Streit um die Abspaltung Schleichende Radikalisierung in Katalonien

Der Konflikt um die Abspaltung hat sich mit der Entscheidung des Verfassungsgerichts verschärft.
Madrid In Katalonien gibt es seit Jahrzehnten nationalistische Tendenzen. Die Menschen in der malerischen Region am Mittelmeer legen viel Wert auf ihre eigene Sprache, Kultur und Tradition. Der langjährige katalanische Ministerpräsident Jordi Pujol, der von 1980 bis 2003 regierte, hat sich nach der Unterdrückung während der Franco-Diktatur für einen gemäßigten Nationalismus in Katalonien eingesetzt.
Im Zweiparteiensystem Spaniens war seine Partei Convergència i Unió (CiU) für mehrere spanische Premierminister ein wichtiger Mehrheitsbeschaffer. Diese Zustimmung ließ sich Pujol bezahlen und sicherte Katalonien so Autonomierechte und Einfluss. Es war jahrelang eine Win-win-Situation, während der in Katalonien das Selbstbewusstsein und der „nationale“ Stolz wuchs.
Von einer verfassungswidrigen Abspaltung wie sie etwa die baskische Terrororganisation ETA damals für das Baskenland forderte, war in Katalonien lange Zeit keine Rede.
Auf der Suche nach dem Grund, wie es zu der aktuell teil fanatischen Unabhängigkeitsbewegung kommen konnte, gibt es je nach politischem Lager zwei Erklärungen. Die katalanischen Separatisten nennen das Jahr 2010 als Wendepunkt. Damals erklärte das spanische Verfassungsgericht wichtige Teile des 2006 beschlossenen katalanischen Autonomie-Statuts für ungültig. Dieses „Estatut“ hatte das Verhältnis zwischen Katalonien und der Zentralregierung neu geregelt und Katalonien unter anderem den Status einer Nation innerhalb des spanischen Staates eingeräumt. Es wurde vom katalanischen und vom nationalen Parlament in Madrid verabschiedet, in dem damals die Sozialisten regierten.
Rajoys konservative Partei PP rief anschließend aber das Verfassungsgericht an, das im Jahr 2010 entscheidende Teile des Estatus für ungültig erklärte. Viele Katalanen fühlten sich betrogen. „Hätten wir das Estatut von 2006 behalten, wären wir heute nicht da, wo wir sind, sagt die separatistische Bürgermeisterin von Girona, Marta Madrenas. Seit 2012 haben sich die Kundgebungen zum spanischen Nationalfeiertag zu Massenprotesten ausgeweitet, bei denen Hunderttausende in Barcelona für die Loslösung von Spanien demonstrieren.
Kritiker halten diese Begründung dagegen für einen Vorwand. Sie machen die schwere Wirtschaftskrise Spaniens für den Zulauf zu den Separatisten verantwortlich. Während in anderen Ländern die Globalisierung oder die EU für nationale Probleme verantwortlich gemacht würden, habe es die katalanische Regierung jahrelang verstanden, Madrid die Schuld für die Krise und alles, was in der Region schief läuft, zu geben.
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