Studie Warum Private-Equity-Unternehmen einen schlechten Ruf haben

Die Insolvenz der Einzelhandelskette sollen Finanzinvestoren verschuldet haben.
Frankfurt Nicht erst, seit der SPD-Politiker Franz Müntefering das Sprachbild der „Heuschrecken“ für sie schuf, haben Private-Equity-Unternehmen einen schlechten Ruf. Schon der Begriff für die Branche, „privates Beteiligungskapital“, ist eine Reaktion darauf, dass der offenherzigere Vorgängername Leveraged Buy-out, zu Deutsch „gehebelter Unternehmenskauf“, einen schlechten Klang bekommen hatte.
Regulierer begleiten die Aktivitäten der Branche zunehmend kritisch und restriktiv. In den USA befasst sich der Kongress mit einem „Stop Wall Street Looting Act“, zu Deutsch etwa: „Gesetz zum Stoppen des Raubzugs der Wall Street“. Das Geschäftsmodell von Private Equity sieht so aus: Eine Private-Equity-Gesellschaft legt einen Fonds auf, in den private oder institutionelle Investoren Anlagekapital einbringen.
Die Entscheidungsbefugnis liegt allein bei den Führungskräften der Private-Equity-Gesellschaft. Diese bringt in der Regel selbst nur einen sehr kleinen Teil des Kapitals ein, bekommt aber für ihre Bemühungen einen großen Anteil am etwaigen Gewinn einer späteren Veräußerung und eine erfolgsunabhängige Vergütung.
Der Beteiligungsfonds kauft Unternehmen oft als gehebelte Übernahme. Dabei wird der Kaufpreis weitgehend finanziert, indem den übernommenen Unternehmen die Bedienung eines Kredits aufgebürdet wird, mit dem der Kauf finanziert wurde. Das belastet die Ertragskraft der Zielunternehmen und dünnt ihre Eigenkapitalbasis aus. Dadurch werden sie anfälliger für Insolvenzen. Daher der schlechte Ruf von Leveraged Buy-outs.
Sechs Ökonomen, unter anderem von den Universitäten Chicago und Harvard, haben in dem Aufsatz „The Economic Effects of Private Equity Buyouts“ für 6.000 Private-Equity-Übernahmen in den USA von 1980 bis 2013 untersucht, wie sich Beschäftigung, Löhne und Arbeitsproduktivität in den Folgejahren entwickelt haben. Vergleichsbasis waren ähnliche Unternehmen derselben Branche ohne Private-Equity-Beteiligung.
Beschäftigung sinkt
Sie stellten fest, dass die Beschäftigung in den übernommenen Betrieben im Durchschnitt in den zwei Jahren nach der Übernahme um 4,4 Prozent zurückging. Früheren Studien zufolge setzen sich die Arbeitsplatzverluste über diese zweijährige Untersuchungsperiode hinaus fort, sodass der gesamte Arbeitsplatzabbau größer sein dürfte. Die Vergütung je Arbeitnehmer sank um durchschnittlich 1,7 Prozent. Gleichzeitig stieg der Ertrag je Arbeitnehmer um acht Prozent.
Die Arbeitsplatzverluste könnten durch einen sogenannten Selektionseffekt noch größer sein als in der Studie ermittelt. Die aufgekauften Unternehmen werden mit Unternehmen ähnlicher Größe und ähnlichen Alters in derselben Branche verglichen, in die kein Beteiligungskapital investiert wurde. Die Private-Equity-Gesellschaften sind aber bestrebt, sich Unternehmen mit guten Perspektiven herauszusuchen.
Soweit ihnen das gelingt, ist der Vergleich mit Unternehmen, die sie sich nicht ausgesucht haben, verzerrt. Zwar betonen die Autoren auf Anfrage, dass sie die jeweilige Unternehmensentwicklung in den zwei Jahren vor dem Übernahmejahr als Kontrollvariable berücksichtigt haben. Das könnte aber ein zu grober Maßstab sein, um von gleich guten Zukunftsperspektiven der ausgewählten und nicht ausgewählten Unternehmen ausgehen zu können.
