Südamerika Argentinien einigt sich mit Gläubigern auf Schuldenerlass
London Argentinien nach eigenen Angaben mit seinen Gläubigern geeinigt. Argentinien habe eine „erhebliche Schuldenerleichterung“ für die Schulden in Höhe von 68 Milliarden Dollar erreicht, erklärte Wirtschaftsminister Martín Guzmán in der Nacht auf Dienstag per Twitter. Die drei entscheidenden Gläubigergruppen hätten sich daran beteiligt. Details nannte Guzmán jedoch nicht. Argentinien ist seit dem 22. Mai zum dritten Mal seit der Jahrtausendwende zahlungssäumig.
In Buenos Aires heißt es, dass sich Regierung und Gläubiger bei einem Wert von 54 bis 55 Dollar für 100 Dollar Nominalschuld geeinigt hätten. Wichtiger ist jedoch, dass es Argentinien anscheinend gelungen ist, die ersten massiven Rückzahlungen und Tilgungen der neuen Bonds auf frühestens 2025 zu schieben.
Anscheinend ist auch den Gläubigern klar geworden, dass Argentinien wegen der schweren Rezession seit drei Jahren und der Pandemie noch länger nicht in der Lage sein wird, Staatseinnahmen für den Schuldendienst abzuzweigen. „Entscheidend ist, dass Argentinien mit der Einigung eine Quelle der Unsicherheit ausgeschaltet hat, welche jede wirtschaftliche Erholung verhindern würde“, sagt Daniel Artana, Chefökonom des angesehen Wirtschaftsinstituts Fiel.
Auch an den Märkten wurde der Deal positiv aufgenommen. Der Kurs der bis 2117 laufenden hundertjährigen Anleihe stieg in der Spitze um rund 13 Prozent. Der Leitindex Merval kletterte um knapp sieben Prozent.
Doch noch gibt es keine Entwarnung für Argentinien: Das Land muss sich jetzt mit dem Internationalen Währungsfonds IWF einigen, dem es rund 44 Milliarden Dollar schuldet. Ab 2022 stehen jährliche Rückzahlungen in Höhe von 18 Milliarden Dollar an. Argentinien wird gegenüber Washington nun ebenfalls versuchen, die Rückzahlungsfristen weiter in die Ferne zu schieben und zu reduzieren.
Die Frage ist, ob die Regierung von Alberto Fernández Auflagen für Wirtschaftsreformen akzeptieren wird. Bisher verlaufen die wirtschaftlichen Maßnahmen der Regierung des Peronisten in die entgegengesetzte Richtung: Mit Kapitalverkehrskontrollen, fixen Wechselkursen sowie Preisstopps für viele Lebensmittel versucht die Regierung den Dollarabfluss anzuhalten und die Inflation zu stabilisieren.
Die Geldentwertung ist mit 45 Prozent bereits extrem hoch und die Devisenreserven sind bedenklich gesunken, trotz der Kontrollen. Die Wirtschaftsleistung könnte dieses Jahr um 13,5 Prozent einbrechen, fürchtet die Bank of America. „Die entscheidende Frage ist, wie die Regierung den versprochenen Primärüberschuss im Haushalt erreichen will“, sagt Ökonomin Artana. Schon jetzt nimmt Argentinien acht Prozent weniger ein, als es ausgibt. Und die Zinszahlung sind in dieser Rechnung noch nicht enthalten.
Bisher versucht die Regierung die sozialen Folgen der Pandemie durch Sozialausgaben, Preisstopps und Entlassungsverbote zu mildern – und ansonsten mit Gelddrucken über die Runden zu kommen. „Wenn die Regierung die wirtschaftlichen Problem weiterhin monetär löst, dann besteht die Gefahr, dass sie die Erholung der Wirtschaft abwürgt“, sagt die Ökonomin Marina Dal Poggetto von Estudio EcoGo.
Doch wegen der wachsenden Infektionszahlen hat die Regierung gerade wieder die Massenquarantäne-Maßnahmen verschärft. Ökonom Miguel Kiguel sagt deshalb zur Einigung: „Das Abkommen verhindert großen Schaden, aber es garantiert noch keine bessere Zukunft.“
Mehr: Die Verhandlungen zogen sich über viele Monate hin. Zuletzt hatte Argentinien ein Angebot seiner Gläubiger abgelehnt.
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bisschen wenig Infos in dem Artikel. Wie hoch war der Haircut in % diesmal? Warum "investieren" große Gesellschaften immer wieder Geld in argentinische Anleihen, obwohl sie doch wissen, was kommt?
Warum haben Länder wie Argentinien keine Zentralbank wie wir, die einfach Geld druckt indem sie die Staatsanleihen aufkauft?
Gute Nachricht. Eine Insolvenz waere fuer alle Beteiligten schlimmer - fuer Argentinien
natuerlich am schlimmsten.