Urteil EuGH greift weitere Elemente der Justizreform in Polen an

Der Europäische Gerichtshof hat erneut eine Regelung im aktuellen polnischen Justizsystem für unzulässig erklärt.
Brüssel Ein neues Urteil aus Luxemburg hebt hervor, wie schlecht es mittlerweile um die Gewaltenteilung in Polen bestellt ist. Richter verfügten offensichtlich nicht mehr über die Unabhängigkeit, „über die ein Richter in einem Rechtsstaat normalerweise verfügen muss“, erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH).
Denn der polnische Justizminister kann Richter nach Belieben und ohne rechtliche Kontrolle auf wichtige Posten setzen und kann ihnen diese Posten genauso beliebig wieder entziehen. Eine Möglichkeit zur Anfechtung dieser Entscheidung haben die Richter nicht.
Das wäre schon schlimm genug. In Polen kommt hinzu, dass der Justizminister gleichzeitig auch Generalstaatsanwalt ist. In bestimmten Verfahren könnte es also sein, dass der Justizminister „über Macht sowohl über den Staatsanwalt der ordentlichen Gerichtsbarkeit als auch über die abgeordneten Richter verfügt“. In einer solchen Situation ist schwer vorstellbar, dass der Richter den Anträgen des Staatsanwalts widerspricht.
Im Sommer hatte der EuGH bereits entschieden, dass Polen seine Disziplinarkammer wieder abschaffen muss, die einen ähnlichen Effekt hat. Polens Justizminister Zbigniew Ziobro verteidigt die Reform aber, mit der er sich selbst die neuen Befugnisse erteilt hat. Weil er die Disziplinarkammer noch immer nicht abgeschafft hat, muss Polen täglich eine Million Euro Strafe zahlen.
Eine solche Zahlung auf Grundlage des neuen Urteils ist vorerst nicht möglich. Denn dieses Mal wurde Polen nicht direkt vor dem EuGH verklagt, sondern ein polnisches Gericht hatte die Frage dem EuGH vorgelegt. Damit hat dieses Gericht nun die Rückendeckung, die Anordnungen durch den Justizminister für unrechtmäßig zu erklären.
Das Urteil zeigt damit vor allem, dass die Gewaltenteilung in Polen noch lange nicht wiederhergestellt ist, wenn das Land seine Disziplinarkammer abschafft.
Warnung vor Freigabe von frischen Mitteln aus Brüssel
Den Rechtsstaat von Luxemburg aus mit Urteilen zu schützen ist kaum möglich. Dazu sind die Verfahren zu langwierig und die Strafen zu niedrig. Die EU-Kommission hat aber zwei weitere Mittel in der Hand. Erstens kann sie ein Rechtsstaatsverfahren einleiten. Damit will sie allerdings noch warten, bis der EuGH dieses neue Instrument als zulässig anerkannt hat.
Zweitens hat sie aber ein Druckmittel, das sie sehr bald einsetzen kann. Es geht um die Milliarden, die Polen im Rahmen des Corona-Wiederaufbaufonds eigentlich zustehen. Die meisten anderen EU-Länder haben schon Geld aus diesem Topf bekommen. Gerade für Polen geht es dabei um viel.
Derzeit ist es Brüssel aber besonders wichtig, gut mit Polen zusammenzuarbeiten, was das Sichern der Grenze zu Belarus angeht. Beide Seiten wollen verhindern, dass dort eine neue Route für irreguläre Migration entsteht.
In dieser Situation fürchten die Abgeordneten des Europaparlaments, dass die EU-Kommission nachsichtig mit Polen ist und die Gelder aus dem Wiederaufbaufonds freigibt. Gemeinsam warnen die wichtigsten Fraktionen davor: Die Kommission solle die Gelder erst bewilligen, wenn alle Bedingungen erfüllt seien. Polnische Gerichte hätten aber gezeigt, dass sie faire Verfahren nicht gewährleisten können.
Aufgesetzt wurde der Brief von der Fraktion der Grünen. Unterzeichnet haben ihn auch die Fraktionsvorsitzenden der Konservativen, der Sozialdemokraten, der Liberalen und der Linken.
Mehr: EU gegen EU – Warum im Streit über Polen eine Institution die andere verklagt
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Zur Zeit scheinen die Verwaltungs- und Verfassungsgerichte, allen voran das Bundesverfassungsgericht nur noch der verlängerte Arm der Regierung zu sein. Von Gewaltenteilung kann kaum noch die Rede sein. Ähnliches beobachte ich leider auch bei der so genannten "vierten Gewalt."
Ja wir sollten nicht vergessen, dass die Justizminister der Länder den Staatsanwälten weisungsbefugt sind, was noch aus Bismarks Zeiten herrührt. Hier sehe ich auch in Deutschland ein Defizit in der Gewaltentrennung. Ich weiß allerdings nicht, ob das nicht in den anderen Ländern ebenso ist. Mir sagen Juristen, dass Deutschland im internationalen Vergleich relativ fortgeschritten ist beim Thema Gewaltenteilung aber da ist überall noch Luft nach oben. Wie die Richterwahl in Deutschland läuft ist hier gut beschrieben:
https://www.haufe.de/recht/kanzleimanagement/gewaltenteilung-wie-werden-in-deutschland-richter-ausgewaehlt_222_421016.html
Fakt ist, dass auch in Deutschland die Politik Einfluss auf die Ernennung einer Person zum Richter nimmt. Doch die Möglichkeiten, die durch die polnische Justizreform dem polnischen Justizminister dann zuständen. bedeuten de Fakto das Ende der Gewaltenteilung und dahr muss zu Recht Druck auf Polen ausgeübt werden, auch wenn wir auch in unsreme eigenen Justizsystem mehr Transparenz brauchen.
Nur in Deutschland sind die Justitzminister weisungsbefugt, gegenüber den Generalstaatsanwälten und nur CDU u. SPD bestimmen die Richter, so geht Demokratie