Ankara droht immer wieder damit, die Zusammenarbeit mit der EU in der Flüchtlingskrise aufzukündigen. Hintergrund ist unter anderem eine EU-Forderung, die Türkei müsse ihre Anti-Terror- Gesetze reformieren, damit diese nicht politisch missbraucht würden. Ohne diese Reform will die Europäische Union die Visumpflicht für Türken nicht aufheben – ohne Visumfreiheit aber fühlt sich Staatschef Recep Tayyip Erdogan nicht an das Flüchtlingsabkommen gebunden.
Die Türkei ist verärgert darüber, dass sich nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 zunächst keine hochrangigen Mitglieder der Bundesregierung zum Solidaritätsbesuch haben blicken lassen. Im November reiste dann Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nach Ankara. Er kritisierte aber auch Maßnahmen in dem Ausnahmezustand, unter anderem die Einschränkung der Pressefreiheit.
Ankara fordert die Auslieferung mutmaßlicher Anhänger des Predigers Fethullah Gülen in Deutschland, gegen die in der Türkei ermittelt wird. Die türkische Regierung macht Gülen für den Putschversuch verantwortlich.
Elf Parlamentarier der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP sitzen in Untersuchungshaft, darunter deren Chefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag. Erdogan hält sie für den verlängerten Arm der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die Bundesregierung sieht mit dem Vorgehen gegen die Parlamentarier „alle internationalen Befürchtungen“ bestätigt. Apropos PKK: Ankara fordert ein härteres Vorgehen gegen PKK-Anhänger in der Bundesrepublik und wirft Deutschland sogar vor, deren Anhänger zu schützen. In Deutschland ist die PKK ebenfalls verboten und gilt als Terrororganisation.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen lag die Türkei schon vor dem Putschversuch und dem anschließend verhängten Ausnahmezustand auf Platz 151 von 180 Staaten. Seitdem sind Dutzende weitere Medien geschlossen worden. Zahlreiche regierungskritische Journalisten sitzen in Haft, darunter zehn Mitarbeiter der „Cumhuriyet“.
Erst vor wenigen Tagen haben etwa 40 in Nato-Einrichtungen stationierte türkische Soldaten – größtenteils ranghohe Militärs – in Deutschland Asyl beantragt. Die Türkei hat Deutschland aufgefordert, die Asylanträge abzulehnen, ansonsten würde das „sehr ernste Folgen mit sich bringen“. Nach türkischen Angaben werden die Soldaten beschuldigt, Teil einer Organisation zu sein, die für den Putschversuch verantwortlich sein soll.
Das Parlament in Ankara stimmte einer Verfassungsänderung für ein Präsidialsystem zu, das Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan mehr Macht verleihen und das Parlament schwächen würde. Die Reform muss in einer Volksabstimmung Ende März oder Anfang April noch eine einfache Mehrheit bekommen. Mit der Reform würde auch der Einfluss des Präsidenten auf die Justiz zunehmen. Nach Ansicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) gibt es schon jetzt faktisch keine unabhängige Justiz mehr in der Türkei.
Im Juni 2016 beschloss der Bundestag eine Resolution, die die Gräuel an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren als Völkermord einstuft. Die Türkei reagierte erbost und unter anderem mit einem Besuchsverbot für deutsche Parlamentarier für die Militärbasis Incirlik, wo Bundeswehrsoldaten stationiert sind. Kanzlerin Angela Merkel erklärte im September, die Resolution sei für ihre Regierung rechtlich nicht bindend – das war aus Sicht Ankaras die geforderte Distanzierung von dem Beschluss und aus Sicht von Bundestagsabgeordneten ein Einknicken Merkels vor Erdogan. Das Besuchsverbot wurde aufgehoben, vergessen ist die Resolution nicht.
Die Türkisch-Islamische Anstalt für Religion (Ditib) soll Gülen-Anhänger in Deutschland bespitzelt haben. Die Ditib hat inzwischen eingeräumt, dass Imame des Verbands Informationen über Gülen-Anhänger nach Ankara geschickt haben. Die Spitzelaffäre hat in Deutschland Empörung ausgelöst.
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@ Aslan
"die türkische Justiz, die türkische Politik und auch die Gesellschaft in der Türkei geht deutsche Staatsbürger und ander europäische Staatsbürger grundsätzlich nichts an."
lassen Sie mich raten: Doppelpassinhaber?
Jedenfalls würde ich mir wünschen, daß deutsche Politiker flächendeckend ihre o.a. Meinung verträten. Natürlich angewendet auf Deutschland.
Und ich mmuß Sie berichtigen. Wenn deutsche Staatsbürger betroffen sind, gibt uns das sehr wohl was an.
