Eine breite Mehrheit der Europaabgeordneten will, dass die Gespräche mit der Türkei über einen Beitritt zur Europäischen Union (EU) „vorübergehend eingefroren“ werden. Das heißt: „Wir hören auf, über offene Verhandlungskapitel (Politikbereiche) zu sprechen und öffnen keine neuen“, erklärt die Türkei-Berichterstatterin des Europaparlaments, Kati Piri. Führt die Türkei die Todesstrafe wieder ein, sollen die Gespräche automatisch suspendiert werden.
Sobald die Türkei den Ausnahmezustand aufgehoben hat, wollen die Abgeordneten neu bewerten, ob das Land zu Rechtsstaatlichkeit und Respekt der Menschenrechte zurückgekehrt ist. Den massenhaften Festnahmen und Entlassungen in der Folge des Putschversuchs von Mitte Juli wollen die Abgeordneten jedenfalls nicht tatenlos zusehen.
Ihre Aufforderung bindet die EU-Kommission, die die seit 2005 laufenden Beitrittsgespräche führt, nicht. Eigentlich wäre es aber an der Brüsseler Behörde, bei einem „schwerwiegenden und anhaltenden Verstoß“ der Türkei gegen europäische Grundwerte eine Suspendierung zu empfehlen. Am Ende liegt die Entscheidung bei den EU-Staaten.
Wahrscheinlich nicht. „Die Mitgliedstaaten (sind) bislang nicht gewillt (...), drastische Schritte zu setzen“, sagte der für die Beitrittsverhandlungen zuständige EU-Kommissar, Johannes Hahn, während der Plenardebatte. Ein Grund für die Zurückhaltung dürfte die Flüchtlingspolitik sein. Die enge Zusammenarbeit mit der Türkei ist neben der Abschottung der Balkanroute ein Grund dafür, dass derzeit vergleichsweise wenige Menschen nach West- und Mitteleuropa kommen.
Es hätte auf wirtschaftlichen Druck ausüben können. Mögliche wäre etwa, die Gespräche über eine Erweiterung der Zollunion auszusetzen. Das Parlament warnt Ankara in der Resolution ausdrücklich davor.
Erdogan hat gar nicht erst auf die Abstimmung über die Resolution gewartet. „Ich rufe allen, die uns vor den Bildschirmen zusehen, und der ganzen Welt zu: Egal wie das Resultat ausfällt, diese Abstimmung hat für uns keinen Wert“, sagte er am Mittwoch. Ohnehin hegt Erdogan eine tiefe Abneigung gegen das Europaparlament, dem er Unterstützung der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorwirft.
In absehbarer Zeit sicherlich nicht. Erst kürzlich forderte er von der EU eine Entscheidung über einen Abbruch oder eine Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen bis zum Ende des Jahres. Sonst will er in einem Referendum darüber entscheiden lassen, ob die Gespräche fortgeführt werden sollen. Zudem hat er deutlich gemacht, dass die EU aus seiner Sicht nicht alternativlos ist – und eine Annäherung an Russland und China ins Spiel gebracht.
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"Herr Fritz Porters - 18.11.2016, 11:43 Uhr
@ Herr Hoffmann
ich habe nicht diesen enormen politischen Sachverstand wie Sie, aber die von Ihnen beschriebene "Grünen-Sozialistischen Vernichtungspolitik".... ist das sowas wie ein "Gemüseauflauf"? :-D
Herrlich, die Kommentare sind echt Comedy... einige Artikel im HB sind echt besorgniserregend, aber die Kommentare können einem das Lachen zurückzaubern. Danke ...muss weiter arbeiten...aber nachher schaue ich noch mal in die Kommentare...will doch auch später noch was zu schmunzeln haben..."
@Porters
VIELEN DANK Herr Porters,
es ist wirklich ein immenser Zeitaufwand, von morgens bis abends zu jedem Artikel so witzige Kommentare zu schreiben.
Bei manchen Artikeln sogar mehrere.
Schön das Sie das zu schätzen wissen.
Aber die Ehre gebührt nicht mir alleine. An den Comedy-Kommentaren sind noch weitere Leute beteiligt die auch gewürdigt sein wollen:
Paff, von Horn, Trautmann, Vinci Queri, Delli, Bollmohr, Caruso, Mücke....
ohne sie wäre ich hier sehr einsam !
Danke
Jetzt aber nicht wieder auf dem Bauch nach Ankara rutschen, liebe Kommission.
Die EU muß endlich Nägel mit Köpfen machen und mit dieser Farce aufhören. Die Türkei war nicht beitrittsfähig und ist es auch nicht.
Ob sie es jemals sein wird, wird mit jedem Tag zweifelhafter. In der Krise treten die Unterschiede, auch die mentalen, ungeschminkt ans Tageslicht.
Erdogan läßt keinen Versuch aus, die EU anzugreifen. Und doch scheint er nicht nicht von ihr lassen zu wollen. Schizophrenie? Eher monetäres Kalkül. Winkt die EU doch immer wieder mit Milliarden Förderung.
Aber "wasch mich, aber mach mich nicht naß", d.h. "Förderung erhalten, aber ansonsten auf alles pfeiffen" darf und kann es nicht geben.
Die EU sollte endlich die Konsequenzen aus diesem Spektakel ziehen. Sie macht sich zunehmend bei den Türken, international und auch bei den eigenen Bürgern in einem Maß unglaubwürdig, daß sie niemand mehr ernst nehmen kann.
Immer wieder auf Werte zu verweisen, die man dann doch für verhandelbar erklärt, weil es sich ja um die Türkei handelt, ist lächerlich. Und man stellt sich die Frage, warum man bei Putin fast aus der Hose springt, aber Erdogan gewähren lässt.
Also mein Vertrauen hat eine derartige EU nicht. Und ich wage zu bezweifeln, dass die Mehrheit der Bürger Vertrauen in eine Institution hat, die in den letzten Jahren seit Ausbruch der Finanzkrise, alle relevanten Probleme vielleicht angefaßt, aber nicht gelöst, sondern im Zweifel lieber auf die lange Bank (Finanzkrise) oder ausgesourcet (Flüchtlingskrise) hat.
Wieso muss eigentlich jedes Hanswurst-Land Mitglied in der EU werden?
Brüssel muss mal langsam lernen, dass man Weltpolitik und Weltwirtschaft auch betreiben können muss, ohne alles und jeden in dieses Monster-Konstrukt aufzunehmen. Sowas nennt man bilaterale Verhandlungen. Erdogan will nicht (mehr) und damit ist der verdammte Fisch doch endlich gegessen. Der Fokus sollte mal auf ein paar wichtigere Themen gelegt werden. Über TTIP liest man komischerweise gar nichts mehr, obwohl TPP schon Schnee von gestern ist.
>> Erdogan pfeift auf die EU >>
Das werden demnächst paar weitere EU-Länder auch tun !
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Wissen EU-Funktionäre eigentlich, dass Ankara schon geografisch betrachtet nicht zu "Europa" gehört?
Der wirtschaftliche Erfolg der Türkei, den man im Lande Ihrem "Führer" zugute hält stammt zum größten Teil aus der EU.
Er sollte sich überlegen ob das aufs Spiel gesetzt wird!
Wir brauchen ihn nicht, auch in der Flüchtlingsfrage ließen sich andere, sicherlich sogar humanere Lösungen finden, ohne dass wir wieder die Flüchtlingsströme bekommen.
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Ob Herrn Erdogan bewußt ist, dass das jetzige Istanbul von Griechen gegründet wurde?
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