Der Durchschnittswert verdeckt beträchtliche Unterschiede je nachdem, welcher Art das Zielunternehmen ist. Wenn Unternehmensteile und wenn börsennotierte Unternehmen durch Private Equity aufgekauft werden, sind die Beschäftigungswirkungen besonders negativ. Dagegen sind sie beim Kauf von nicht börsennotierten Unternehmen positiv.
Die Autoren erklären den markanten Unterschied so: „Bei Käufen nicht börsennotierter Unternehmen ist es eher wahrscheinlich, dass finanzielle Engpässe behoben und Managementmethoden verbessert werden.“ Darin sind sie sich einig mit einer Kritikerin des Private-Equity-Gewerbes, der stellvertretenden Chefin des Center for Economic and Policy Research (CEPR), Eileen Appelbaum.
Sie trat in einer Kongressanhörung zum „Stop Wall Street Looting Act“ als Expertin auf. Dabei erklärte sie die Tatsache, dass kleinere Private-Equity-Fonds besser abschneiden als die großen Megafonds damit, dass die kleineren Fonds vor allem kleine und mittlere Unternehmen kauften, die von Finanzmitteln und vom Management-Know-how der Private-Equity-Firmen profitieren können. Zudem bürdeten sie den Zielunternehmen weniger Kredite auf als die großen Fonds.
Größe als Problem
Während allerdings Appelbaum in einer Rezension der Studie aus Chicago und Harvard von einer „alles in allem vernichtenden Analyse der Rolle von Private Equity in der Wirtschaft“ spricht, sind die sechs Autoren in ihrem Resümee deutlich gnädiger mit der Branche: „Kurz gefasst ist der Einfluss von Private Equity komplexer und unterschiedlicher, als Befürworter und Gegner behaupten.“
Appelbaum kritisiert vor allem die sehr großen Private-Equity-Fonds. Diese neigten allein schon wegen des Umfangs der anzulegenden Mittel dazu, große, erfolgreiche Unternehmen aufzukaufen. Bei diesen gebe es wenige Möglichkeiten, durch Verbesserung des Managements oder Lockerung finanzieller Restriktionen den Unternehmenserfolg zu steigern.
Diese Private-Equity-Gesellschaften versuchten daher, mit Strategien aus einer Übernahme Gewinn zu machen, die oft zum Nachteil von Arbeitnehmern, Kunden und Gesamtgesellschaft seien. Ein typisches Ziel solcher Strategien seien Einzelhandelsunternehmen, weil diese oft über wertvolle Immobilienbestände verfügten und viel Eigenkapital hielten, um für zyklische Absatzkrisen gewappnet zu sein.
Gleichzeitig haben sie einen großen Umsatz, den die Private-Equity-Käufer nutzen können, um hohe Zahlungen für Beratungsleistungen aus dem Unternehmen zu ziehen. Durch Schuldenaufnahme kann die Wirkung des angestrebten Gewinns auf die Rendite des schmaler werdenden Eigenkapitals gehebelt werden.
Der Gewinn lässt sich kurzfristig unter anderem dadurch nach oben treiben, dass Grundstücke und Immobilien verkauft und zurückgeleast werden. Wenn es gut läuft, die Zinsen bis zum Ausstieg des Investors nicht kräftig steigen und der Absatz nicht einbricht, lässt sich auf diesem Weg viel Geld aus dem Unternehmen ziehen.
Eine wichtige Vorschrift im diskutierten „Stop Wall Street Looting Act“ sieht deshalb vor, dass die Private-Equity-Firmen im Insolvenzfall mit für die Schulden haften, die Unternehmen auf ihre Initiative hin aufgenommen haben. Appelbaum zeichnet zum Beleg der Notwendigkeit einer solchen Regel in ihrer Stellungnahme nach, wie die Private-Equity-Firmen, die die Einzelhandelskette Toys ’R’ Us gekauft hatten, trotz der Pleite des Unternehmens einen Gewinn machten.
Sie hätten über Beratungsgebühren und Ähnliches vorher mehr Geld aus dem Unternehmen gezogen, als sie in Form ihres bescheidenen Eigenkapitalinvestments durch die spätere Insolvenz verloren.
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