Treffen der Regierungschefs Berlin ringt um Trump-Strategie
„Auch wir werden Gegenmaßnahmen ergreifen“ – So reagiert Deutschland auf Trumps G7-Rückzieher
Düsseldorf, Peking, Qingdao Es ist ein Foto, das in die Geschichtsbücher eingehen wird. Mit beiden Händen stützt sich Kanzlerin Angela Merkel auf einen schmalen Tisch, hinter dem sich US-Präsident Donald Trump auf einem Stuhl verschanzt hat. Seine Arme sind verschränkt, der Blick fast teilnahmslos. Dicht um Merkel gedrängt stehen die anderen Weltenlenker, sie wirken ratlos und erschöpft. Jahrzehntelang haben die mächtigen Industrienationen eine Einheit gebildet, auch im Streit hielten sie zusammen. Doch Trump hat kein Interesse an Kooperation. Sein Verständnis von internationaler Politik lautet: Amerika gegen den Rest der Welt.
Auf dem G7-Gipfel in Kanada ist die Spaltung des Westens offen hervorgetreten. Einiges spricht dafür, dass Historiker die Geschehnisse des Wochenendes als Startpunkt für einen globalen Handelskrieg benennen werden, vielleicht sogar als Anfang vom Ende der westlichen Allianz. Trump führt die USA in die Isolation.
Der US-Präsident wirkte im kanadischen Charlevoix blind für die Bemühungen seiner engsten Verbündeten, wo er sich keine 24 Stunden aufhielt und früher als alle anderen abreiste. Trump machte deutlich, dass er internationale Foren nicht mehr zur Verständigung nutzen will. Stattdessen erpresste er seine Partner, insbesondere Europa.
Based on Justin’s false statements at his news conference, and the fact that Canada is charging massive Tariffs to our U.S. farmers, workers and companies, I have instructed our U.S. Reps not to endorse the Communique as we look at Tariffs on automobiles flooding the U.S. Market!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 9. Juni 2018
„Wenn sie das System nicht reparieren, werden wir keinen Handel mit ihnen treiben“, erklärte er mit Blick auf die EU. „Die EU ist brutal zu den USA“, kritisierte Trump weiter. „Und die Europäer wissen das. Sie lächeln mir ins Gesicht und können selbst nicht glauben, dass sie so lange davongekommen sind.“
Dass Trump rückwirkend seine Zustimmung zur Abschlusserklärung per Tweet zurückzog, ist einmalig und war sogar für enge Mitarbeiter überraschend. Nur Stunden vor dem Eklat hatte das Weiße Haus mehrfach versichert, Trump werde sich an die Abmachung halten. Doch der Präsident habe keine andere Wahl gehabt, nachdem Premier Justin Trudeau sagte, Kanada lasse sich von den USA beim Handel nicht herumschubsen, sagt Trumps Berater Larry Kudlow. Dies sei ein „Verrat“ gewesen, Trudeau habe Trump „hinterrücks erstochen“. Trump werde aber vor dem Treffen mit Nordkorea nicht den Anflug von Schwäche zeigen.
Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro legte auf Twitter nach: „Es gibt einen besonderen Platz in der Hölle für jeden ausländischen Anführer, der böswillige Diplomatie mit Präsident Donald J. Trump betreiben will.“
Berlin arbeitet an neuer Strategie
Deutschland muss sich nun in einer neuen Welt zurechtfinden. Es hat gedauert, doch inzwischen setzt sich in Berlin die Erkenntnis durch: Auf Trumps Amerika ist kein Verlass. Im Auswärtigen Amt wird daher an einem Konzept für den Umgang mit den USA gearbeitet – erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik. Damit stellt Deutschland den bisher wichtigsten Verbündeten auf eine Stufe mit geopolitischen Gegenspielern wie China und Russland.
Ein wichtiges Element der Amerika-Strategie ist eine Stärkung der EU. Außenminister Heiko Maas (SPD) wird seine Gedanken in den nächsten Tagen skizzieren.
Bereits am Freitag hatte das US-Magazin „New Yorker“ über die deutsche Amerika-Strategie berichtet und damit Wirbel im außenpolitischen Establishment Washingtons ausgelöst. Doch es war nicht Maas, sondern sein Vorgänger Sigmar Gabriel, der die Ausarbeitung einer US-Strategie angestoßen hat. „Wir haben so etwas für Russland und China“, sagte Gabriel vergangenen Oktober. „Für Amerika werden wir eine entwickeln müssen.“
Das Amerika-Referat des Auswärtigen Amts hatte daraufhin einen Entwurf erstellt, doch der verschwand erst einmal in der Schublade. Die Bundesregierung versuchte es stattdessen mit einer Politik des Durchlavierens – geleitet von der Hoffnung, die schlimmsten Befürchtungen würden nicht eintreten. Erst mit der Berufung der Hardliner John Bolton und Mike Pompeo ins Kabinett, dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran und der Verhängung von Stahlzöllen gegen die EU ist eine neue Dringlichkeit entstanden.
Ein Konzept für den Umgang mit Washington wird sich mit der Frage beschäftigen müssen, wie nachhaltig Trump Amerika verändert. Ist seine Politik nur eine Anomalie, ein Irrtum der Geschichte? Der frühere CIA-Chef John Brennan bezeichnete Trump nach dem G7-Desaster als „vorübergehende Verirrung“ und versprach den Verbündeten der USA: „Das Amerika, das Ihr einmal kanntet, wird zurückkehren.“ Und der republikanische Senator John McCain behauptete: „Amerika steht an Eurer Seite, auch wenn es unser Präsident nicht tut.“
Doch solche Appelle sind Wünsche, keine Gewissheiten. Trump ist letztlich ein Symptom für die tiefe Unzufriedenheit mit der globalen Führungsrolle der USA, die sich angesichts von industriellem Niedergang und Einkommensstagnation in weiten Teilen der Bevölkerung breitgemacht hat.
