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Sterben für Palmöl Abgeknallt, niedergestochen, verbrannt

Es findet sich in Schokoriegeln, Bratensoße und Lippenstift: Palmöl. Der Verbrauch ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Doch die kaum zu bremsende Nachfrage kostet die Welt mehr, als sie sich leisten kann.
30.12.2017 - 10:42 Uhr Kommentieren
Die Öl-Plantagen fressen sich tief in den Regenwald und bedrohen den Lebensraum von Tieren, etwa dem Orang-Utan.
Vom Aussterben bedroht

Die Öl-Plantagen fressen sich tief in den Regenwald und bedrohen den Lebensraum von Tieren, etwa dem Orang-Utan.

Medan Dieser Schuss ging daneben. Statt die Orang-Utan-Mutter zu treffen, dringt der Betäubungspfeil aus dem Blasrohr ihrem Baby in den Oberschenkel. Hoch in der Krone des Urwaldbaumes klammern sich beide Tiere an die schwingenden Äste, mehr verärgert über die Störung als verängstigt. Eine Minute später, und das Baby fällt vom Baum – direkt in ein Tuch, das fünf Retter bereithalten. Während der Schütze das Blasrohr auf die Mutter anlegt, wird das benommene Jungtier von einem Tierarzt untersucht. Herzschlag, Atmung, Temperatur. „Es ist etwa zwei Jahre alt“, meint der Veterinär, „alles okay“. Dann fällt auch die Mutter vom Baum. Ihre langen Arme und Beine sind schlaff von der Droge, ihre Augen aber hat sie weit geöffnet. „Es wird fünf Stunden dauern, bis die beiden wieder auf den Beinen sind“, sagt Panut Hadisiswoyo, Gründer und Vorsitzender des Orang-Utan Information Centre (OIC).

Panut hält das Affenbaby in seinem Arm, als wenn es sein Kind wäre. Gut 30 Orang-Utans retten er und sein Team von 60 Helfern pro Jahr. „Wir entreißen sie nicht gerne der Natur“, erklärt der Aktivist einer Gruppe indonesischer Journalisten. „Aber es ist die einzige Möglichkeit, Orang-Utans zu retten.“ Panut und seine Mannschaft stehen in einer Plantage von Ölpalmen, rund drei Stunden nördlich der Stadt Medan auf der indonesischen Insel Sumatra. Die Affenmutter und ihr Kind haben sich aus dem Dickicht des benachbarten Urwalds auf die Anlage verirrt. Eine potenziell tödliche Situation. Für die Bauern der Umgebung sind die Tiere wertlose Schädlinge. „Zwar sind Menschenaffen streng geschützt. Es wurde aber noch nie jemand dafür verurteilt, dass er einen Orang-Utan tötet“, erzählt Panut.

Die Affenretter haben die Tiere in einer speziell gebauten Kiste gesichert und diese auf der Ladefläche eines Allradfahrzeugs fixiert. Dann geht die Fahrt los zurück in die Wildnis. Kilometerweit stehen Ölpalmen auf beiden Seiten der Straße – Hektar um Hektar, wo sich noch vor wenigen Jahren unberührter Regenwald befand. Als Zierpflanze eingeführt aus Afrika, haben sich die Palmen (Elaeis guineensis) und ihr Produkt für Indonesien und Malaysia zu einem Goldesel entwickelt. Die beiden Länder produzieren 85 Prozent des weltweit konsumierten Palmöls, Indonesien ist Weltmarktführer. Die Pflanze gedeiht hervorragend im tropischen Klima, ihre Frucht – Klumpen roter Palmnüsse, die unter den Kronen hängen – lässt sich mit geringem Arbeitsaufwand ernten und verarbeiten. Das Endprodukt ist weitaus billiger als vergleichbare Öle.

So wurde das goldgelbe Öl in nur wenigen Jahren zum Schmiermittel der globalen Lebensmittel- und Kosmetikindustrie. Laut Bloomberg verdoppelte sich der weltweite Konsum seit 2000 auf jährlich 7,7 Kilogramm pro Person. Mittlerweile findet sich Palmöl in fast allen Produkten; ob Pizzateig, Schokoriegel oder Brotaufstriche wie Nutella. Der Hersteller Ferrero bestätigt, Palmöl sei die zweitwichtigste Zutat in der braunen Paste – nach Zucker.

