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US-Wahlkampf Finale der Demokraten: Biden zeichnet ein düsteres Bild der USA

Der 77-Jährige nimmt die Nominierung als Präsidentschaftskandidat an. Erstmals erklärt er ausführlich seine Vision für das Weiße Haus.
21.08.2020 Update: 21.08.2020 - 06:42 Uhr Kommentieren

Biden nimmt Nominierung als Präsidentschaftskandidat an

Washington Vier Sätze waren es, mit denen sich Joe Biden schlicht und unmissverständlich von Donald Trump abgegrenzt hat. „Unser Präsident hat versagt, in seiner einfachsten Pflicht. Er hat versagt, uns zu schützen. Das ist nicht zu verzeihen. Ich werde es anders machen“, sagte der 77-Jährige in der Nacht zum Freitag.

Mit seiner Rede zum Finale des Parteitags der Demokraten ist Bidens Kandidatur für die Präsidentschaft offiziell. Auch seine Vizin Kamala Harris wurde in dieser Woche von den Demokraten als Kandidatin bestimmt.

Je näher die US-Wahl am 3. November heranrückt, desto härter werden die Angriffe zwischen den Konkurrenten. Trump bezeichnete Biden nur Stunden vor dessen Rede als „Sleepy Joe“ und Feind der Wirtschaft.

Biden hielt sich in seinem Wohnort Wilmington ebenfalls nicht zurück. „Niemand sagt jemals zu diesem Präsidenten ,Danke für Ihre Arbeit. Danke, dass unsere Kinder zu Ihnen aufschauen.' Er wacht jeden Morgen auf und denkt, er sitzt für sich selbst im Weißen Haus. Nicht für uns alle.“

Für Biden war der Abend ein außerordentlich bewegendes Ereignis. Fast ein halbes Jahrhundert, nachdem er in den US-Senat gewählt wurde, hat er das Ziel erreicht, offizieller Kandidat der Demokraten zu sein. Zweimal zuvor war er als Präsidentschaftsbewerber angetreten, doch erst in diesem Jahr konnte er sich die Nominierung sichern. 

„In Europa ist es nicht so schlimm“

Ein Ballsaal ohne Menschenmenge war die Kulisse für Bidens bislang wichtigste Rede im US-Wahlkampf. Doch die Demokraten holten einiges aus der ungewöhnlichen Situation heraus.

Gäste wurden per Video-Leinwand zugeschaltet, draußen vor der Tür feierten Anhänger im Autokino. Und Biden, der im Vorwahlkampf oft fahrig aufgetreten war, hielt am Ende eine starke Rede, die seine Vision für das Weiße Haus skizzierte. 


„Als Präsident werde ich als erstes die Kontrolle über das Virus erlangen, das so viele Leben ruiniert hat“, sagte Biden über seine Strategie gegen die Pandemie. „Wir werden unsere Wirtschaft niemals wieder in Schwung bringen, unsere Kinder niemals wieder sicher in die Schule gehen lassen können und niemals unser Leben zurückbekommen, wenn wir uns nicht mit diesem Virus befassen.“

Die „Tragödie“ der USA, so Biden, sei vermeidbar gewesen. „In Kanada ist es nicht so schlimm. Oder Europa. Oder Japan. Aber der Präsident wartet weiter auf ein Wunder. Nun, ich habe Neuigkeiten für ihn: Es kommt kein Wunder.“

Biden versprach „das Ende dieses Kapitels der amerikanischen Finsternis“. „Vereint können und werden wir die Zeit der Dunkelheit in Amerika überwinden.“

Ansagen wie diese markieren einen Schwenk. Bereits Ex-Präsident Barack Obama hatte diese Woche Trump ungewöhnlich scharf kritisiert. „Donald Trump ist nicht in den Job hineingewachsen, weil er es nicht kann“, sagte Obama.

2016 hatten sich die Demokraten noch über Trump lustig gemacht, ihn trivialisiert und unterschätzt. Und auch im Vorwahlkampf der Demokraten fiel der Name von Trump nur selten. Jetzt ist die Botschaft bis zur Wahl klar: Trump sei eine existenzielle Bedrohung für die Nation und für die Welt. 

Doch Biden beginnt die heiße Wahlkampfphase unter extremen Umständen. Inmitten der Corona-Pandemie musste die Partei ihre Convention fast ausschließlich virtuell abhalten, parallel bestimmt Trump fast täglich die Nachrichten.

Bidens Rede war deshalb die erste große Gelegenheit, in der er seine Botschaften gebündelt in die Anhängerschaft tragen konnte – knapp einen Monat vor Beginn der wichtigen TV-Duelle. 

