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Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs EU ringt auf Sondergipfel um Sanktionen gegen Weißrussland – Zypern blockiert

Deutschland drängt auf ein härteres Vorgehen gegen den weißrussischen Machthaber Lukaschenko. Doch Zypern bremst drastische Schritte aus – bisher.
01.10.2020 - 12:52 Uhr 1 Kommentar
In Brüssel spricht Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihren EU-Amtskollegen über härtere Sanktionen gegen Weißrussland. Quelle: dpa
EU-Sondergipfel

In Brüssel spricht Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihren EU-Amtskollegen über härtere Sanktionen gegen Weißrussland.

(Foto: dpa)

Brüssel Ein Ziel wird den EU-Sondergipfel an diesem Donnerstag prägen: Die 27 Staats- und Regierungschefs müssen eine weitere außenpolitische Blamage im Ringen um härtere Sanktionen gegen Weißrussland (Belarus) verhindern. Der Wille zu härteren Sanktionen gegen das autoritäre System von Präsident Alexander Lukaschenko ist vor allem seitens der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zwar groß. Ob sich die 27 Staats- und Regierungschefs diesmal einigen können, ist aber mehr als fraglich.

Besonders ein EU-Mitglied bremst: Zypern hatte zuletzt ein härteres Vorgehen gegen Weißrussland verhindert. Die Mittelmeerinsel verlangt für die Aufgabe seiner Blockadehaltung im Gegenzug wiederum Sanktionen gegen die Türkei wegen seiner völkerrechtswidriger Gasexplorationen im östlichen Mittelmeer.

Die Bundesregierung bemüht sich im Streit mit der Türkei um Deeskalation, ebenso wie EU-Ratspräsident Charles Michel: „Unser Ziel ist es, einen Raum für einen konstruktiven Dialog mit der Türkei zu schaffen, um Stabilität und Sicherheit in der gesamten Region zu erreichen und die volle Achtung der Souveränität und der souveränen Rechte aller EU-Mitgliedstaaten zu gewährleisten“, schrieb Michel an die Staats- und Regierungschefs.

„Verpasst die EU die Chance, sich geschlossen für Sanktionen zu entscheiden, droht die EU nach außen endgültig in der außenpolitischen Irrelevanz zu versinken und ihre ohnehin schwächelnde Glaubwürdigkeit gänzlich zu ruinieren“, sagte Nicola Beer (FDP), Vizepräsidentin des Europaparlaments, dem Handelsblatt in Brüssel. „Von den EU-Staats- und Regierungschefs erwarte ich, Haltung zu zeigen.“

Insgesamt kommt nicht nur von Beer, sondern aus dem gesamten EU-Parlament Unterstützung für Deutschland im Ringen um härtere Sanktionen: Die EU-Vertretung lässt keinen Zweifel daran, dass ein härteres Vorgehen folgen wird. Gleich zu Beginn des EU-Gipfels wird Parlamentspräsident David Sassoli sprechen.

FDP fordert gezielte, personenbezogene Sanktionen

FDP-Politikerin Beer verlangt gegen Lukaschenko und dessen Machtzirkel gezielte, personenbezogene Sanktionen für Menschenrechtsverletzungen nach dem Modell des Magnitsky-Act zu erlassen. Das 2016 verabschiedete unter US-Präsident Barak Obama verabschiedete Gesetz ermächtigt die US-Regierung weltweit Verantwortliche von Menschenrechtsverletzungen zu bestrafen, indem es ihre Vermögen einfriert und die Einreise verhindert.

„Mit Sanktionen erhöhen wir den Druck, die selbsternannten Machthaber zur Aufnahme von Gesprächen mit der weißrussischen Opposition zu treiben, mit dem Ziel, mit allen Parteien am Tisch freien und fairen Wahlen den Weg zu bereiten“, sagte Parlamentsvize Beer.

Zuletzt hatten EU-Kommission und EU-Parlament aber vor allem Symbolpolitik betrieben. So wurde Oppositionsführerin Svetlana Tichanowskaya zwar vom EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zum Frühstück in Brüssel eingeladen und durfte anschließend vor dem EU-Parlament sprechen. Sanktionen aber gegen den Machtzirkel in Minsk gab es nicht.

„Will die EU ihren geopolitischen Anspruch ausbuchstabieren und endlich – seit Bestehen der Union – den außenpolitischen Katzentisch verlassen, so muss sie ihre eigene Machtgrammatik definieren“, fordert Beer.

Machthaber aller Welt würden die EU endgültig gedanklich ins „außenpolitische Poesiealbum“ befördern. „Blumige Worte, keine Taten – selbst bei Gefahr im Verzug. Das wäre es dann gewesen mit dem ,geopolitischen Anspruch‘“, sagte die liberale Europapolitikerin.

Top-Themen des Gipfels: China, Nawalny, Berg-Karabach

Die 27 Staats- und Regierungschefs kämpfen mal wieder mit einem alten Problem: das Prinzip der Einstimmigkeit. Damit die EU schneller und wirkungsvoller handeln könnte, bräuchte es eine qualifizierte Mehrheit. Doch dieser Wechsel ist nicht in Sicht.

So wird der politische Kuhhandel wohl weitergehen, diesmal mit dem Blockierer Zypern. In Brüssel will sich niemand vorstellen, dass es zu keinem Kompromiss kommt. „Im Kreise der 27 wäre kein Beschluss zu Sanktionen eine politische Bankrotterklärung“, sagt Beer.

Zum Auftakt der EU-Gipfels stehen drei weitere große Themen auf der Tagesordnung: die Beziehungen mit China, der Giftanschlag auf den russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny und Eskalation in der Konfliktregion Berg-Karabach im Kaukasus. Zuletzt gab es bei den Handelsgesprächen zwischen Brüssel und Peking Mitte September keine großen Fortschritte.

Um wirtschaftspolitische Themen wie den Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit Großbritannien für die Zeit nach der Brexit-Übergangsphase ab Januar 2021, Fragen des Binnenmarkts, der Digital- und Industriepolitik wird es erst am Freitag gehen.

Vor allem in der digitalen Aufholjagd Europas im Wettbewerb mit den USA und China wollen die Staats- und Regierungschefs wichtige Impulse setzen. Eine zentrale Rolle spielt dabei digitale Souveränität Europas, wie sie zuletzt Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Grundsatzrede eingefordert hatte. Der deutschen Ratspräsidentschaft liegt insbesondere die europäische Cloud Gaia-X am Herzen.

Mehr: Zypern lässt EU-Sanktionen gegen Weißrussland scheitern

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1 Kommentar zu "Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs: EU ringt auf Sondergipfel um Sanktionen gegen Weißrussland – Zypern blockiert"

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  • Die Spielregel der Einstimmigkeit in der EU ist eine Spielregel die ein Zusammenspiel behindert.

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