Ein wesentlicher Grund für die Beliebtheit des Öls sind seine einzigartigen Eigenschaften: Es kann der Oxidation besser widerstehen als andere Öle, auch in wärmeren Klimazonen. Das erlaubt die längere Lagerung von Lebensmitteln. Es ist ein perfektes Bratöl, da es sich hoch erhitzen lässt, ohne an Qualität zu verlieren. Selbst in Seife, Lippenstiften und vielen anderen Kosmetikartikeln und Pharmazeutika werden aus Palmöl gewonnene Fettsäuren verwendet. Einen geradezu kometenhaften Aufstieg hatte das Öl als „Biotreibstoff“, als vermeintlich umweltfreundliche Alternative zu Benzin und Diesel. Dabei verdient kein Produkt das Label „Bio“ so wenig. Eine Studie der Rainforest Foundation Norway (RFN) kommt zu dem Schluss, dass Treibstoffe aus Palmöl wegen des destruktiven Herstellungsprozesses „schädlicher als fossile Brennstoffe“ seien. Vor Kurzem verbot Oslo sogar die Verwendung solcher Treibstoffe in Regierungsfahrzeugen.

Folgen für das Weltklima

Palmöl sei ein Produkt der verbrannten Erde, sagt Tierschützer Panut. „Farmer und Firmen roden erst den Urwald. Dann verbrennen sie alles. Der vor der Zerstörung biologisch vielfältige Boden ist danach buchstäblich steril. Es gibt keine Lebewesen mehr.“ Ob auf der Insel Borneo, auf dem Festland von Malaysia, Sumatra oder sonst wo in Indonesien: Trotz klarer Verbote werden in den Wäldern Südostasiens jedes Jahr Tausende von Hektar Land illegal abgeholzt. Auf Sumatra konzentriert sich die Industrie auf die ausgedehnten Torflandschaften im Unterland des sonst gebirgigen Leuser-Systems. Genau dort, wo die Menschenaffen leben.

Erwachsene Affen haben da keine Chance. „Die werden einfach abgeknallt, niedergestochen, verbrannt“, sagt Panut. Ein Baby dagegen könnten die Bauern verkaufen, als Haustier. Etwa 350 Euro würden sie vom Zwischenhändler erhalten, sagt Panut, ein Vermögen in dieser Gegend, wo arme Familien von 200 Euro im Jahr lebten. „Im illegalen, länderübergreifenden Weiterverkauf, etwa an einen reichen Scheich im Nahen Osten, steigt der Preis in die Tausende, ja Zehntausende von Euro.“

Der Tierschützer des OIC, trägt bei der Arbeit eine Chirurgenmaske. Eine Schutzmaßnahme: Orang-Utan sind anfällig für fast alle Infektionskrankheiten, die von Menschen übertragen werden können. 97 Prozent ihrer Gene teilen sie mit der Gattung Homo Sapiens.
Panut Hadisiswoyo

Der Tierschützer des OIC, trägt bei der Arbeit eine Chirurgenmaske. Eine Schutzmaßnahme: Orang-Utan sind anfällig für fast alle Infektionskrankheiten, die von Menschen übertragen werden können. 97 Prozent ihrer Gene teilen sie mit der Gattung Homo Sapiens.

Sumatra-Orang-Utans (Pongo abelii) sind akut vom Aussterben bedroht: Nur noch etwa 7.500 Tiere leben in Freiheit, vorwiegend im Leuser-Ökosystem, einem von der Unesco zum Weltnaturerbe erklärten Urwaldgebiet im Zentrum von Sumatra. Mit 2,6 Millionen Hektar ist es die letzte Region auf dem Globus, wo Menschenaffen, Elefanten, Tiger und Großwild auf vergleichsweise kleinem Raum zusammenleben können. Wie Metastasen eines aggressiven Krebstumors fressen sich die Plantagen tief in den Regenwald, in Gebiete, die jahrtausendelang kaum von Menschenhand berührt worden waren.

