Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Treffen in Berlin Libyen-Gipfel ohne Griechenland verärgert Athener Regierung

Gegenüber Merkel hat Griechenlands Premier Mitsotakis beklagt, in Berlin nicht am Tisch sitzen zu dürfen. Athen droht mit Blockade von EU-Beschlüssen.
17.01.2020 - 17:00 Uhr Kommentieren
Der griechische Premier wäre beim Berliner Libyen-Gipfel gerne dabei. Quelle: Reuters
Kyriakos Mitsotakis

Der griechische Premier wäre beim Berliner Libyen-Gipfel gerne dabei.

(Foto: Reuters)

Athen Kurz vor dem Beginn der Berliner Libyen-Konferenz verschärfen sich die Konflikte im östlichen Mittelmeer. Die Türkei will nach den Worten von Staatschef Recep Tayyip Erdogan in den von Ankara beanspruchten Gewässern „so schnell wie möglich“ mit der Suche nach Erdgas beginnen. Erdogan beruft sich dabei auf ein umstrittenes Seegrenzen-Abkommen mit der libyschen Regierung.

Athen protestiert – und ist verärgert, weil Griechenland in Berlin nicht mit am Tisch sitzen darf. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis telefonierte deswegen am Freitag mit Kanzlerin Angela Merkel. Der griechische Regierungschef habe der Kanzlerin gegenüber sein Missfallen geäußert, weil er keine Einladung zu der Berliner Konferenz bekommen hat, teilte das Büro des Premiers mit.

Auch in einem Fernsehinterview äußerte sich Mitsotakis am Donnerstagabend seinen Ärger: „Es ist falsch, dass wir nicht eingeladen wurden“, sagte Mitsotakis. „Wir haben Seegrenzen mit Libyen, und wir hätten in Berlin mit am Tisch sitzen sollen, um über die Zukunft eines Landes zu sprechen, dessen Stabilität für Europa und insbesondere für Griechenland von Interesse ist.“

Die Entwicklung im libyschen Bürgerkrieg und die wachsenden Spannungen im Verhältnis zur Türkei hängen aus griechischer Sicht eng miteinander zusammen. Die Türkei hatte Ende November mit dem von der Uno anerkannten libyschen Regierungschef Fajis al-Sarradsch ein Abkommen über die Aufteilung der Seegebiete im Mittelmeer geschlossen. Die Vereinbarung ignoriert die Wirtschaftszonen, die Griechenland nach der Uno-Seerechtskonvention für die Inseln Kreta, Karpathos, Rhodos und Kastelorizo zustehen. Die Europäische Union betrachtet das Abkommen daher als völkerrechtswidrig und ungültig. Auch die USA verurteilten die libysch-türkische Vereinbarung als „kontraproduktiv und provozierend“ und als Verstoß gegen internationales Recht.

Athen droht nun mit einer Blockade in der EU. Mitsotakis kündigte an, Griechenland werde in der EU alle Beschlüsse zu einer Friedensvereinbarung für Libyen mit seinem Veto blockieren, so lange das umstrittene libysch-türkische Abkommen nicht vom Tisch ist. Die Annullierung des umstrittenen Seegrenzen-Abkommens sei für Griechenland eine unverzichtbare Voraussetzung für eine Friedenslösung in Libyen.

Absage an EastMed-Erdgaspipline

Der Konflikt um die Bodenschätze im Mittelmeer könnte viel Sprengkraft entwickeln. Denn nicht nur will die Türkei selbst nach Erdgas bohren, sie will Projekte anderer Länder in dem betroffenen Seegebiet behindern. So erteilte Erdogan den Plänen Griechenlands, Zyperns und Israels zum Bau der EastMed-Erdgaspipeline vom östlichen Mittelmeer nach Italien eine Absage.

Ohne die Erlaubnis Ankaras dürfte die Leitung nicht gebaut werden, da sie durch das von Libyen und der Türkei beanspruchte Seegebiet führe, sagte der türkische Staatschef. Die EU fördert das EastMed-Pipelineprojekt finanziell, und die USA unterstützen es politisch, weil die Leitung Europa unabhängiger von russischem Erdgas machen soll.

Der griechische Premier Mitsotakis entgegnete in einem Fernsehinterview, Griechenland werde „alles Notwendige“ tun, um seine Souveränitätsrechte zu verteidigen, wenn die Türkei mit Bohrungen in Gewässern beginne, die zur griechischen Wirtschaftszone gehören.

