Streit mit Peking Rückschlag für Chinas globales Prestigeprojekt: Australien stoppt Seidenstraßen-Deal

Mit der öffentlichen Zurückweisung von Xis Seidenstraßen-Projekt, beschert Australiens Premier Scott Morrison seinem chinesischen Amtskollegen einen schweren Gesichtsverlust.
Bangkok/Berlin Australien versetzt dem außenpolitischen Vorzeigeprojekt von Chinas Präsident Xi Jinping einen kräftigen Dämpfer: Die Regierung in Canberra kündigt eine Vereinbarung im Rahmen von Xis Hunderte Milliarden Dollar schwerer Seidenstraßen-Initiative einseitig auf. Der Deal mit den Chinesen sei nicht mit Australiens Außenpolitik vereinbar, erklärte Außenministerin Marise Payne.
China reagierte empört: Weitere Schäden für die bilateralen Beziehungen seien mit dieser Entscheidung programmiert, teilte am Donnerstag die chinesische Botschaft mit. „Australien drohen ernste Konsequenzen für diese unvernünftige Provokation Chinas“, titelte die „Global Times“, das Sprachrohr der Kommunistischen Partei in Peking.
Mit der öffentlichen Zurückweisung von Xis Seidenstraßen-Projekt, das auch unter dem Namen „Belt and Road“-Initiative (BRI) bekannt ist, beschert Australiens Premier Scott Morrison seinem chinesischen Amtskollegen einen schweren Gesichtsverlust. Der Rückschlag in Ozeanien reiht sich ein in eine lange Liste von Problemen, mit denen Chinas ambitionierte globale Infrastrukturinitiative zuletzt zu kämpfen hatte.
Die Coronakrise brachte die mit chinesischen Darlehen finanzierten Projekte weltweit ins Straucheln: Eine Umfrage des chinesischen Außenministeriums hatte im vergangenen Jahr ergeben, dass 40 Prozent der BRI-Vorhaben, die von Südostasien über Afrika bis nach Europa reichen, von der Pandemie negativ betroffen seien.
Ein Fünftel der Projekte meldete sogar ernsthafte Probleme. Unter anderem konnten vielfach Bauarbeiten aufgrund von Corona-Maßnahmen nicht mehr fortgesetzt werden – es kommt deshalb zu erheblichen Verzögerungen.
China meldet neue Probleme von Xi Jinpings Seidenstraßen-Initiative
Laut einem neuen Bericht von Chinas Staatlicher Kommission für Entwicklung und Reform sind inzwischen weitere Probleme hinzugekommen: „In einigen BRI-Ländern gibt es hohe geopolitische Risiken“, zitierte am Dienstag die „South China Morning Post“ aus dem Dokument. Die Coronakrise habe die Risiken vergrößert. „Internationale Handelskonflikte und die Pandemie haben dazu geführt, dass Länder um strategische Rohstoffe und die Verteilung von Ressourcen konkurrieren.“
Um strategische Fragen geht es auch den Australiern bei ihrer Absage an Chinas Seidenstraße. Die nun abgeblasene Vereinbarung hatte die Regierung in Peking 2018 und 2019 mit dem australischen Bundesstaat Victoria, in dem die Metropole Melbourne liegt, ausgehandelt, was der Regierung in Canberra schon damals missfiel.

Die Spannungen zwischen Australien und China hatten im vergangenen Jahr deutlich zugenommen, nachdem der australische Premier eine unabhängige Aufklärung der Coronavirus-Ursprünge in China gefordert hatte.
Im vergangenen Jahr führte die australische Bundesregierung dann ein neues Gesetz ein, das ihr bei solchen Deals ein Vetorecht ermöglicht. Dieses nimmt Morrison nun in Anspruch.
Man könne solche Verträge nicht erlauben, weil diese von der Regierung in Peking nur zur Propaganda missbraucht würden, sagte Verteidigungsminister Peter Dutton. Er fügte hinzu, dass seine Regierung kein Problem mit dem chinesischen Volk habe, wohl aber mit den Werten von Chinas Kommunistischer Partei.
Die Spannungen zwischen Australien und China hatten im vergangenen Jahr deutlich zugenommen, nachdem Morrison eine unabhängige Aufklärung der Coronavirus-Ursprünge in China gefordert hatte. Zudem hatte Australien neue Regeln eingeführt, um Übernahmen durch chinesische Firmen zu erschweren und den chinesischen Konzern Huawei von Zulieferungen für das 5G-Netz des Landes ausgeschlossen. China reagierte mit einer Reihe von neuen Zöllen und Handelsschranken für australische Exportgüter, die Teile der Wirtschaft empfindlich getroffen haben.
Australien möchte seine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Reich der Mitte verringern. „Wir wollen unsere Handelsbeziehungen so weit wie möglich diversifizieren“, sagte der australische Handelsminister Dan Tehan in einem Gespräch mit dem Handelsblatt. Canberra setzt dabei unter anderem auf einen schnellen Abschluss eines Freihandelsabkommens mit der EU.
Zugleich bleibe China für Australien ein natürlicher und wichtiger Absatzmarkt, weil sich beide Volkswirtschaften sehr gut ergänzten, so Tehan. China ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner Australiens, fast 40 Prozent der Exporte gehen in das Reich der Mitte, und mehr als ein Viertel aller Importe kommen von dort.
Australien nimmt Vergeltungsmaßnahmen aus Peking in Kauf
Die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen von Canberras Veto gegen Victorias Seidenstraßen-Beteiligung dürften sich in Grenzen halten. Bisher bestand die Vereinbarung erst aus einer Absichtserklärung für eine verstärkte Kooperation mit dem Ziel, „das Engagement von chinesischen Infrastrukturunternehmen bei Victorias Bauprogrammen“ zu erhöhen. Konkrete Projekte wurden noch nicht angestoßen.
Australien ist nicht das erste Land, das mit den BRI-Programmen Probleme hat. Xi hatte die Initiative 2013 ins Leben gerufen – offenkundig mit dem Ziel, Chinas internationalen Einfluss auszubauen. Aus Sicht von Kritikern sorgten die von der Regierung in Peking angebotenen Finanzierungen aber vielfach für eine nur schwer tragbare Schuldenlast in den BRI-Ländern. China sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, die Länder in eine Schuldenfalle zu treiben, um sie wirtschaftlich abhängig zu machen.
In Sri Lanka erlangte China die Kontrolle über einen strategisch wichtigen Hafen, nachdem das Land die Schulden nicht mehr bedienen konnte. Malaysia hatte ein milliardenschweres BRI-Bahnprojekt aufgrund zu hoher Kosten zwischenzeitlich komplett abgeblasen – und erst nach einer massiven Budgetkürzung wieder aufgenommen. Auch in Indonesien wurden Chinas Vorhaben als überteuert kritisiert.
Australiens Rückzug könnte die BRI-Skepsis weiter vergrößern. Mögliche Vergeltungsmaßnahmen aus Peking nimmt die Regierung in Canberra dabei in Kauf. Verteidigungsminister Dutton sagte, er wäre „sehr enttäuscht“, wenn China mit Gegenmaßnahmen antworten würde. Er fügte aber hinzu: „Wir lassen uns von niemandem schikanieren.“
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Sieh an, die Australier sind offenbar das gallische Dorf in der Asien-Pazifik-Region.