Ian Singleton greift durch das Gitter und reicht dem massiven Menschenaffen „Leuser“ ein paar grüne Zweige. Im Quarantäne-Zentrum der Organisation Sumatran Orang Utan Conservation Program (SOCP) im Hinterland von Medan werden Tiere gepflegt, wenn sie nach ihrer Rettung nicht sofort in die Wildnis entlassen werden können. Die von Singleton geführte Anlage wurde von der Schweizer Organisation PanEco ins Leben gerufen. Der Brite gilt als weltweit führender Orang-Utan-Experte. Dutzende von Tieren hausen in großen Stahlkäfigen, mitten im Urwald. „Ziel ist die Rückführung in die Natur“, sagt Singleton, ein Mann besessen von einer Aufgabe, die er nicht als Job empfindet, sondern als Mission. Die Anlage ist auch ein Heim für Affen, für die es keine Hoffnung auf Freilassung mehr gibt. Die genaue Lage der Station ist geheim. „Besucher könnten Krankheiten einschleppen“, so Singleton. Nur selten würden Ausnahmen gemacht. Im vergangenen Jahr war Leonardo DiCaprio da, um einen Film zu drehen. Der Schauspieler ist ein engagierter Umweltschützer. Das einzigartige Leuser-Ökosystem brauche jede erdenkliche Hilfe, sagt Singleton, „denn was hier abläuft, ist ein Holocaust an der Natur“. Er nimmt dieses Wort nicht leichtfertig in den Mund.

Die Torflandschaften, die für das Palmöl zerstört werden, sind wichtige Speicher von CO2. Ihre Rodung hat nicht nur für die unmittelbar betroffenen Tiere und Pflanzen fatale Folgen, sondern auch für das Weltklima. „Tropische Torflandschaften in Indonesien und Malaysia speichern etwa 70 Gigatonnen Kohlenstoff“, schreibt die norwegische RFN. „Wenn all diese freigegeben werden, entspricht das etwa sieben Jahren globaler CO2-Emissionen.“ Ein weiteres Problem sei die Entwässerung des Bodens – notwendig, damit die Palmen rasch wachsen und schnell Gewinn bringen. Durch die Austrocknung wird das Land leicht brennbar. Geraten Tausende Quadratkilometer Urwald in Brand, wird Rauchverschmutzung zur länderübergreifenden Katastrophe. 2015 lagen Teile von Malaysia, Indonesien und Singapur wochenlang unter einer Rauchdecke. Die Rodungsfeuer sollen den vorzeitigen Tod von mehr als 100.000 Menschen verursacht haben.

Um Platz für Monokulturen aus Ölpalmen zu schaffen, werden Wälder brandgerodet – die Folgen sind Waldbrände, während derer binnen Wochen so viel Treibhausgase in die Luft geschleudert werden, wie Deutschland in einem ganzen Jahr nicht produziert.
Illegal gerodeter Urwald

Um Platz für Monokulturen aus Ölpalmen zu schaffen, werden Wälder brandgerodet – die Folgen sind Waldbrände, während derer binnen Wochen so viel Treibhausgase in die Luft geschleudert werden, wie Deutschland in einem ganzen Jahr nicht produziert.

Panut wechselt sein T-Shirt. Statt des Logos seiner Organisation zeigt es den Namen einer amerikanischen Cola-Marke. „Man darf mich nicht erkennen“, flüstert der Aktivist, als er aus dem Urwald in eine riesige Lichtung tritt, mehrere Hundert Hektar mit Gartenbeeten. Gemüse, Früchte, Bananen und Orangen – dazwischen mit Stroh bedeckte Hütten. „Alles illegal“, erklärt er. Eines Tages seien die Bagger und Kettensägen gekommen und hätten „alles abgeholzt. Dann wurden Ölpalmen gepflanzt und Gärten angelegt.“ Das geschehe jeden Tag – Hunderte von Hektar Urwald pro Jahr würden auf diese Art und Weise fallen. „Niemand unternimmt etwas dagegen, schon gar nicht der Staat.“

