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Spanien und Portugal Schäuble verhinderte Geldbußen für Defizitsünder

Spanien und Portugal verstoßen gegen den Stabilitätspakt. Dennoch will die EU-Kommission auf Geldbußen für die Defizitsünder verzichten. Offenbar hat Finanzminister Schäuble großen Einfluss auf die Entscheidung genommen.
27.07.2016 Update: 27.07.2016 - 16:31 Uhr 16 Kommentare
Anrufe bei mehreren EU-Kommissaren. Quelle: AFP
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble

Anrufe bei mehreren EU-Kommissaren.

(Foto: AFP)

Brüssel Die EU-Kommission verzichtet auf die Empfehlung von Geldstrafen gegen Spanien und Portugal wegen jahrelanger übermäßiger Haushaltsdefizite. Trotz der Verstöße gegen den Stabilitätspakt habe sich die Behörde entschieden, keine Bußen zu fordern, sagte der für den Euro zuständige Vizepräsident der Kommission, Valdis Dombrovskis, am Mittwoch. Er verwies dabei auf die weiter schwierige wirtschaftliche Lage in den beiden Ländern.

Nach Informationen des Handelsblatts hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Brüssel interveniert, um die Geldbußen abzuwenden. Mehrere EU-Kommissare, darunter der Deutsche Günther Oettinger, hätten kürzlich deshalb einen Anruf von Schäuble erhalten, erfuhr das Handelsblatt von hochrangigen EU-Diplomaten. Einige Anrufe habe Schäuble gemeinsam mit seinem spanischen Amtskollegen De Guindos vom G20-Gipfel in China aus getätigt.

Offenbar gehe es Schäuble darum, der alten und neuen christdemokratischen Regierung in Madrid den Rücken zu stärken. Die Intervention Schäubles habe dazu geführt, dass sich in der Kommissionsitzung am Mittwoch nur noch vier Kommissare für Geldbußen ausgesprochen hätten.

Portugal und Spanien hatten trotz aller Ermahnungen im vergangenen Jahr erneut die EU-Vorgabe eines Defizits von maximal drei Prozent der Wirtschaftsleistung gerissen. 2015 betrug das Haushaltsloch in Spanien 5,1 Prozent, in Portugal 4,4 Prozent. Beide Länder hätten in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld Reformwillen unter Beweis gestellt, hieß es in der EU-Kommission. „Spanien und Portugal sind weit gekommen. Die beiden Staaten erlebten schwere Wirtschafts- und Finanzkrisen“, sagte Dombrovski. „Selbst symbolische Sanktionen (...) wären von der Öffentlichkeit nicht verstanden worden“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. „Sie sind nicht die beste Herangehensweise in Zeiten, wenn es weitgehende Zweifel an Europa gibt.“

Doch Juncker warnt Spanien und Portugal: Die Streichung der Geldstrafe bedeute nicht, dass die beiden Länder endgültig finanziell ungeschoren davon kommen würden. „Wir haben heute zwei Entscheidungen getroffen: Die Geldbuße zu streichen und die Strukturfonds auszusetzen“, sagte Juncker dem Handelsblatt. Spanien und Portugal müssten in ihren Haushaltsentwürfen für 2017 bedeutende Einsparungen einplanen, so Juncker. Nur so könnten sie die Aussetzung der Strukturfonds noch abwenden. „Die Aussetzung der Strukturfonds würde Spanien und Portugal finanziell härter treffen als es mit Geldbußen der Fall gewesen wäre“, fügte der Kommissionschef hinzu.

Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, reagierte mit scharfer Kritik auf den Verzicht auf Sanktionen. „Diese Entscheidung ist ein weiterer Schritt bei der Demontage des Stabilitäts- und Wachstumspaktes“, sagte Fuest dem Handelsblatt. „Die Mischung aus immer mehr Elementen der Solidarhaftung und fortschreitender Schwächung der fiskalpolitischen Regelbindung bedroht die Stabilität der Währungsunion und mindert das Vertrauen in die europäischen Institutionen.“

Europa leide darunter, dass es selbst geschaffenes Recht nicht ernst nehme, sagte Fuest weiter. „Auf dieser Basis ist tiefere Integration in Europa nicht möglich.“

Ähnlich äußerte sich der FDP-Finanzexperte Volker Wissing. „Eine Währungsgemeinschaft, die Verstöße gegen Schuldengrenzen sanktionslos hinnimmt, ist keine Stabilitätsgemeinschaft", sagte der Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz. "Wenn die Bundesregierung das durchgehen lässt, verabschiedet sie sich endgültig von der notwendigen Sparpolitik." Europa sei auf dem besten Weg, die gemeinsame Währung aufs Spiel zu setzen.

