Falls der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Todesstrafe in seinem Land wieder einführt, würde er damit wohl mehrere Türen Richtung Europa zuschlagen. Als die „röteste aller roten Linien“ bezeichnet jedenfalls die EU-Kommission nach dem umstrittenen Referendum in der Türkei die von Erdogan angekündigte Rückkehr zur Todesstrafe. Aber auch der anvisierte Umbau des Staates nach dem Volksentscheid über die Änderung der türkischen Verfassung stößt in Brüssel auf deutliche Kritik. Um Erdogan von seinem Kurs abzubringen, hat die EU einige wenige Druck- und Lockmittel, die sich vornehmlich im wirtschaftlichen Bereich finden.
Als einer der wirkungsvollsten Hebel könnte sich für die EU die Erweiterung der Zollunion erweisen. Die Mitgliedsländer haben noch immer nicht darüber entschieden, ob die EU-Kommission ein Mandat erhalten soll, mit der türkischen Regierung über eine Vertiefung der seit 20 Jahren bestehenden Union zu verhandeln. Die Brüsseler Behörde hatte um das Mandat Ende 2016 gebeten und zu dem Zeitpunkt mit einer Zunahme der Exporte Richtung Bosporus um 27 Milliarden Euro gerechnet. Die Türkei könnte mehr Waren im Wert von fünf Milliarden Euro in die Staatengemeinschaft einführen. Die Regierung in Ankara, die ihr Land in wirtschaftlich schwerem Fahrwasser sieht, hat mehrmals die Bedeutung einer erweiterten Zollunion betont.
Diese Erweiterung wird einem EU-Vertreter zufolge im Rahmen des EU-Beitrittsprozesses der Türkei behandelt: „Sobald das Mandat gegeben ist, wird es im Kontext der Beitrittsgespräche Beratungen geben, bevor die EU-Kommission die Verhandlungen mit der Türkei aufnehmen kann.“ Das heißt: Scheitern die EU-Beitrittsgepräche endgültig – etwa durch die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei – dürfte auch die Erweiterung der Zollunion vom Tisch sein. Die Grünen-Abgeordnete Ska Keller fordert, das Thema schon jetzt ruhen zu lassen: „Verhandlungen über die Modernisierung der Zollunion dürfen erst geführt werden, wenn Erdogan unter Beweis gestellt hat, dass er bereit ist, Zugeständnisse zu machen und zur Demokratie zurückzukehren.“
Das EU-Parlament verlangte zudem schon im November in einer – für die Mitgliedsländer nicht bindenden – Resolution, die seit 2005 laufenden Beitrittsgespräche mit der Türkei auf Eis zu legen. Bisher hat sich der Forderung von den 28 EU-Staaten nur Österreich angeschlossen. Mit dem Referendum könnte sich das aber ändern, denn einem anderen EU-Vertreter zufolge dürfte die Art des von Erdogan angestrebten Präsidialsystems den Ansprüchen der EU nach demokratischen Normen nicht genügen. Die EU-Außenminister werden das Thema Türkei voraussichtlich bei ihrem informellen Treffen am 28. April in Malta beraten.
Die konkreten EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei kommen schon lange Zeit nicht vom Fleck. EU-Politiker argumentieren jedoch, dass ein offizieller Abbruch die Türkei noch weiter von Europa entfernen würde. Zudem hat die EU auch in diesem Fall – wie bei der Zollunion – einen finanziellen Hebel, indem sie der Türkei als Vorbereitungshilfe für einen EU-Beitritt von 2014 bis 2020 rund 4,5 Milliarden Euro zukommen lässt.
Um Geld geht es auch bei der Flüchtlingsvereinbarung zwischen den EU-Staaten und der Türkei. Allerdings fließen die im März 2016 zugesagten drei Milliarden Euro der EU nicht an die Regierung in Ankara, sondern in konkrete Projekte zur besseren Unterbringung von vornehmlich syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen. Bisher wurden rund 790 Millionen Euro von der EU überwiesen. Für Aufregung sorgen immer wieder Drohungen türkischer Politiker, die zwischen den EU-Staaten und der Türkei geschlossene Vereinbarung über die Rückführung von Flüchtlingen aufzukündigen. Bislang ist es bei diesen Drohungen geblieben.
Für die Türkei könnte eine solche Maßnahme zudem nach hinten losgehen, denn die EU hat mittlerweile den Schutz ihrer Außengrenzen verstärkt. So könnten Migranten, die durch die Aussicht auf eine Weiterreise nach Europa angezogen würden, in der Türkei stranden. Viele Migranten dürfte zudem die Tatsache abschrecken, dass sie durch die schärferen Grenzkontrollen der Balkanländer, Österreichs und Deutschlands vermutlich in Griechenland oder Bulgarien festsäßen, selbst wenn sie in der Türkei durchgewinkt würden.
Noch weniger rütteln wollen die EU-Staaten an der Nato-Mitgliedschaft der Türkei. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat den Grund dafür bereits genannt: Europa will die Türkei nicht in die Arme der Moskauer Regierung treiben. Das war bereits die Maxime der Nato-Verbündeten, als in den 1980er-Jahren eine Militärdiktatur in Ankara herrschte. Die Türkei spielt unter anderem wegen ihrer strategischen Lage und der Größe ihres Militärs eine zu wichtige Rolle für die Allianz. Ohnehin zieht für die Nato-Staaten, die sich formal die Achtung demokratischer Werte auf die Fahnen geschrieben haben, das Argument der Todesstrafe nicht: Denn diese wird auch im größten Nato-Land, den USA, praktiziert.