Korruption und Vetternwirtschaft sind endemisch in Indonesien. Häufig sind regionale Offizielle Nutznießer des Raubbaus. Politiker, Beamte, Polizisten. Die Palmölindustrie weist unter dem wachsenden Druck vonseiten der Kritiker gerne darauf hin, dass vor allem Kleinbauern vom Anbau profitierten. „Das ist kompletter Unsinn“, sagt Panut. „Die meisten Plantagen hier gehören wohlhabenden Unternehmern in den Großstädten.“ Diese wiederum verkauften ihr Produkt an Firmen, die ganz oder teilweise von einigen der reichsten Familien im Land kontrolliert würden. Laut „Forbes“ hatten die 40 wohlhabendsten Indonesier 2012 ein Gesamtvermögen von 88,6 Milliarden US-Dollar (74,5 Milliarden Euro). Neun der Ultrareichen häuften sich ihren Wohlstand zumindest teilweise mit der Herstellung von Palmöl an. Ein Indiz dafür, dass Palmölplantagen die Armen in den betroffenen Gebieten sogar benachteiligen, wie Umweltverbände sagen: Ein Baum saugt pro Tag 15 Liter Wasser aus dem Boden. Dadurch senke sich der Grundwasserspiegel, erklärt Panut. „Viele Dörfer müssen heute aus dem Tanklaster mit Wasser versorgt werden.“

Der Aktivist führt ein gefährliches Leben. „Ich habe viele Feinde“, sagt er, als er und seine Helfer ein mit Gemüse und Orangenbäumen bepflanztes Feld am Rande einer 500 Hektar großen illegalen Ölplantage entlanggehen. „Die gehört einem Geschäftsmann aus Medan.“ Man gehe in Sumatra nicht sanft um mit Umweltaktivisten, die sich in den wichtigsten Wirtschaftsbereich einmischen. Neben der Rettung von Orang-Utans spüren Panut und seine Helfer illegale Plantagen auf.

Indonesien ist Palmöl-Weltmeister

Die Betreiber dieser illegalen Anlagen erhalten dann von Panut ein Ultimatum. Sie könnten noch eine gewisse Zeit bleiben und ihre Feldfrüchte ernten, solange sie sich verpflichten, danach zu verschwinden. Die Behörden seien dabei aber nur unter großem Druck eine Hilfe. Das Gebiet wird anschließend wieder mit Urwaldvegetation bepflanzt. „Das ist die gute Nachricht“, erklärt Panut. „Der Urwald kommt zurück. Die Natur holt sich, was ihr gehört.“ Panut hat nichts gegen Palmöl, nur gegen die Art und Weise, wie es produziert wird. „Die Industrie könnte sich problemlos auf bestehende Flächen konzentrieren. Es gibt genügend freies minderwertiges Agrarland.“ So ist er auch gegen den Boykott von Palmöl, den verschiedene Umweltschützer fordern. „Aber es muss aus nachhaltigem Anbau kommen.“

Palmöl und seine Folgen
Eine illegale Plantage
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In den Hauptanbauländern Indonesien und Malaysia, erschweren lokale Machtstrukturen und Korruption die Umsetzung von Umweltauflagen.

Palmölnüsse
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In tropischen Ländern werden für den Anbau von Ölpalmen riesige Flächen Urwald brandgerodet. Der extensive Anbau schädigt die Umwelt und auch die Arbeitsbedingungen der Landarbeiter sind immer wieder Gegenstand von Kritik.

Palmoelnuesse
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Ölpalmen benötigen viel weniger Platz als Alternativen, um dieselbe Menge Öl zu produzieren: Während sich auf einem Hektar Anbaufläche 3,3 Tonnen Palmöl gewinnen lassen, liegt der Ertrag von Raps-, Kokos- und Sonnenblumenöl bei nur 0,7 Tonnen. Aus Sojapflanzen lassen sich auf derselben Fläche sogar nur 0,4 Tonnen Öl produzieren. Das macht Palmöl mit 700 bis 1.200 US-Dollar pro Tonne auch günstiger als andere Öle.

Gesundheitliche Auswirkungen
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Um die rote Farbe und den unangenehmen Geruch der natürlichen Nuss zu beseitigen, wird das Öl auf über 200 Grad erhitzt, Dabei entstehen so genannte Glycidil-Ester. Die europäische Behörde für Lebensmittelschutz (efsa) gab im Mai eine Studie heraus: Glycidil-Ester und das bei der Verdauung daraus entstehende Glycidol, stufte sie darin als karzinogen und gentoxisch ein. Das heißt, Glycidol ist krebserregend. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt deshalb, Palmöl so weit wie möglich zu vermeiden. Die europäische Kommission hat im Herbst deswegen erst einmal Grenzwerte für Glycidil-Ester festgelegt.

