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Russland Premier, Parteichef oder Staatsrat: So könnte Putin noch jahrelang regieren

Wladimir Putin klebt nicht an seinem Stuhl – für seinen Machterhalt baut er lieber den ganzen russischen Staat um. Dafür hat er nun mehrere Optionen.
17.01.2020 - 12:34 Uhr Kommentieren
Bisher wurde der Premierminister immer vom Präsidenten ausgesucht, das Parlament stimmte immer zu. Quelle: dpa
Wladimir Putin

Bisher wurde der Premierminister immer vom Präsidenten ausgesucht, das Parlament stimmte immer zu.

(Foto: dpa)

Moskau In Russland bestimmt nur einer, wo es langgeht: Wladimir Putin. In dieser Woche stellte der Kremlchef das wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis. Erst verblüffte er die versammelte Politprominenz mit der Ankündigung von Verfassungsänderungen, die die politischen Institutionen durcheinander wirbeln werden, dann zauberte er einen neuen Ministerpräsidenten aus dem Hut, mit dem niemand gerechnet hatte.

Putin dominiert die russische Politik seit zwei Jahrzehnten – mal als Ministerpräsident und mal als Staatspräsident – und immer schraubt er an der russischen Verfassung herum, um sich im jeweiligen Amt den größtmöglichen Einfluss zu sichern. Und so macht er es auch im Jahr 2020.

Und was machen die Abgeordneten, denen Putin nun angeblich mehr Macht geben will? Sie segnen diskussionslos Putins neuen Ministerpräsidenten Michail Mischustin ab und beraten, wie sie am schnellsten die von Putin geforderten Verfassungsänderungen verankern können.

Ziel der Aktion Putins ist es allem Anschein nach, auch nach 2024 weiter regieren zu können. Dafür gibt es nach den avisierten Verfassungsänderungen gleich mehrere Szenarien:

Variante 1: Putin wird Premierminister

Am meisten Aufsehen erregte die geplante Verfassungsänderung zur Regierungsbildung. Bisher wurde der Premierminister vom Präsidenten ausgesucht und dem Parlament vorgelegt, das diesen billigt. Zu Putins Amtszeiten ist es nie vorgekommen, dass einer seiner Wunschkandidaten abgelehnt wurde.

Putins Vorgänger Boris Jelzin hatte da durchaus mehr Gegenwind. So fiel sein Kandidat Viktor Tschernomyrdin 1998 zweimal durch. Ein gewisses Mitspracherecht hat die Duma also theoretisch. Da der Präsident als Antwort die Duma auflösen kann, ist dieses aber sehr begrenzt.

Künftig läuft es andersherum. So soll die Duma selbst den Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten bestimmen. Der Präsident hat den Überlegungen Putins nach kein Vetorecht, sondern muss diese Kandidatur abzeichnen.

Auch die Minister, die der Premierminister in Übereinstimmung mit dem Parlament ernennt, muss der Präsident dann absegnen. Die einzige Einschränkung hier: Der Präsident kann eine Regierung wieder entlassen. Aber dafür muss er dann schon eine Begründung liefern. Und nach bisherigem Stand könnte die Duma theoretisch den gleichen Premierminister wieder ernennen.

Damit ist der Premier – vorausgesetzt, er hat die Unterstützung des Parlaments – deutlich unabhängiger von den Launen des Präsidenten als bisher. Für Putin, sollte er nach 2024 wieder Premier werden, wäre das überhaupt kein Problem. In der Duma hat die Partei „Einiges Russland“ die Dreiviertelmehrheit.

Und diese Partei dient einzig den Interessen und der Unterstützung Putins. Wahlumfragen, aber auch die Quellen des Kremls erlauben die Prognose, dass „Einiges Russland“ auch die Wahlen 2021 problemlos gewinnen wird. Damit hätte Putin sich zumindest bis 2026 – also der nächsten Duma-Wahl – eine loyale Mehrheit gesichert.

Variante 2: Putin wird Parteisekretär

Variante 1 und 2 können zusammenfallen. Als Premierminister ist es für Putin möglicherweise sogar sinnvoll, auch den Parteivorsitz bei Einiges Russland wieder zu übernehmen, um keine innerparteiliche Konkurrenz aufkommen zu lassen.

Theoretisch kann er aber auch allein aus der Position des Parteichefs bei „Einiges Russland“ heraus der Strippenzieher bleiben. In diesem Fall würde Putin allerdings viel mehr aus dem Hintergrund agieren und stände nicht mehr im Rampenlicht.

Wie funktioniert das? Erneut kommt hier die Stärkung der Legislative zum Tragen. Damit werden auch die Parteien wichtiger. Als Chef der voraussichtlich stärksten Fraktion in der Duma kann Putin einen Vertrauten zum Premier küren, der dann seine Politik vertritt.

Da die Duma auch stärker in die Gesetzgebung eingebunden werden soll, kann sich der Premier auch keine Illoyalität gegenüber Putin erlauben und am Parlament vorbeiregieren, weil dann seine Gesetze nicht mehr abgesegnet werden.

Zusätzlich gewinnt Putin dadurch auch die Kontrolle über den Föderationsrat, das Oberhaus des Parlaments. Auch dort sind fast alle Senatoren Mitglieder des Einigen Russlands und unterliegen damit der Parteidisziplin. Der Föderationsrat aber soll künftig das Recht bekommen, den Präsidenten zumindest bei der Ernennung von hohen Beamten im Sicherheitsapparat zu beraten.

Die sogenannten Silowiki sind die Basis von Putins Macht. Alle Führungspositionen hat er mit eigenen Gefolgsmännern besetzt. Mit dem nun geplanten Mitspracherecht über den Föderationsrat sichert sich Putin als Parteichef so dagegen ab, dass der neue Präsident plötzlich alle Putin-Vertrauten aussortiert.

Variante 3: Putin wird Staatsratsvorsitzender

Dieses Szenario ist noch am undeutlichsten ausformuliert. Bisher hat der Staatsrat eine rein beratende Funktion. Den Vorsitz führt Putin, die Mitglieder sind die Gouverneure der einzelnen Region in Russland. Putin hat in seiner Rede zur Lage der Nation nur vorgeschlagen, dass der Staatsrat gestärkt werden soll. Der neue Status soll dann in der Verfassung festgeschrieben werden. Die Kompetenzen dieses Staatsrats ließ er aber vorerst völlig offen.

Anklingen ließ Putin lediglich noch, dass die Gouverneure – also der Staatsrat – stärker an der Gesetzgebung beteiligt werden sollen. Putins langjähriger Vertrauter aus Petersburger Tagen, Vizepremier Vitali Mutko, teilte jedoch später mit, dass der Staatsrat eine Funktion in der Exekutive bekommen soll.

Das ist nicht unbedingt ein Widerspruch, da bisher schon die überwältigende Mehrheit der Gesetze, die die Duma dann verabschiedet, von der Regierung oder der Präsidialverwaltung – also zwei Organen der Exekutive – initiiert werden.

Theoretisch könnte Putin also auch als Staatsratsvorsitzender weiterhin die Leitlinien der russischen Politik bestimmen, selbst wenn formal ein anderer Präsident im Kreml sitzt.

Mehr: Mit der Verfassungsänderung sorgt Putin fürs Alter vor: Da er 2024 abtreten muss, baut der amtierende Präsident vorsorglich neue Machtzentren auf. So kann er der Strippenzieher der russischen Politik bleiben.

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