch nur wenig später fiel der von ihrer rot-grünen Minderheitskoalition präsentierte Haushalt im Parlament durch. Damit war klar, dass Andersson im kommenden Jahr mit dem Haushalt der bürgerlich-rechten Opposition regieren muss.
Sie sah darin kein größeres Problem. Ganz anders die Grünen, die auf keinen Fall mit dem Haushalt der Opposition weiterregieren wollten. Damit war die Minderheitsregierung der neuen Ministerpräsidentin Geschichte. In den kommenden Tagen wird es vermutlich zu einer neuen Abstimmung im Parlament über Andersson kommen.
Sollte sie sich nicht durchsetzen können, stehen Neuwahlen an. Das Problem: Die turnusgemäßen Wahlen im kommenden September sind davon nicht betroffen, sie finden auf jeden Fall statt. Die schwedischen Wähler müssten also zweimal innerhalb von nur wenigen Monaten an die Wahlurne treten.
Der Tag hatte für Andersson schon schlecht begonnen. Es sei ein „Albtraum-Start“ gewesen, erklärte der Politik-Kommentator des schwedischen Rundfunks. Tatsächlich fehlte nur eine einzige Stimme, und Magdalena Andersson wäre nicht zur neuen schwedischen Ministerpräsidentin gewählt worden.
Überraschender Ausstieg der Grünen
Doch es reichte knapp: 117 der 349 Abgeordneten stimmten für die 54-jährige Sozialdemokratin. Nach der Verfassung hätte eine Mehrheit von 175 Parlamentariern gegen sie votieren müssen, damit ihre Wahl gescheitert wäre. Es waren aber nur 174 Nein-Stimmen.
Dass die Grünen nun die Regierung verlassen, kam überraschend. Die Partei, die seit sieben Jahren zusammen mit den Sozialdemokraten eine Minderheitsregierung bildet, liegt derzeit in Meinungsumfragen unter der in Schweden geltenden Vier-Prozent-Marke.
Im kommenden September finden in Schweden turnusgemäß Parlamentswahlen statt, und die Grünen wollen sich nach Meinung der meisten Kommentatoren klarer als bisher positionieren und nicht als Stützpartei der Sozialdemokraten identifiziert werden. Deshalb wollen sie in den Wahlkampf als unabhängige Partei gehen.
So, wie es aussieht, bekommen die Sozialdemokraten nun die Quittung dafür, dass sie in den vergangenen Jahrzehnten häufig ohne eigene Mehrheit regiert und sich auf die Unterstützung anderer Parteien verlassen haben. Denn mittlerweile sind die kleinen Koalitionsparteien selbstbewusster geworden und fordern mehr Einfluss auf die Politik der Regierung.
Die Sozialdemokraten, die das Land in den vergangenen 100 Jahren mit wenigen Unterbrechungen wie keine andere geprägt haben, verließen sich zuletzt auf die Unterstützung der ex-kommunistischen Linkspartei und der liberalen Zentrumspartei. Doch Zentrum und Linkspartei forderten immer mehr Einfluss auf die Regierungspolitik. Erschwerend kam hinzu, dass das Zentrum und die Linkspartei nahezu unvereinbare Positionen haben.
Die weiteren Schritte sind unklar
Während Andersson am Vor- und Nachmittag noch als erste Frau an der Spitze einer schwedischen Regierung gefeiert wurde, sprachen Kommentatoren am Abend von einem „beispiellosen Chaos“ in der schwedischen Politik. Derzeit weiß niemand, wie es weitergeht. Der Parlamentspräsident wird in den kommenden Tagen entscheiden, ob er Andersson noch einmal den Auftrag zur Bildung einer Regierung geben wird.
Alternativ könnte er auch den Vorsitzenden der Konservativen, Ulf Kristersson, mit der Bildung einer Regierung beauftragen. Er hat eine Zusammenarbeit mit den Christdemokraten und den rechtspopulistischen Schwedendemokraten angekündigt.
Allerdings braucht er für eine parlamentarische Mehrheit die Unterstützung weiterer Parteien. Mehrere Parteien haben allerdings eine Zusammenarbeit mit den Schwedendemokraten abgelehnt.
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