US-Präsident in der Krise „Let's go, Brandon“ – Der neue Schlachtruf der Rechten zeigt Bidens Probleme

Der Satz ist in Wahrheit eine Beleidigung an den US-Präsidenten.
Washington An dem Satz „Let's go, Brandon“ kommt man in den USA derzeit nicht vorbei. Prominente Republikaner tragen ihn auf Baseball-Kappen und Masken gedruckt, Ex-Präsident Donald Trump lässt T-Shirts für 45 Dollar das Stück auf seiner Website verkaufen. In Sportstadien und auf Demonstrationen erschallen „Let's go, Brandon“-Sprechchöre, bei einer Trump-Rally in Iowa flatterte die Parole per Flugzeugbanner über den Köpfen des Publikums.
Gleich vier „Let's go, Brandon“-Popsongs führen die amerikanischen iTunes-Charts an, auf Amazon werden Notizblöcke, Sticker, Flaggen unter selbigem Titel verramscht. Vor einigen Tagen erreichte der Hype eine neue Stufe: Ein Pilot der Fluglinie Southwest Airlines verabschiedete seine Passagiere mit „Let's go, Brandon“ – was den Konzern zu einer öffentlichen Entschuldigung zwang.
Die Aufregung um einen scheinbar harmlosen Satz rührt daher, dass „Let's go, Brandon“ in Wahrheit eine Chiffre ist. Er steht für „F*** you, Biden“ eine Beleidigung des US-Präsidenten.
Der Schlachtruf zeigt das neue Selbstbewusstsein von Amerikas Rechter, die angesichts von Bidens Regierungskrise in Washington auf Revanche an der Urne hofft. Ein erster Stimmungstest steht diesen Dienstag an, wenn die Demokraten die Gouverneurswahlen in Virginia verlieren könnten.
Begonnen hat alles mit einem Internet-Meme, das sich seit einigen Wochen durch die sozialen Netzwerke frisst. Anfang Oktober fand ein Motorsport-Autorennen im Bundesstaat Alabama statt.
Brandon Brown, ein 28-jähriger Fahrer, hatte seinen ersten größeren Titel gewonnen und wurde von einer Fernsehreporterin interviewt. Die Menge hinter ihm skandierte etwas, das zunächst schwer zu verstehen war – woraufhin die Reporterin sagte: „Sie rufen,Let's go, Brandon'!“ In Wahrheit beleidigte das Publikum damit Biden, das wurde schnell deutlich. Die Szene ging sofort viral – eine Kampfansage an den US-Präsidenten war geboren.
Nur Trump war unbeliebter als Biden
Dass eine Fernsehpanne derart im Lager der Biden-Gegner verfangen kann, liegt auch an der mageren Erfolgsbilanz des US-Präsidenten. Biden hat sich in den vergangenen Monaten angreifbar gemacht: Kritik perlt nicht mehr an ihm ab wie zu Beginn seiner Amtszeit, als er als Krisenmanager in der Pandemie punkten konnte. „Bidens Wähler zerfasern an den Rändern – Trumps Fans halten zusammen“, brachte das US-Magazin „Politico“ die Lage auf den Punkt.

Aufgrund unterschiedlicher Krisen verliert der US-Präsident an Beliebtheit.
Tatsächlich genießt Biden unter demokratischen Anhängern noch immer Beliebtheitswerte von über 90 Prozent. Doch auf das ganze Land gerechnet sieht es schlecht für ihn aus, seine Umfragen sind auf rund 43 Prozent Zustimmung abgesackt. Nur Trump war zu diesem Zeitpunkt der Amtszeit unbeliebter.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Covid-Infektionen sind nicht unter Kontrolle, der chaotische Afghanistan-Abzug ließ an Bidens Urteilsvermögen zweifeln. Lieferkettenprobleme und Inflation machen sich in den Portemonnaies von Millionen Menschen bemerkbar. Dazu schürt das Ringen um Billionen-Pakete auf dem Capitol Hill den Eindruck, Bidens Demokraten blieben ihren Wählern konkrete Ergebnisse schuldig.
Die Demokraten hätten zunehmend ein Problem mit der Mobilisierung, sagte der New Yorker Politikexperte Stanley Renshon der Nachrichtenagentur AP. Noch vor wenigen Monaten sei Wut das Leitmotiv vieler Republikaner gewesen, etwa über den – mehrfach widerlegten – Vorwurf, die Präsidentschaftswahlen seien manipuliert gewesen. Inzwischen habe sich die Wut in Triumph verwandelt, „und das betrifft längst nicht mehr nur eingefleischte Trump-Anhänger“, so Renshon.
Obama musste zur Hilfe eilen
Die Virginia-Wahlen sind dafür ein gutes Beispiel – unabhängig davon, wie sie ausgehen. Selbst ein knapper Sieg für die Demokraten wäre ein Warnsignal für Biden. Der demokratische Kandidat, Terry McAuliffe, lag zuletzt in Umfragen hinter dem Republikaner Glenn Younkin, der von Trump unterstützt wird.

