Streit um belgische AKWs: Brüssel will Anlagen nicht abschalten
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Streit um belgische AKWsBrüssel will Anlagen nicht abschalten
Die Bundesregierung hat die belgische Regierung darum gebeten, zwei umstrittene Atomkraftwerke vom Netz zu nehmen. Grund sind nicht näher erklärbare Risse in einem Reaktorblock. Brüssel will davon aber nichts wissen.
20.04.2016 - 13:56 Uhr
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Der belgische Atomreaktor Doel
Der Reaktor aus dem Jahr 1975 war in letzter Zeit mehrfach abgeschaltet worden.
Berlin/Brüssel Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat Belgien aufgefordert, zwei Atomkraftwerke wegen Sicherheitsbedenken vorsorglich vom Netz zu nehmen. Bei den Reaktorblöcken Drei in Doel und Zwei in Tihange könnten Experten derzeit nicht garantieren, dass bei einem Störfall die Sicherheitsreserven eingehalten würden, erklärte die SPD-Politikerin am Mittwoch in Berlin. Zu dieser Einschätzung komme die deutsche Reaktorsicherheitskommission in einer Stellungnahme für das Ministerium. Es gebe den Experten zufolge aus heutiger Sicht aber auch „keine konkreten Hinweise, dass die Sicherheitsabstände aufgezehrt sind“.
Die beiden Reaktorblöcke sollten Hendricks zufolge vorübergehend vom Netz genommen werden, bis die offenen Sicherheitsfragen geklärt seien. In den Reaktordruckbehältern waren demnach Wasserstoffflocken gefunden worden. Wenn Belgien diesen Schritt mache, wäre das nach Hendricks Worten „ein starkes Zeichen der Vorsorge. Und er würde zeigen, dass Belgien die Sorgen seiner deutschen Nachbarn ernst nimmt“.
Die beiden Atomanlagen hatten auch im Zusammenhang mit den Anschlägen in Brüssel am 22. März Schlagzeilen gemacht. Sie waren damals aus Sicherheitsgründen teilweise geräumt worden. Tihange liegt knapp 60 Kilometer von Aachen entfernt, das Werk Goel befindet sich unweit der Hafenstadt Antwerpen.
Die deutschen Atomkraftwerke und ihre Restlaufzeiten
Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima 2011 nahm die Bundesregierung ihre erst ein Jahr zuvor vereinbarte Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke zurück und beschloss einen schrittweisen Atomausstieg. Statt frühestens 2036 soll nun der letzte Meiler bis 2022 vom Netz gehen. Acht AKW wurden 2011 sofort stillgelegt.
Der Rückbau wird Jahre dauern und Milliarden kosten - hinzu kommen die ungewissen Kosten bei der Endlagerung des Atommülls. Die Restlaufzeiten der noch in Betrieb befindlichen Reaktoren:
Haupteigentümer: EnBW
Nennleistung in Megawatt: 1395
Restlaufzeit: fünf Jahre (1989 - 2022)
Haupteigentümer: EnBW
Nennleistung in Megawatt: 1458
Restlaufzeit: zwei Jahre (1984 - 2019)
Haupteigentümer: Eon
Nennleistung in Megawatt: 1475
Restlaufzeit: fünf Jahre (1988 - 2022)
Haupteigentümer: RWE/Eon
Nennleistung in Megawatt: 1344
Restlaufzeit: bis Ende des Jahres (1984 - 2017)
Haupteigentümer: RWE/Eon
Nennleistung in Megawatt: 1344
Restlaufzeit: vier Jahre (1984 - 2021)
Haupteigentümer: Eon
Nennleistung in Megawatt: 1360
Restlaufzeit: vier Jahre (1984 - 2021)
Haupteigentümer: RWE/Eon
Nennleistung in Megawatt: 1400
Restlaufzeit: fünf Jahre (1988 - 2022)
Haupteigentümer: Eon/Vattenfall
Nennleistung in Megawatt: 1440
Restlaufzeit: vier Jahre (1986 - 2021)
Belgien will der Forderung der Bundesregierung vorerst nicht nachkommen, die umstrittenen Atomkraftwerke Doel vom Netz zu nehmen. „Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass die Akw-Blöcke Doel 3 und Tihange 2 die höchsten Sicherheitsanforderungen erfüllen und es zurzeit keinen Grund gibt, unsere Auffassung zu ändern“, sagte der Generaldirektor der belgischen Bundesagentur für Atomsicherheit (AFCN), Jan Bens, am Mittwoch in Brüssel.
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Die Äußerungen von Bundesumweltministerin Hendricks hätten die AFCN „überrascht“, wie es in einer schriftlichen Stellungnahme der Agentur heißt. Die Agentur verwies auf ein Treffen mit Vertretern des Bundesumweltministeriums und der deutschen Reaktor-Sicherheitskommission am 5. und 6. April in Brüssel. Bei diesen Gesprächen seien die deutschen Bedenken zwar angesprochen worden, hätten aber den AFCN Beschluss nicht in Frage stellen können, den Betrieb von Doel 3 und Tihange 2 wieder aufzunehmen.