Steuernachlässe Kampf um Wettbewerbsfähigkeit: Wie Griechenland Fusionen fördern will

„Wir wissen, dass unsere Unternehmen wettbewerbsfähiger werden müssen.“
Athen Die griechische Regierung will kleine und mittelgroße Unternehmen mit Steuernachlässen zur Zusammenarbeit und Zusammenschlüssen bewegen. Diese Firmen zahlen für die nächsten drei Jahre ein Drittel weniger Steuern auf ihre Gewinne. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, der jetzt dem Parlament in Athen zur Beratung vorliegt.
Die Regelung soll am 1. Januar 2022 in Kraft treten. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis erklärt: „Wir wissen, dass unsere Unternehmen wettbewerbsfähiger werden müssen.“ Mit den geplanten Anreizen wolle die Regierung „Zusammenschlüsse fördern, um die Firmen zu stärken“, so der Premier.
Kleine Unternehmensgrößen sind ein chronisches Problem der griechischen Wirtschaft. Daten des staatlichen Statistikamts Elstat von Ende September zeigen: 95 Prozent aller griechischen Firmen beschäftigen weniger als zehn Mitarbeitende. Im EU-Durchschnitt macht der Anteil dieser Kleinstunternehmen nur etwa 30 Prozent aus. Von den knapp 719.000 Unternehmen in Griechenland haben lediglich 550 mehr als 250 Beschäftigte. Diese – für griechische Verhältnisse – „Großunternehmen“ erwirtschaften 32 Prozent der gesamten Umsätze. Das zeigt den Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Produktivität.
Aus eigener Kraft zu wachsen ist für die meisten kleinen und mittelgroßen Unternehmen sehr schwer. Sie sind oft unterkapitalisiert und haben Liquiditätsprobleme. Der Zugang zu Bankkrediten scheitert meist an der mangelnden Bonität oder daran, dass diese Unternehmen personell gar nicht in der Lage sind, die von den Kreditinstituten geforderten Geschäftspläne auszuarbeiten.
„Wir wollen diesen kleinen und mittleren Unternehmen helfen, damit sie wachsen können“, erklärt Alex Patelis, Chefwirtschaftsberater von Ministerpräsident Mitsotakis, dem Handelsblatt. Die Firmen sollen „in die Lage versetzt werden, ihre Produktivität zu steigern, innovativer zu werden und mehr zu investieren“, sagt Patelis.
Voraussetzung: Weniger als 250 Mitarbeiter
Erreichen will die Regierung dieses Ziel mit der Förderung von Fusionen und Übernahmen, aber auch mit Plattformen für die Bildung von Unternehmensclustern, etwa bei der Beschaffung, im Marketing und Vertrieb. Unternehmen, die andere Firmen übernehmen oder sich mit ihnen zusammenschließen, zahlen für die nächsten drei Jahre auf ihre Gewinne nur 15,5 Prozent statt der üblichen 22 Prozent Steuern, ein Nachlass von 30 Prozent.
Gefördert werden Zusammenschlüsse von Firmen, die jeweils weniger als 250 Mitarbeitende beschäftigen und nicht mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaften. Es gibt auch eine Untergrenze: Der Jahresumsatz der fusionierenden Firmen muss zusammen mindestens 450.000 Euro betragen.
Die Steuervergünstigung gibt es überdies nur, wenn der Umsatz des Zusammenschlusses mindestens 50 Prozent über dem Ergebnis des größten Partners liegt. So soll verhindert werden, dass größere Unternehmen Kleinunternehmen aufkaufen, um sie aus dem Markt zu drängen. Das Ziel ist, Fusionen ähnlich großer Firmen zu fördern.
Prüfungen während der Antragsverfahren sollen sicherstellen, dass nur solche Zusammenschlüsse gefördert werden, die tatsächlich zu mehr Wertschöpfung und höherer Wettbewerbsfähigkeit führen sowie mit den Zielen der EU beim Klimaschutz und der Digitalisierung vereinbar sind, heißt es im griechischen Finanzministerium.
Griechenland muss handeln, sonst gibt es keine EU-Gelder
Das Förderkonzept für Unternehmensfusionen ist eine von 15 Vorgaben, die Griechenland für die Bewilligung der Mittel aus dem EU-Aufbauplan (RRF) umsetzen muss. Mit dem Fonds will die EU die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie abfedern und die Mitgliedstaaten krisenfest aufstellen.
Vorrangig gefördert werden Investitionen in die Digitalisierung und Klimaneutralität.
Aus dem Fonds erwartet die Regierung in Athen in den nächsten Jahren Zuschüsse von 17,8 Milliarden und zinsgünstige Kredite von 12,7 Milliarden Euro. Mit einem Teil dieser Darlehen will die Regierung Investitionen fusionierter Unternehmen fördern. Die Kredite aus dem EU-Aufbauplan können bis zu 40 Prozent der Investitionssumme ausmachen.
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