Tatsächlich genießt Biden unter demokratischen Anhängern noch immer Beliebtheitswerte von über 90 Prozent.
Das Hauptproblem der Demokraten scheint die Mobilisierung zu sein: Laut einer Erhebung der Christopher Newport University zeigten sich 80 Prozent der Republikaner im Vorfeld „sehr enthusiastisch“, aber nur 65 Prozent der Demokraten.
Eigentlich galt der wichtige Bundesstaat an der Ostküste als sichere Nummer für die Demokraten, der Trend geht zur Urbanisierung und einer diversen Bevölkerung. Seit über einem Jahrzehnt ist Virginia in demokratischen Händen.
Doch im schlechtesten Fall für Biden stimmen Republikaner überdurchschnittlich stark ab, während viele Demokraten unmotiviert zu Hause bleiben. Tritt dieses Szenario ein, könnte Virginia ein Vorzeichen für die wichtigen Zwischenwahlen 2022 sein, wenn die Republikaner den Kongress zurückerobern wollen.

Der demokratische Kandidat lag zuletzt in Umfragen hinter dem Republikaner Glenn Younkin, der von Trump unterstützt wird.
Die Sorge darüber scheint an oberster Stelle zumindest vorhanden. Bei einem Wahlkampfauftritt in Virginia schimpfte der US-Präsident minutenlang über seinen Vorgänger Trump und rief: „Geht wählen, um Schlimmes zu verhindern!“ Ex-Präsident Barack Obama reiste ebenfalls zur Verstärkung an. Für einen Staat, den die Demokraten 2020 klar eroberten, ist das bemerkenswert viel Aufwand.
Kommt Trump zurück?
Befeuert wird die Euphorie der Republikaner von anhaltenden Gerüchten über ein Comeback ihres Idols Trump. Die Zeitung „Washington Post“ berichtete kürzlich, Trump habe im Sommer seine Präsidentschaftskampagne für 2024 verkünden wollen. Seine Berater hielten ihn schließlich davon ab und warnten, ein allzu früher Schritt könne der Mobilisierung vor den Kongresswahlen schaden.
Die Strategie scheint stattdessen, die Gerüchte noch eine Weile am Laufen zu halten. Zwar laufen die Geschäfte von Trump alles andere als rund. Doch er tourt regelmäßig für Massenkundgebungen durchs Land und sammelte im ersten Halbjahr 2021 rund 90 Millionen Dollar an Spenden.

Donald Trump lässt T-Shirts mit der Aufschrift „Let's go, Brandon“ für 45 Dollar das Stück auf seiner Website verkaufen.
Bei den Republikanern ist er nach wie vor sehr beliebt: Laut einer Umfrage der Quinnipiac University stehen mehr als 80 Prozent der Anhänger hinter dem Ex-Präsidenten, rund zwei Drittel wollen ihn erneut im Rennen um die Präsidentschaft sehen.
Ein Teil der Trump-PR ist es, die Begeisterung seiner Fans aufrechtzuerhalten – und „Let's go, Brandon“ gehört dazu. Am Wochenende tauchten Trump und die frühere First Lady Melania in einem Football-Stadion in Atlanta auf. Die Menge brach in „Let's go, Brandon“-Rufe aus, Trump lächelte zufrieden aus der VIP-Loge. Das Video der Szene wurde bislang mehr als sieben Millionen mal auf Youtube abgerufen.
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es wird keiner von beiden werden .
Kann mir schwer vorstellen das Amerika einen 80 Jährigen zum Präsidenten wählt!