„Allianzen, die man pflegen, in die man auch investieren muss, auch um Macht zu projizieren, haben in Washington an Bedeutung verloren“, sagt der deutsche US-Botschafter Peter Wittig. „Damit verabschiedet sich die Regierung von der außenpolitischen Tradition der Nachkriegszeit – und vom Konzept des Westens als Wertebündnis.“
Anklageschrift gegen Deutschland
Vor allem die Exportnation Deutschland will die Lage nicht komplett eskalieren lassen. Merkel signalisierte in Kanada Bereitschaft für neue Gespräche und sagte, man könne einige von Trumps Ideen als „Ausgangspunkt“ für weitere Verhandlungen nehmen. Gemeint war ein Vorschlag, mit dem Trump seine Partner zusätzlich irritierte: Er strebe eine Welt ohne Zölle, Barrieren und Subventionen an, das sei die „ultimative Lösung“, bekräftigte er.
Der US-Präsident ließ offen, wie sich diese Vision ausgerechnet durch radikale, einseitig installierte Strafmaßnahmen realisieren lassen sollte. Zwar hatten die USA und die EU schon einmal an einem transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) gearbeitet. Aber nach seiner Wahl ließ Trump die Idee sterben.
„Der Vorschlag Trumps, innerhalb der G7 alle Handelsbarrieren abzubauen, wäre natürlich der richtige Weg“, sagt der Präsident des Außenhandels-Verbandes, Holger Bingmann, dem Handelsblatt. Doch mit der „Verweigerung eines neuen Handelsabkommens und der Konzentration auf reine Zollfragen unterschlägt der US-Präsident die Chance auf deutlich höhere Handelserleichterungen, die bei TTIP auf dem Tisch lagen, etwa dem Abbau regulatorischer Hindernisse“, so Bingmann.
Inzwischen treibt die US-Regierung sogar Pläne für Autozölle voran. Navarro veröffentlichte pünktlich zum Gipfel einen Beitrag in der „New York Times“, der einer Anklageschrift gegen Deutschland gleichkam. „Deutschland verkauft uns drei Autos für jedes Auto, das wir exportieren“, schrieb Navarro und versprach: „Die Ära der Selbstgefälligkeit ist vorbei.“ Dabei sind Trumps Vorwürfe nach Ansicht von Ökonomen haltlos.
„Trump verbreitet Fehlinformationen“, sagt Ifo-Präsident Clemens Fuest. So behaupte er, europäische Unternehmen würden mehr in den USA verdienen als umgekehrt. „Das stimmt nicht. 2017 hatten die USA gegenüber der EU einen Handelsbilanzüberschuss von 14 Milliarden Dollar“, so Fuest. Bei Dienstleistungen und Unternehmensgewinnen erzielten die USA einen Überschuss, der das Warendefizit mehr als ausgleiche.
Trumps brachialer Kurs stößt allerdings auch an Grenzen. Der Handelskonflikt mit China scheint festgefahren. Das Weiße Haus schickt regelmäßig Unterhändler nach Peking, die mit leeren Händen zurückkehren. Das große Zugeständnis haben die USA China bislang nicht abringen können. Stattdessen konnte Peking Washington davon überzeugen, den chinesischen Telekommunikationskonzern ZTE vor der Pleite zu retten – obwohl das Unternehmen seit Jahren unter Spionageverdacht steht.
Während sich die G7 in Kanada stritt, zelebrierte ein Bündnis asiatischer Staaten im chinesischen Qingdao seine Eintracht. Eingeladen waren unter anderem der indische Ministerpräsident Narendra Modi und Russlands Präsident Wladimir Putin. Xi Jinpings Auftaktrede, in der der chinesische Präsident den „Geist von Schanghai“ pries, konnte man als Seitenhieb auf die Geschehnisse in Kanada interpretieren.
Er drängte auf eine Einstellung, „die sich auf Gemeinsamkeiten konzentriert und Differenzen beiseite schiebt“. Modi und Xi ist das schon gelungen. Die beiden Staatsoberhäupter hatten sich vor sechs Wochen zusammengesetzt und einen Neuanfang erklärt. Der Zeitpunkt für neue Allianzen ist besser denn je.
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Wer nicht blauäugig die Weltpolitik der USA beleuchtet hat, mußte sich von etlichen Politikern, Medienmachern und verblendeten Deutschen anhören, daß man ein
Putin-Versteher, ein Russenfreund usw. ist.
Seit der Wiedernerveinigung Deutschlands ist die USA unzuvwerlässig geworden.
Aber die Ex-FDJ-Funktionärin mit Namen Angele Merkel ist sämtlichen USA-Präsidenten
in den Hin........., Verzeihung, hinterher gelaufen.
Sie hat auch schon damals "IHREN" Kapitaleignern in der Welt Gutes getan.
@ H. Tauber
Sie haben absolut Recht,:
...aber Sie tut praktisch nichts, für die steuerzahlenden Deutschen. ....
Übrigens: Hat Sie noch N I E getan.
the stupid german
Ach, Frau Merkel. Sie wollen und sie werden ihre ganze Kraft einsetzen.... Ich kann es nicht mehr lesen (diese Sendung der Vorsitzende des Zentralkomitees schau ich mir schon lange nicht mehr an). Sie drehen und wenden sich, aber sie tun nichts praktisches für die steuerzahlenden Deutschen. In der Welt stellen sie nichts positives mehr da. Auf einmal wollen sie sogar auf den Herrn Kurz zugehen!!!!!!!!!