Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Technologiebranche Regulierungsoffensive in den USA bringt Tech-Riesen in Bedrängnis

US-Präsident Joe Biden will Facebook, Amazon und Co. schärfer regulieren. In seinem Fokus stehen drei Bereiche. Hilfe erhält er von den Republikanern.
18.03.2021 - 15:51 Uhr Kommentieren
Die Logos von Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft auf einem Smartphone und einem Notebook. Quelle: AFP
Big Tech

Die Logos von Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft auf einem Smartphone und einem Notebook.

(Foto: AFP)

San Francisco, New York, Berlin Als Joe Biden im Januar 2020 gefragt wurde, was er von „Big Tech“ im Allgemeinen und Facebook im Besonderen halte, hätte seine Antwort kaum deutlicher ausfallen können: „Ich war noch nie ein großer Zuckerberg-Fan. Ich denke, er ist ein echtes Problem“, sagte der Demokrat damals über den Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Man müsse sich nicht nur über die Machtkonzentration in der Tech-Branche Sorgen machen, sondern auch über den Mangel an Privatsphäre.

Damit distanzierte sich der heutige US-Präsident Biden nicht nur vom Kuschelkurs der Regierung Obama gegenüber den Ikonen aus dem Silicon Valley. Er steckte auch die drei Fronten ab, an denen er jetzt gegen die Marktmacht der Techgiganten in die Offensive gehen will: den Datenschutz, die Kontrolle der Inhalte in den sozialen Medien und das Kartellrecht.

Ein Jahr später und 50 Tage nach Bidens Amtsantritt hat der Regulierungsdruck auf die großen Technologiekonzerne an allen drei Fronten spürbar zugenommen. Kalifornien hat ein Datenschutzgesetz verabschiedet, das noch über die strenge Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hinausgeht. Der Vorstoß hat zugleich Forderungen nach einem nationalen Datenschutzgesetz befördert, die inzwischen selbst Techmanager wie Microsoft-Präsident Brad Smith unterstützen.

Biden selbst hat sich für eine Aufhebung der Sektion 230 im Communications Decency Act von 1995 ausgesprochen, die Facebook, Twitter und andere Firmen praktisch von einer Haftung für die Inhalte freispricht, die auf ihren Plattformen verbreitet werden. Diese Bestrebungen werden von den Republikanern unterstützt – allerdings aus anderen Motiven. Sie sehen die Meinungsfreiheit ihrer ideologischen „Lautsprecher“ auf den Plattformen eingeschränkt, weil Facebook und Twitter auch Ex-Präsident Donald Trump verbannten, nachdem er in den sozialen Medien immer wieder „Fake News“ verbreitet hatte.

Der wichtigste und für die Techbranche gefährlichste Angriff kommt jedoch von den Kartellwächtern in den USA. Bereits unter der Trump-Regierung hatten das Justizministerium und die Wettbewerbshüter der Federal Trade Commission (FTC) zwei richtungsweisende Kartellverfahren gegen Google und Facebook eingeleitet.

Facebook im Visier der Wettbewerbshüter

„Facebooks Handlungen zur Festigung seines Monopols verweigern den Verbrauchern die Vorteile des Wettbewerbs. Unser Ziel ist es, das wettbewerbsfeindliche Verhalten von Facebook zurückzudrängen und den Wettbewerb wiederherzustellen“, schrieb die FTC zur Begründung ihrer Klage, die von mehr als 40 US-Bundesstaaten unterstützt wird und eine Abspaltung der zuvor übernommenen Konkurrenten Instagram und WhatsApp von Facebook fordert.

Die Federal Trade Commission (FTC) ist die wichtigste Wettbewerbsbehörde in den USA. Quelle: AFP
Federal Trade Commission in Washington

Die Federal Trade Commission (FTC) ist die wichtigste Wettbewerbsbehörde in den USA.

(Foto: AFP)

„Auch unter Trump waren das Justizministerium und die FTC hinter Big Tech her. Das wird weitergehen“, sagt James Keyte voraus, Direktor des Kartellrechtsinstituts der renommierten Fordham-Universität in New York. Leicht werden es die Kartellwächter allerdings nicht haben. „Sie müssen vor Gericht beweisen, dass es ein ausgrenzendes Verhalten gab und einen Schaden für die Verbraucher“, erklärt Keyte. „Außerdem wird der Supreme Court in seiner heutigen Zusammensetzung eher der traditionellen (wirtschaftsliberalen) Denkschule aus Chicago folgen, was eine zusätzliche Herausforderung darstellt.“

Konzerne reagieren mit Gegenklagen

Die Techkonzerne reagieren auf die Angriffe denn auch mit Gegenklagen. Facebook beantragte vergangene Woche, das Kartellverfahren noch vor der ersten Verhandlung abzuweisen. „Wir glauben, die Regierung sollte keinen zweiten Versuch bekommen“, schrieb Facebook auf seinem Firmenblog. Als die Akquisitionen von Instagram und WhatsApp vor neun beziehungsweise sieben Jahren überprüft wurden, hätte die Regierung keine Bedenken angemeldet. Facebook stehe zudem in deutlich härterem Wettbewerb, als die Kläger anerkennen würden.