Der türkische Außenminister Cavusoglu hatte bereits im Dezember angekündigt, die Türkei werde ihre Ansprüche im Mittelmeer, wenn nötig, „selbstverständlich“ mit militärischen Mitteln durchsetzen. Wie das aussehen könnte, demonstrierte die Türkei bereits gegenüber Zypern. Ankara liegt auch mit der Inselrepublik, deren Norden die Türkei seit 1974 militärisch besetzt hält, wegen der Bodenschätze im Clinch: Die Türkei erkennt weder den EU-Staat Zypern an, noch dessen Wirtschaftszone, die der Inselstaat unter Berufung auf die Seerechtskonvention der Vereinten Nationen abgesteckt hat.

Im Februar 2018 hinderte die Türkei mit Kriegsschiffen das italienische Bohrschiff „Saipem 12.000“ daran, ein Erkundungsgebiet in der zyprischen Wirtschaftszone zu erreichen. Als die Türken damit drohten, das Schiff zu versenken, drehte das Schiff ab. Im vergangenen Jahr entsandte die Türkei ihrerseits Bohr- und Forschungsschiffe zu Erkundungen in die zyprische Wirtschaftszone. Sie wurden von Einheiten der türkischen Kriegsmarine eskortiert.

Auch der seit Jahrzehnten schwelende Streit um die Grenzziehung in der Ägäis wird nun wieder virulent. Der türkische Außenminister Cavusoglu sagte diese Woche in einem Interview, es gebe Ägäisinseln, bei denen völkerrechtlich unklar sei, ob sie zur Türkei oder zu Griechenland gehören. Darüber wolle Ankara mit Athen verhandeln.

Das griechische Außenministerium erklärte dazu, der rechtliche Status der Ägäisinseln sei in internationalen Verträgen klar geregelt und es gebe keinen Raum für Dispute. 1996 waren die beiden Nato-Partner Griechenland und Türkei im Streit um die Imia-Felseninseln (türkisch: Kardak) in der östlichen Ägäis an den Rand eines Krieges geraten. Auf dem Höhepunkt der Krise lagen sich Dutzende Kriegsschiffe beider Länder vor den Inseln gefechtsbereit gegenüber. Dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton gelang es, den Konflikt in nächtlichen Telefonaten mit Ankara und Athen zu entschärfen.

Oppositionsgeneral Haftar zu Besuch in Athen

In der aktuellen Gemengelage bemüht sich Athen derweil um Kontakt zu libyschen Akteuren. So empfing die griechische Regierung am Freitag den abtrünnigen libyschen General Chalifa Haftar. Er warb in Athen um Unterstützung. „Wir sind Pazifisten, wir sind gekommen, um über den Frieden zu reden“, sagte Haftar vor einem Treffen mit Mitsotakis.

Der Befehlshaber der selbst ernannten Libyschen Nationalarmee (LNA) und Gegenspieler des libyschen Regierungschefs al-Sarradsch war am Donnerstagabend auf dem Weg zur Libyen-Konferenz in Berlin überraschend zu einem Zwischenstopp in Athen eingetroffen. Haftars Armee kontrolliert etwa 80 Prozent Libyens außerhalb der Hauptstadt Tripolis, die er seit Monaten belagert.

Mitsotakis habe in dem Gespräch mit Haftar unterstrichen, ein Waffenstillstand sei der erste notwendige Schritt zu einer politischen Lösung des Konflikts in Libyen, hieß es aus der Umgebung des Premiers. Er habe an Haftar appelliert, auf der Berliner Konferenz eine „konstruktive Haltung“ zu zeigen.

Vor Haftars Gespräch mit Mitsotakis hatte der griechische Außenminister Nikos Dendias den libyschen General empfangen. „Wir wünschen einen Waffenstillstand, einen Abzug aller Söldner und die Annullierung der völkerrechtswidrigen Abmachungen“, erklärte der griechische Außenminister nach dem Gespräch. Haftar stimme diesen Forderungen zu, sagte Dendias.

Griechenland sei bereit, sich mit Streitkräften an der Entsendung einer Friedenstruppe nach Libyen zu beteiligen, kündigte der Außenminister an. Auch Haftar betrachte das libysch-türkische Abkommen über die Seegrenzen im Mittelmeer als völkerrechtswidrig und ungültig, weil es der Seerechtskonvention widerspreche, sagte Dendias.

Mehr: Die Friedenskonferenz für das Bürgerkriegsland soll am 19. Januar in Berlin stattfinden. In Libyen prallen die Interessen großer und kleiner Mächte aufeinander.

Startseite
Mehr zu: Treffen in Berlin - Libyen-Gipfel ohne Griechenland verärgert Athener Regierung
0 Kommentare zu "Treffen in Berlin: Libyen-Gipfel ohne Griechenland verärgert Athener Regierung"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%