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@Herr Robbie McGuire
Diesem Caruso geht es nicht um argumentieren - das ist nicht das Niveau von Nazis, für die er große Hochachtung - vor Allem für den psychopathischen "Führer".
Das war doch nur sein Wutanfall auf die "unerträgliche" Beleidigung seines "Vorbilds" durch Herrn Hake, der es wagte, auf die unrühmliche Rolle dieses geistig schwer Gestörten hinzuweisen.
Enrico Caruso - 24.05.2017, 19:12 Uhr
Mit dem Beitrag von "Rainer Hake" ist das Niveau der Kommentare jetzt sogar noch unter den Meeresspiegel gerauscht. Da kann man froh sein, dass um acht hier dichtgemacht wird!
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Wie gehabt, wenn Sie argumentativ nicht kontern können, landen Sie mit Ihren Kommentaren auf dem Grund des Marianengrabens.
Mein Name gefällt ihm auch nicht. Wie bedauerlich!
Herr Caruso ist offensichtlich zu feige seinen wahren Namen zu nennen. Solche Typen kann man nicht ernst nehmen!
Mit dem Beitrag von "Rainer Hake" ist das Niveau der Kommentare jetzt sogar noch unter den Meeresspiegel gerauscht. Da kann man froh sein, dass um acht hier dichtgemacht wird!
Erdogan erinnert in all seinen Methoden und seinem Vogehen an einen anderen Herren mit Schnauzbart, der in der deutschen Geschichte eine unrühmliche Rolle gespielt hat. Dagegen müssen die europäischen Regierungen Stellung nehmen.
Die Türkei hat nie zu Europa gehört und gehört auch weiterhin nicht zu Europa. Die Beitrittsverhandlungen müssen sofort abgebrochen werden. Wenn mit Erdogan verhandelt werden soll, dann nur um europäische Interessen deutlich zu machen. Dazu sind die beiden Gesprächspartner nicht die richtigen. Wir sollten uns nicht weiterhin von Erdogan erpressen lassen. Wir müssen die Außengrenzen der EU mit eigenen Mitteln sichern, auch gegenüber der Türkei. Das ist nicht einfach, aber wenn man es will, geht es auch. Wir können mit der Türkei Handel treiben, wenn es im gegenseitigen Interesse ist. Dass Erdogan noch mehr Geld aus der EU erhalten soll, quasi als Belohnung für sein Verhalten, das ist doch wohl eher ein Witz. Erdogan ist Islamist, der die Türken in der EU gegen uns in Stellung bringen wird, wenn er sich davon Vorteile verspricht und man ihn läßt. Das ist alles andere als eine "strategische Partnerschaft". Wir treiben Erdogan nicht in Richtung Russland. Damit will er uns nur unter Druck setzen. Russland hat ihm herzlich wenig zu bieten. Außerdem ist Erdogan daran interessiert dominierende Macht im Nahen Osten zu werden. Ob Russland das auch so sieht? Die halten an Assad fest, um selber Einfluß zu haben. Deshalb ist es wichtig, dass die EU-Politiker endlich EU-Interessen formulieren und diese dann auch durchsetzen. Wir sind von den kriegerischen Auseinandersetzungen indirekt betroffen.
Herr Otto Berger 24.05.2017, 18:12 Uhr
Sie sollten hier besser nicht mit Adenauer anfangen! Der ist eine Nummer zu groß für Sie.
Und Erdogan wird garantiert nicht so einfach mal die Todesstrafe einführen. Er wird dazu eine Volksabstimmung durchführen lassen. Und wenn die Türken mit Ja stimmen sollten, was wollen Sie dann dagegen sagen?
Ich werde jedenfalls dazu sagen: Jetzt machen wir auch in Deutschland eine Abstimmung über diese Frage.
NATO-Generalsekretär Stoltenberg :
„Das Land (Türkei) ist wegen seiner geografischen Lage nahe an den Krisenherden Syrien und Irak und wegen seiner militärischen Fähigkeiten von immenser Bedeutung für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und für die Stabilität an der Südgrenze des Bündnisgebietes.“ Außerdem grenze die Türkei an die strategisch bedeutsame Schwarzmeerregion und sei damit für das Verhältnis gegenüber Russland für das Bündnis wichtig.
Mit Blick auf die Kritik aus dem Westen an der Politik Ankaras sagte der Nato-Chef: „Ich ermutige alle Alliierten, gegenseitig Respekt zu zeigen, ruhig zu bleiben und eine abgewogene Herangehensweise zu wählen.“
(Link : https://www.welt.de/politik/ausland/article164117644/Die-Nato-waere-ohne-die-Tuerkei-zweifellos-schwaecher.html)
und was ist mit der Menschenrechtslage :
Der ALTE ADI würde da sagen : "Meine Damen und Herren, nun sind se mal nich so pingelig"
und wenn Erdogan die Todesstrafe einführt ?
Es werden nicht alle Türken aufgehangen. Bei den Exekutierten handelt es sich nur um Einzelfälle !! So, wie eben die Kriminalität von Migranten in D !
„Was will Erdogan von Europa“
Seine Macht ausbauen lassen.
„ – und wie kann die EU mit ihm umgehen?“
Dementsprechend: Wie mit allen Diktatoren, die – wie Kim jong-un, Putin, Mugabe, as-Sisi, Maduro (um nur die „prominentesten“ zu nennen) - eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die Zukunft unserer Gesellschaft bedeuten.
Und zu „Die Bundesregierung will trotz aller Bedenken an den Beitrittsgesprächen festhalten. Sonst treibe man die Türkei „in Richtung Russlands“, warnt Bundesaußenminister Sigmar Gabriel.“
Aber nicht, solange „die Türkei“ das gleiche bedeutet wie „Erdogan“.