Unabhängig meiner prsönlichen Meinung auch in diesem Fall gilt zunächst:
...wenn ein Herr Gabriel keinen Anlass zu erkennen vermag, heisst das noch lange nicht, dass es keinen gibt. Denn den gibt es offenbar, sonst hätte der Richter anders entschieden.
Das Problem hierzu und im allgemeinen hinsichtlich der Türkei liegt offensichtlich in der Wahrnehmung deutscher Politiker, weiten Teilen der Medienlandschaft und der öffentlichen Meinung hierzulande. Wobei man schon davon ausgeht, dass auch viele in der Meinung sich zu profilieren bewusst Populismus betreiben und denken diese Anmaßung würde nicht weiter auffallen, zumal sie in der hiesigen Öffentlichkeit auf Wohlgefallen trifft.
Um es mal kurz zu machen: die türkische Justiz, die türkische Politik und auch die Gesellschaft in der Türkei geht deutsche Staatsbürger und ander europäische Staatsbürger grundsätzlich nichts an. Türkische Staatsbürger beurteilen, bewerten und entscheiden auf diesen Ebenen nach bestem und eigenem Ermessen und eigenen Gesetzen.
Die mangelnde Solidarität während und nach dem Putschversuchs und auch bezüglich des Kampfes gegen den scheusslichen Terrorismus, welche das türkische Volk belasten hat das Eine abermals bestätigt: die EU ist sicher kein guter Ratgeber für die Türkei.
In erster Linie ist Yücel bekennender Türke und das ist für Erdogan maßgebend, Der Deutsche Pass, dass weis er auch, wird in Deutschland fast an jedermann vergeben der in will und ist heute schon bei Einreisen in fremde Länder mit Alarm behaftet.
Der Türkische Pass hat mehr Gewicht und jeder Türke legt da großen Wert drauf.
Das Yücel ein großartiger Journalist ist, der mutige Fragen auch stellt, anders als hier in Deutschland zeichnet ihn aus. Es ist daher auch eine Schande das soviel von Yücels im Gefängnis sitzen.
Merkel und die Bundesregierung wird ihn nicht frei bekommen, denn Merkel steht und hat das öffentlich in der Türkei verkündet , gegen Terroristen neben Erdogan.
Da Yücel Spion und Terrorhelfer ist laut Erdogan , steht Merkel auf der falschen Seite und nicht bei Erdogan.
Das kommt davon, wenn Merkel Weltpolitik machen will, wo sie lieber öfter mal den Mund halten sollte.
@ Peter Kastner
"Erdogan will demnächst einen Wahlkampfauftritt in Deutschland. Um was wetten wir, daß er den auch kriegt ?"
Gemäß der Logik Merkels gehört Erdolf dann auch einige Stunden dem Deutschen Volk an, da kann Sie i´hm auch gleich eine Art Nebenerwerbskanzlerschaft vorschlagen.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article162407512/Das-Volk-ist-jeder-der-in-diesem-Lande-lebt.html
Wolle mer ihn reinlosse? JAAAAAAAA!
@ Hans Schöneberg
Jep, sachlich muss man bleiben, aber denken Sie daran heute ist ja noch Faschings-Dienstag und SOOO sachlich waren denn die Äuisserungen von Herr Yüksel auch nicht immer:
Zitat:
"Nachdem Yücel in seiner Kolumne „Der Ausländerschutzbeauftragte“ geschrieben hatte, dass man dem teilweise im Gesicht gelähmten Thilo Sarrazin „nur wünschen kann, der nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten“, sprach der Deutsche Presserat im Dezember 2012 eine Missbilligung aus. Der Presserat hielt es für unvereinbar mit der Menschenwürde Sarrazins, ihm eine schwere Krankheit oder Schlimmeres zu wünschen, und stellte fest, dass der Beitrag über eine kritische Meinungsäußerung weit hinausgehe. Einer Klage Sarrazins wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte gab das Landgericht Berlin statt und untersagte der taz, den Text weiter zu veröffentlichen und zu verbreiten. Sarrazin wurde eine Entschädigung in Höhe von 20.000 Euro zugesprochen. Yücel hatte später eine „Klarstellung“ veröffentlicht, die jedoch als nicht ernst gemeint wahrgenommen wurde."
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Deniz_Y%C3%BCcel
Aber hierzulande ist Sachlichkeit und Anti-Rassismus scheinbar eine ziemliche Einbahnstraße. Da hilft dann halt nur noch Humor.
Tusch, Narhallamarsch!
Wo bleibt die Reise-Warnung unserer Regierung für die Türkei?