Elf Wochen vor der Wahl ist längst nicht ausgemacht, ob die Demokraten ihre alten Hochburgen wieder zurückerobern können. Quelle: Reuters
Joe Biden und seine Vizin Kamala Harris

Elf Wochen vor der Wahl ist längst nicht ausgemacht, ob die Demokraten ihre alten Hochburgen wieder zurückerobern können.

(Foto: Reuters)

Eine Erzählung zog sich durch die Convention: Biden habe nicht nur die Erfahrung, sondern auch das Mitgefühl und die Integrität, um die USA aus ihrer schweren Wirtschafts- und Gesundheitskrise zu führen. In seiner Rede sprach er auch über seine Schicksalsschläge: vom Autounfall, bei dem seine erste Frau und seine Tochter ums Leben kamen, aber auch über den Tod seines Sohnes Beau Biden.

„Ich weiß, wie es ist, jemanden zu verlieren. Wie es ist, wenn das eigene Herz ein schwarzes Loch ist.“ Biden sieht sich als Brückenbauer, als Vater der Nation: „Ich werde für diejenigen, die mich nicht unterstützen, genauso hart arbeiten wie für diejenigen, die es nicht tun“, versprach er. 

Bislang hatte man im Wahlkampf viel über Bidens moralische Werte erfahren – jedoch wenig darüber, welche konkrete Politik er als Präsident durchsetzen wird. Denn Bidens Ziel, als Kandidat der Mitte wahrgenommen zu werden, ist in seiner Umsetzung zum Teil verwirrend.

Sein Programm trägt stellenweise eine linke Handschrift, vor allem in seinem Zwei-Billionen-Dollar-Konzept für Klimaschutz und Infrastruktur. Gleichzeitig tritt Biden als Zentrist auf, um moderate Wähler an sich zu binden.

Die Demokraten luden sogar einige republikanische Politiker als Gastredner ein. Damit sollte der Vorwurf der Republikaner entkräftet werden, Biden werde die USA deutlich nach links rücken. 

In seiner Rede probierte Biden erneut die Balance aus links und moderat. Fünf Millionen neue Jobs in Zukunftsindustrien wie High-Tech und grüner Energie versprach der Kandidat, dazu Billionen-Investitionen ins Gesundheits- und Bildungssystem, in Kinderbetreuung, Altenpflege und Löhne.

Die Finanzierung ist noch unklar, ein Teil soll über die Besteuerung „für die reichsten ein Prozent und die größten und profitabelsten Unternehmen“ reinkommen.

Kampf um Arbeitsplätze

Trump hatte seine Attacken zuletzt verschärft, in den vergangenen Tagen tourte er als Gegenprogramm zum Parteitag durch den Mittleren Westen. „Die Demokraten sind verrückt geworden. Joe Biden ist eine Marionette der radikalen linken Bewegung, die versucht, die amerikanische Lebensweise zu zerstören“, sagte der US-Präsident am Donnerstag in einer Fertigungsfabrik im Bundesstaat Pennsylvania. „Sie wollen keine Kohle, sie wollen keine Waffen, sie wollen keine Religion.“

Trump trat ganz in der Nähe von Bidens Geburtsort Scranton auf: eine Kleinstadt, die Biden als Kind mit seiner Familie verlassen hatte, als der industrielle Abstieg begann.

Bidens Kampagne legt Wert darauf, dessen Wurzeln im Arbeiterviertel hervorzuheben. Doch 2016 wanderten viele Wähler, die in genau diesen Vierteln wohnen, zu Trump. Pennsylvania wurde nach fast 25 Jahren republikanisch.

Anhänger verfolgten die Veranstaltung im Autokino. Quelle: AP
Joe Biden und seine Frau Jill Biden

Anhänger verfolgten die Veranstaltung im Autokino.

(Foto: AP)

Elf Wochen vor der Wahl ist längst nicht ausgemacht, ob die Demokraten ihre alten Hochburgen wieder zurückerobern können. Bundesweit führt Biden mit bequemem Abstand vor Trump, doch in Pennsylvania und anderen entscheidenden Staaten ist der Vorsprung nur knapp. 

In der kommenden Woche werden die Republikaner ihren Parteitag abhalten. „Dies ist eine lebensverändernde Wahl, die die Zukunft Amerikas für eine sehr lange Zeit bestimmen wird“, warnte Biden die Demokraten.

Nach seiner Rede traten er und Harris ins Freie, wo ein Feuerwerk und feiernde Anhänger in hupenden Autos warteten. Für einen Moment wirkte die Parteitag fast wie eine normale Convention – jenseits der Pandemie, die den Wahlkampf prägt. 

Mehr: US-Präsident Trump greift Biden und „wahnsinnige“ Demokraten an.

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