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US-Demokraten „Der Anti-Cuomo“: Das ist New Yorks erste Gouverneurin Kathy Hochul

Als erste Frau wird die 62-Jährige den Bundesstaat New York regieren. Das politische Beben um Andrew Cuomos Rücktritt sieht Kathy Hochul als Chance.
12.08.2021 - 12:06 Uhr Kommentieren
Die Demokratin und Anwältin blickt auf Jahrzehnte in der Lokalpolitik zurück. Quelle: Bloomberg
Kathy Hochul

Die Demokratin und Anwältin blickt auf Jahrzehnte in der Lokalpolitik zurück.

(Foto: Bloomberg)

Washington „Ich möchte, dass die Leute wissen: Ich bin bereit.“ Bei ihrem ersten Auftritt als designierte Gouverneurin wirkte Kathy Hochul selbstbewusst und entschlossen. Viele der rund 20 Millionen Bürgerinnen und Bürger, die im Bundesstaat New York leben, dürften Hochul bislang nicht gekannt haben – das hat sich über Nacht geändert.

Mehr als sieben Jahre war sie Stellvertreterin des bisherigen Gouverneurs Andrew Cuomo, aber Hochul hielt sich meist im Hintergrund. Am 24. August soll die 62-Jährige ihr Amt antreten, als erste weibliche Regierungschefin des Bundesstaats an der Ostküste.

Jedoch nicht, weil sie gewählt wurde, sondern weil Cuomo nach Monaten unter Druck sein Büro räumt. Insgesamt elf Frauen beschuldigen ihn schwerer sexueller Belästigung oder Nötigung, viele von ihnen arbeiteten in seinem direkten Umfeld. Bis zuletzt klammerte sich Cuomo an die Macht, obwohl selbst US-Präsident Joe Biden einen Rücktritt nahelegte. Nun kam Cuomo, dessen Bruder Chris zur Prime Time auf CNN moderiert, einem Amtsenthebungsverfahren zuvor: In dieser Woche legte er seinen Posten nieder, auch wenn er die Vorwürfe zurückweist.

In den gesamten USA gibt es nur acht weitere Gouverneurinnen. Eine andere Besonderheit der Personalie Hochul ist, dass seit fast hundert Jahren ausschließlich Politiker aus New York City den Aufstieg zum Gouverneur schafften. Hochul hingegen stammt aus einer Stahlarbeiterfamilie im äußersten Westen: Sie ist aufgewachsen in Buffalo am Eriesee, unweit der Niagarafälle. Die Region ist deutlich ländlicher und konservativer als der Großraum um die Metropole New York.

Die Demokratin und Anwältin blickt auf Jahrzehnte in der Lokalpolitik zurück, mit einem kurzen Abstecher nach Washington als Kongressabgeordnete. „‚Pragmatisch‘ wäre das richtige Wort, sie zu beschreiben“, sagte der Politikwissenschaftler Jacob Neiheisel der „New York Times“. Kochul habe das Ohr am Volk und sei gut darin, Bedürfnisse der Wählerinnen und Wähler zu erkennen. Freundlich, nachdenklich, mit diesen Attributen wird sie von Vertrauten bedacht.

Womöglich ist ihre Zurückhaltung ein Grund dafür, dass sie bisher den Durchbruch in der Bundespolitik nicht schaffte – ganz anders als Cuomo, der die Öffentlichkeit liebte. Auf dem Höhepunkt der Pandemie, als New York City einer Geisterstadt glich, wurden seine täglichen „Coronavirus-Briefings“ im Fernsehen von Millionen Menschen verfolgt. In einer Sendung verspeiste Cuomo eine Portion Burger und Pommes, um mit Gratis-Fast-Food um Impfwillige zu werben.

Von Cuomo distanzierte Hochul sich schon vor Monaten

Hochuls besonnener Stil ist ganz anders. Er könnte sich als Stärke erweisen, denn notwendig scheint ein Neustart auf allen Ebenen. „Sie ist der Anti-Cuomo“, schrieb die „Washington Post“ über Hochuls Turbobeförderung. Der bisherige Gouverneur habe „in einem notorisch tyrannischen Stil“ regiert, Lobbyisten und Politiker „terrorisiert, damit sie seinen Wünschen nachkommen“. Und als er Rückhalt brauchte, „überraschte es niemanden, dass keine Freunde mehr da waren, die ihn verteidigen“.