Dass die Kanzlerin insbesondere wegen ihrer Flüchtlingspolitik den Gesprächsfaden zu Erdogan nicht abreisen läßt, mag derzeit im deutschen und europäischen Interesse liegen. Aber mußte sie deswegen schon das zweite Mal während eines Wahlkampfs (diesmal um die undemokratische Präsidialverfassung) in die Türkei fahren und damit Erdogan unterstützen? Und muß sie darüberhinaus zulassen, dass Erdogan in Deutschland einen Wahlkampfauftritt absolviert? Und was haben ihre "mahnenden Worte" auch in Richtung Pressefreiheit genutzt, wenn wenige Tage später der türkischstämmige deutsche Journalist Deniz Yücel unter fadenscheinigen Umständen verhaftet wird?
Im übrigen war sie es, die mit ihrer falschen Türkeipolitik Deutschland und Europa erst in diese peinliche und möglicherweise derzeit alternativlose Lage gebracht hat.
Wir erinnern uns: Das Konzept von CDU und CSU einer "privilegierten Partnerschaft" mit der Türkei ist krachend gescheitert. Die Kanzlerin ist mitverantwortlich dafür, dass die türkische Führung immer autoritärer agiert bis zur derzeitigen Abkehr von einem demokratischen Rechtsstaat. Die Weigerung der Union, die EU-Beitrittsverhandlungen vor über 15 Jahren - wie u.a. vom damaligen Kanzler Schröder zu Recht vorgeschlagen - zu intensivieren, hat letztlich zu einer Abkehr der Türkei von europäischen Werten geführt mit den derzeitigen Höhepunkten der sogenannten Säuberungsaktionen, der Ausrufung des Ausnahmezustandes und der Einführung einer undemokratischen, autoritären Präsidialverfassung. Letztlich hat diese Politik dazu geführt, dass Merkel sich im Rahmen der Flüchtlingskrise Erdogan quasi ausliefern musste und immer noch muss! Der Fall Böhmermann hat exemplarisch gezeigt, wohin das führen kann!
Mehr fällt mir dazu nicht mehr ein, außer:
http://youtu.be/-5X2P5J6MiA
http://youtu.be/QqoSPmtOYc8
Viel Spaß und neue Erkenntnisse beim Anhören!
Herr Hans Schönenberg28.02.2017, 11:57 Uhr
Auch, wenn ich mir keine Freunde mache: einige Kommentatoren scheinen fast "berufsmäßig" auf Handelsblatt ihre geistreichen Erkenntnisse weiterzugeben. Fakt ist: hier geht es zunächst nicht um Flüchtlingspolitik oder Merkels Politik. -
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hier geht es um um das Entertainment. Nur das zählt.
Oder gehören sie zu den besonders "geistreichen" Gemütern, die das noch glauben was die Medien dem Volk weitergeben?
Hell-au
Auch, wenn ich mir keine Freunde mache: einige Kommentatoren scheinen fast "berufsmäßig" auf Handelsblatt ihre geistreichen Erkenntnisse weiterzugeben. Fakt ist: hier geht es zunächst nicht um Flüchtlingspolitik oder Merkels Politik. - In der Türkei werden seit Jahren Grundrechte wie z.B. Pressefreiheit (verstärkt seit dem Putschversuch) von Herrn Erdogan und Co. mit Füssen getreten. - Die Besorgnis unserer Politik nehme ich bereits seit langem zur Kenntnis. - Wichtig wäre es, zu Entscheidungen zu kommen, zum Beispiel keine türkischen Politiker (incl. Herrn Erdogan) keine Propaganda-Basis in Deutschland (ob nun in der Arena Oberhausen oder anderswo) zu bieten. - Seine Fans in Deutschland habe ja jederzeit die Möglichkeit, in die Türkei zu reisen und dort an den bekannten Massenveranstaltungen von Herrn Erdogan teilzunehmen. Tatsache ist doch, dass ein großer Teil unserer türkischen Mitbürger die Freiheiten bei uns in Anspruch nehmen, ab gleichzeitig mit entscheiden, was für Ihre Landsleute in der Türkei gut ist. - Da fehlt mir dann absolut jegliches Verständnis.
Wir sollten uns aber nicht auf das Niveau begeben, Herrn Yücel wegen seines 3Tage-Bartes und der etwas struppigen Mähne als mexikanischen Hühnerdieb zu bezeichnen. - Es gehört sicherlich Mut dazu, sich unter aktuellen Voraussetzungen der türkischen Polizei zu stellen. - Er hätte sicherlich die Möglichkeit gehabt, irgendwie außer Landes zu kommen.
Wenn das mal Trump gemacht hätte. Die Schimpf und Schande-kampagne fände kein Ende.
Das ist das Problem, wenn Merkel auf die Befindlichkeiten und Wehwehchen einer Bevölkerungsgruppe, der Türken Rücksicht nehmen muß. Aber sie hat sich noch reichlich andere nordafrikanische und nahöstliche Bevölkerunsgruppen reingeholt.
Da kann Merkel aus lauter Rücksichtnahme nur noch den Rückwärtsgang einlegen.
Der Vorwärtsgang wurde aus dem Getriebe schon ausgebaut.