EU-Staaten rissen Defizit-Kriterium in 165 Fällen
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16 Kommentare zu "Spanien und Portugal: Schäuble verhinderte Geldbußen für Defizitsünder"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • I actually think that Brussels has avioded a nuclear war in the Iberian Penisula

  • Die Gesetzesverstöße der CDU und ihrer Granden lassen Böses ahnen. Wer soll denn das Land noch regieren, wenn die CDU marginalisiert ist? Vielleicht ein Gabriel mit Leuten wie Stegner zusammen mit Grünen und Linken? Ich kann gar nicht soviel fressen als ich kotzen müsste. In meinem geliebten Bayern noch einmal die CDU mit einer Merkel an der Spitze in den Sattel heben, das verbietet mir mein Gewissen,--arme CSU !!!

  • Stromverschwendung, nehmen Sie die Dame.

  • Wer kann schon Strafe bezahlen, wenn er nix mehr hat ? Oder nimmt die EU auch Schulden als Strafe, das Ganze ist doch nur noch lächerlich ? So einen Schrottladen hat die Welt noch nicht gesehen.

  • Mich erinnert diese Endlosdebatte in unserem EU-Mikrokosmos um Defizitregeln und -verstöße und ob Sanktionen oder nicht und wenn ja, welche immer mehr an den berühmten Sturm im Wasserglas.

    Hier mal eine kleine Auswahl aktuellerer - tagesaktueller - Nachrichtenschnipsel:

    „Der Bund der starken Männer“ (HB Leitartikel, S. 12)

    „Mordanschlag beim Gebet“

    „Seehofer verspricht Härte“

    Grafik des Tages (HB S. 24): „Aufstieg der Milliardäre – (…) die Ungleichheit nimmt derweil weiter zu“

    (Und für die des Englischen mächtigen vielleicht noch das hier: http://www.aljazeera.com/indepth/opinion/2016/07/world-leaders-perpetuate-failed-anti-terror-policies-160726135327587.html)

    The plot thickens.

    Von der 14. Rekordtemperaturmeldung in Folge für Juni (global natürlich) rede ich jetzt zur Abwechslung mal nicht. Hört ja eh keiner mehr zu.

    Vielleicht sollten wir alle mal ausschlafen.


    P.S.: Auf dem Titel der „ZEIT“ letzte Woche:

    „Worauf wir uns noch verlassen können -
    Anschläge, Putschversuche, Säuberungsaktionen. Wir erleben ein globales Drama. Was kommt auf uns zu? Und was gibt uns jetzt Halt? Ein Versuch, die Wochen des Wahns zu verstehen.“

    Zu „Und was gibt uns jetzt Halt?“ fällt mir spontan ein, was mir mein Vater nach einem "Heimatbesuch" von meiner (1982 verstorbenen) Oma zu berichten hatte:

    „Kann nicht mehr alleine laufen; geht jetzt immer zusammen mit Tante Mieze (Marie, hießen beide so). Die kann auch nicht mehr alleine los, weil sie kaum noch was sieht. Also muss Tante Mieze Oma stützen, und Oma muss gucken“.

    Fazit: Jeder macht das, was er am besten kann. Irgendwas kann schließlich jeder, und überflüssig ist davon gar nichts.

    Voraussetzung dafür, dass das funktionieren kann ist natürlich ein Mindestmaß an gegenseitigem Vertrauen.

  • Gollum wird die Garrotte schon wieder zudrehen, verlasst euch drauf ;-)

  • Jetzt ist die EU wirklich am Ende, da nur ein Papiertieger; jeder macht was er wil und Gesetze werden schon garnicht beachtet, sonst droh man mit Austritt, Deutschland zahlt doch sowieso.

    Schäuble, die Wahl in 2017 wird ein Desaster für die CDU werden und das ist gut so !!

  • Genauso wird es mit der Flüchtlingsquote. Alle Flüchtlinge sollen gleichmäßig in der EU verteilt werden, diverse Länder werden nicht mitmachen, dann bleibt wieder alles für Deutschland. Die ganzen Kosten, soziale Spannungen, Verbrechen etc.
    Die wollen uns wirklich fertigmachen.

  • Ich habe immer gedacht, wer Gesetze mißachet der wird angeklagt, verurteilt und bestraft. Auch oder gerade weil er andere begünstigt. Ein Bundesfinanzschäuble nimmt sich heraus, sich über Recht und Gesetz zu stellen. Der hat einen ganz anderen Eid geschworen. Der hat mit der des desolaten Finanzlage anderer EU-Staaten überhaupt nichtszu tun.

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