Hochul hatte sich bereits vor Monaten von Cuomo distanziert, beide traten nie gemeinsam auf und gingen sich aus dem Weg. Inzwischen nennt die designierte Gouverneurin das mutmaßliche Verhalten ihres Vorgängers „abstoßend und rechtswidrig“, und sie verspricht einen Kulturwandel: „Am Ende meiner Amtszeit wird niemand meine Verwaltung jemals als giftiges Arbeitsumfeld bezeichnen.“

Für die US-Demokraten wurde Cuomo zuletzt immer mehr zu Last. Die Partei und mit ihr verbundene Aktivisten hatten zu Zeiten der Präsidentschaft von Donald Trump große „MeToo“-Proteste angeführt. Jetzt haben die Demokraten selbst einen Skandal um mutmaßlichen Machtmissbrauch, Demütigung und Nötigung am Hals. In rechtskonservativen Kreisen wird die Affäre Cuomo längst mit triumphierender Häme begleitet.

Schon vor Monaten hatte New Yorks neue Gouverneurin sich von ihrem Vorgänger distanziert. Quelle: Reuters
Kathy Hochul und Andrew Cuomo 2018

Schon vor Monaten hatte New Yorks neue Gouverneurin sich von ihrem Vorgänger distanziert.

(Foto: Reuters)

Hochul, wenn auch weniger prominent als Cuomo, dürfte mit ihrer Biografie besser in das Bild passen, das Joe Biden über die Demokraten vermitteln will. Die Nachfahrin irischer Einwanderer stammt aus einem Arbeiterhaushalt mit sechs Kindern, als Teenagerin servierte sie Pizza und Chicken Wings in einem Vorort von Buffalo. Ein zehn Jahre altes Porträt der „New York Times“, das gerade im Netz zirkuliert, beschreibt Hochuls Kindheit als prekär. Ihre Eltern hätten bis kurz vor ihrer Geburt in einem Wohnwagen gelebt, heißt es darin.

Mit Mutter und Tante gründete Hochul ein Frauenhaus

Dank Stipendien konnte sie Jura studieren und arbeitete als Referentin auf dem Capitol Hill. In den 80er-Jahren heiratete sie den Anwalt William Hochul, das Paar hat zwei Kinder. Kathy Hochul wurde in den 90er-Jahren in den Rat der Stadt Hamburg im Landkreis Erie gewählt, in dieser Zeit gründete sie mit ihrer Mutter und ihrer Tante ein Frauenhaus. Damals erzählte sie dem Magazin „Politico“, dass ihre Großmutter Opfer von häuslicher Gewalt geworden sei, weshalb sie sich „ihr Leben lang“ dem Aktivismus für Frauen widmen werde.

Einen Achtungserfolg errang Hochul 2011, als sie den überaus konservativen Wahlkreis Erie County für die Demokraten eroberte und als Abgeordnete in den Kongress einzog. Allerdings wurde sie nur zwei Jahre später wieder abgewählt, ein Republikaner und Trump-Vertrauter rückte an ihre Stelle.

Hochuls Ehemann arbeitet inzwischen als Cheflobbyist für einen großen Glücksspielkonzern in Buffalo, der wie jedes Unternehmen dieser Branche staatlichen Vorschriften unterliegt – die ersten Zeitungen schreiben bereits von einem Interessenkonflikt. Spätestens im kommenden Jahr, wenn die nächsten Gouverneurswahlen anstehen, könnte das zum Problem werden. Allerdings hat sich Hochul bislang nicht geäußert, ob sie antritt.

Herausforderungen wird es bis dahin so oder so geben: Die Delta-Variante lässt auch in New York die Covid-Zahlen klettern, nicht allen Regionen gelingt gerade der Wirtschaftsaufschwung. Hochul setzt auf ein altbewährtes Rezept: ruhig bleiben. In den kommenden zwei Wochen, sagte sie, werde sie „durch den Staat reisen und zuhören, was die Menschen zu sagen haben“.

Mehr: Der Abstieg des Corona-Stars Andrew Cuomo

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