Dass Biden seinen Regulierungskurs gegen Big Tech weiter verschärfen will, zeigen auch seine jüngsten Personalentscheidungen, mit denen er Tim Wu und Lina Khan, zwei langjährige Kritiker von Big Tech, in Schlüsselpositionen seiner Regierung holen will. Der 49-jährige Rechtsprofessor Wu wurde zum Mitglied des National Economic Council (NEC) Bidens berufen und hat bereits angekündigt, dass mehr als 20 Jahre nach dem Wettbewerbsverfahren gegen Microsoft „der kartellrechtliche Winterschlaf“ vorbei sei. Die erst 32-jährige Kartellrechtlerin Khan hat sich mit ihren Untersuchungen über Amazons Marktmacht einen Namen gemacht und soll nach dem Willen des US-Präsidenten in das Führungsgremium der Wettbewerbsbehörde FTC aufsteigen.

Gefragt, was sie antreibe, antwortete die Professorin der Columbia Law School in einem Podcast: „Ich denke, es war die Erkenntnis, dass Firmen, wenn sie so groß werden, wirklich in der Lage sind, unkontrollierbare und willkürliche Macht auszuüben. Und im Extremfall fangen sie wirklich an, als eine Art private Regierung zu funktionieren.“

Hilfe für klassische Medienhäuser

Flankiert wird Bidens Regulierungsoffensive gegen Big Tech im Kongress von der demokratischen Senatorin Amy Klobuchar aus Minnesota, die das amerikanische Kartellrecht durch schärfere Sanktionen für den Missbrauch von Marktmacht und strengere Kontrolle von Firmenübernahmen und Fusionen stärken will. Im Repräsentantenhaus kämpft ihr Parteikollege David Cicilline aus Rhode Island dafür, dass lokale Medienunternehmen ein größeres Stück vom Werbekuchen jener Onlineriesen erhalten, die mit Nachrichten ihre Reichweite vergrößern.

Die demokratische Senatorin aus Minnesota führt den Kampf gegen Big Tech im Kongress. Quelle: AP
Amy Klobuchar

Die demokratische Senatorin aus Minnesota führt den Kampf gegen Big Tech im Kongress.

(Foto: AP)

Ein Gesetzentwurf im US-Repräsentantenhaus soll es Medienunternehmen erlauben, gemeinsam mit Facebook und Google über die Bezahlung journalistischer Inhalte zu verhandeln. Das Gesetz würde nicht so weit gehen wie das Vorbild in Australien, wo die Regierung die Unternehmen in Verhandlungen zwingen wollte. Doch das US-Gesetz würde die Position der Verlage stärken, weil sie bisher gar nicht Seite an Seite mit den Technologie-Plattformen verhandeln dürfen – sie würden damit nämlich zum Kartell.

„Die Lokalmedien dieses Landes sind in Lebensgefahr“, sagte Cicilline, der den Kartellausschuss des Repräsentantenhauses führt und vergangenen Juli eine vielbeachtete Anhörung mit den Chefs von Apple, Amazon, Google und Facebook leitete.

Zur gleichen Zeit versuchen amerikanische Lokalpolitiker in North Dakota mit einem neuen Gesetz Google und Apple dazu zu bringen, den App-Entwicklern einen höheren Anteil aus den Einnahmen ihrer App-Stores zu überlassen. Ähnliche Attacken gibt es auch in Arizona

Ob der Kurswechsel in den USA zu einer transatlantischen Allianz gegen Big Tech führt, ist jedoch keineswegs ausgemacht. „Ich bin mir sicher, dass wir nichts sehen werden, was mit den jüngsten Entwicklungen in Großbritannien oder der EU vergleichbar ist“, sagt Kartellrechtler Keyte. „Für jede Art von US-Antitrust-Regulierung dürfte es schwierig sein, genug Stimmen im Senat zu finden, auch wenn es auf der republikanischen Seite gewisse Bedenken gegenüber Big Tech gibt.“

Mehr: Widerstand gegen Big Tech wächst auch in der Heimat des Silicon Valleys

Startseite
Mehr zu: Technologiebranche - Regulierungsoffensive in den USA bringt Tech-Riesen in Bedrängnis
0 Kommentare zu "Technologiebranche: Regulierungsoffensive in den USA bringt Tech-Riesen in Bedrängnis"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%