Orang-Utan Rettungsstation
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In der Quarantäne-Zentrum der Organisation Sumatran Orang Utan Conservation Program (SOCP) im Hinterland von Medan, hausen dutzende von Tieren in großen Stahlkäfigen, mitten im Urwald. Eine Gruppe von Wärtern füttert die Affen, pflegt sie bei Krankheit, versorgt ihre Wunden.

Orang Utan Baby
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Die Orang-Utans, die es nur auf Sumatra und Borneo gibt, brauchen nach wie vor dringend Hilfe: Obwohl sie schon seit mehr als 60 Jahren unter Schutz stehen, landen noch immer Tiere auf dem Schwarzmarkt. Manche von ihnen werden in Kleidchen gezwängt und wie Puppen behandelt, andere sogar als Sexsklaven missbraucht. Die Zerstörung ihres Lebensraumes für Palmölplantagen ist als Problem in den letzten Jahren hinzugekommen.

Vom Aussterben bedroht
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Die Öl-Plantagen fressen sich tief in den Regenwald und bedrohen den Lebensraum von Tieren, etwa dem Orang-Utan.

Indonesien ist der weltgrößte Hersteller von Palmöl, gefolgt von Malaysia und Thailand. 2016 produzierte das Land in Sumatra, wo sich 70 Prozent der Plantagen befinden, und auf Kalimantan/Borneo (30 Prozent) auf einer Gesamtfläche von 11,8 Millionen Hektar 32 Millionen Tonnen Öl. Mit einem Wert von 18,6 Milliarden US-Dollar pro Jahr ist Palmöl das drittwichtigste Ausfuhrprodukt des Landes, nach Kohle und Erdöl. Anpflanzung und Verarbeitung beschäftigen direkt und indirekt etwa drei Millionen Menschen. Über die Hälfte der Plantagen gehören großen indonesischen Palmölkonzernen wie Astra Agro Lestari und Bakri Sumatera Plantations. Etwa 40 Prozent werden von kleineren bis mittelgroßen Landwirtschaftsfirmen und Unternehmern kontrolliert, knapp über sechs Prozent vom Staat.

Der Verband der indonesischen Palmölhersteller strebt einen Ausbau der Produktion bis 2020 auf jährlich 40 Millionen Tonnen an. Durch eine Erhöhung der Subventionen für „Bioöl“ und Steuererleichterungen für Palmölprodukte machte die indonesische Regierung vor zwei Jahren deutlich, dass sie den Ausbau der Industrie fördern wird. Die wachsende Kritik an den Folgen für die Umwelt zwingt Jakarta allerdings dazu, Maßnahmen gegen die Waldzerstörung zu ergreifen, zumindest auf dem Papier.

Schließlich fordern immer mehr Abnehmerländer, das Öl müsse unter den vergleichsweise strengen Produktionsvorschriften des malaysischen „Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO)“ hergestellt werden. So schuf Indonesien mit „Indonesian Sustainable Palm Oil (ISPO)“ ein eigenes Zertifizierungsverfahren, das jedoch international nicht anerkannt ist.

2016 verhängte der indonesische Präsident Joko Widodo auf Druck von Umweltorganisationen ein Moratorium über die Ausstellung neuer Plantagenlizenzen. Die Durchsetzung sei allerdings ebenso wenig erfolgt wie die konsequente Ahndung illegaler Rodungen, sagen Kritiker. Aktivisten wie Panut Hadisiswoyo appellieren an die Verbraucher in den Exportländern, Großabnehmer von Palmöl wie Nestlé und Unilever direkt zur Verantwortung zu ziehen.

Die meisten westlichen Unternehmen haben zwar auf Druck von Organisationen wie dem WWF Kontrollmechanismen eingeführt, um den Ankauf von sogenanntem „Konflikt-Palmöl“ zu vermeiden. Eine hundertprozentige Sicherheit böten diese Maßnahmen aber nicht, sagen Experten. Der WWF empfiehlt Verbrauchern, beim Kauf von Produkten auf die Zertifizierungsmarken von RSPO und Green Palm zu achten. Steht auf der Ölflasche in der Küche als Inhaltsvermerk „Vegetable Oil“, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich um Palmöl handelt.

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