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Sahap Kavcioglu Erdogans Mann für den Kampf gegen die Zinsen

Der neue türkische Notenbankchef hat die Inflationsprognose für 2021 angehoben. Damit macht sich der Bürokrat zum Gehilfen der Regierung – wie schon vor seiner Ernennung.
30.04.2021 - 16:29 Uhr Kommentieren
Der Zentralbankchef gab bekannt, dass die Türkei ihr Inflationsziel von 9,4 Prozent für dieses Jahr nicht halten kann. Er rechnet mit 12,2 Prozent. Quelle: via REUTERS
Sahap Kavcioglu

Der Zentralbankchef gab bekannt, dass die Türkei ihr Inflationsziel von 9,4 Prozent für dieses Jahr nicht halten kann. Er rechnet mit 12,2 Prozent.

(Foto: via REUTERS)

Istanbul Sahap Kavcioglu macht keinen Hehl aus seinen Ansichten über die Leitzinsen in seiner Heimat. „Die Zinsen rund um die Welt sind nahe null“, erklärte der Finanzprofessor Anfang März in einem Gastbeitrag für eine regierungsnahe türkische Zeitung. „Eine Anhebung der Leitzinsen in der Türkei zu erwägen wird unsere wirtschaftlichen Probleme nicht lösen.“

Im Nachhinein kann das Pamphlet als Bewerbungsrede gewertet werden. Zwei Wochen später wurde Kavcioglu nämlich zum Gouverneur der Notenbank ernannt. Und in dieser Woche musste er bekannt geben, was seitdem alle erwartet haben: Die Türkei wird ihr Inflationsziel von 9,4 Prozent für dieses Jahr nicht halten können. Stattdessen rechnet Kavcioglu ab sofort mit 12,2 Prozent.

Einem der wichtigsten Nachbarn der EU droht damit in diesem Jahr ein wirtschaftlich herausforderndes Jahr. Der Notenbankchef hätte die Instrumente zur Hand, um die Lage zu stabilisieren. Doch er ist nichts als eine Marionette von Staatschef Erdogan. Der will niedrige Zinsen, damit Unternehmer investieren und Jobs entstehen. Das ist nicht nur negativ für eine Volkswirtschaft. Es löst auch nicht die Probleme, die Kavicoglu lösen könnte.

Der 54-jährige Kavicoglu ist Professor für Bankwirtschaftslehre an der Istanbuler Marmara-Universität. Nach einem Abschluss in Ökonomie im westtürkischen Izmir erwarb er in Istanbul einen Abschluss als Wirtschaftsprüfer und promovierte später am Institut für Bankwirtschaft und Versicherungslehre der Marmara-Universität. Danach arbeitete er für die Esbank und für die staatliche Halkbank. Bei den Parlamentswahlen 2015 zog der AKP-Mann Kavcioglu für den ostanatolischen Bezirk Bayburt ins türkische Parlament.

Wirklich bekannt geworden ist er allerdings durch seine regelmäßigen Gastkommentare im AKP-Blättchen Yeni Safak. Die konservativ-populistische Zeitung hat sich einen Namen damit gemacht, der Regierung nach dem Mund zu reden, egal bei welchem Thema.

Kritik an der Zinspolitik des Vorgängers

Nach der letzten Zinserhöhung seines Vorgängers Naci Agbal titelte die Zeitung, die Entscheidung sei „ignorant gegenüber 83 Millionen Menschen im Land“, würde das Wachstum abwürgen und stattdessen „vor allem Londoner Spekulanten dienen“. Auch Kavcioglu hatte in einem Gastbeitrag in der Zeitung die Zinspolitik Agbals kritisiert.

Kavcioglu selbst macht nicht den Eindruck, als würde er mit Durchsetzungsfähigkeit glänzen wollen. Im Vorfeld der jüngsten Entscheidung über den Leitzins Anfang April hatten Analysten und Investoren auf eine Anhebung gehofft, während die Politik auf eine Senkung drängte. Am Ende ließ Kavcioglu den Leitzins konstant bei 19 Prozent.

Dafür ließ er in der Begründung einen entscheidenden Hinweis weg. Bei früheren Zinsentscheidungen betonte die Zentralbank regelmäßig, im Kampf gegen die Inflation alle Instrumente nutzen zu wollen. Dieser Hinweis fehlt in den schriftlichen Einlassungen des geldpolitischen Ausschusses der Zentralbank, seit Kavcioglu die Entscheidungen fällt.

Türkei: Lira im freien Fall – Amerikas Werk und Erdogans Beitrag Quelle: Reuters
Türkische Lira

Experten fürchten, dass der Drück auf die Währung noch mehr steigt.

(Foto: Reuters)

In der türkischen Öffentlichkeit kam die Ernennung Kavcioglus nicht gut an. Neben mangelnder Kompetenz kritisierten vor allem oppositionelle Medien, dass der neue Herr der Lira bei seiner Doktorarbeit abgeschrieben haben könnte.

Auch Finanzexperten im Land sehen seinen Einstieg bei der Notenbank mit Sorge. „Das legt nahe, dass die Regierung versuchen wird, die Wirtschaft erneut mit niedrigen Zinsen zu stimulieren“, sagte etwa Selva Demiralp, Wirtschaftsprofessorin an der Koc-Universität in Istanbul, nach der Ernennung Kavcioglus zum Chef der Notenbank. „Das aber verstärkt den Druck auf die Lira und könnte die Wirtschaft noch mehr belasten.“

Mehr: Harter Lockdown – die Türkei zieht die Notbremse

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