USA Hitze, Dürre, Brände – und Bidens Klima-Revolution kommt kaum voran

Fundament für Bidens Klimavision ist ein Konzept mit dem Titel „The American Jobs Plan“.
Washington Der Kampf gegen den Klimawandel ist eines der größten Versprechen von US-Präsident Joe Biden. „Wir werden uns den drängenden Problemen der Klimakrise endlich stellen“, schwor er zum Amtsantritt.
Ein halbes Jahr später wird dem Land der Handlungsbedarf einmal mehr vor Augen geführt: Dieser Sommer bricht Hitzerekorde, Brände fressen sich durch Kalifornien und Oregon, fast 90 Prozent des amerikanischen Westens leiden unter Dürre.
Die neue Prognose des Weltklimarats warnt vor häufigen dieser Extremwetter-Phänomenen in naher Zukunft. Am Beispiel der größten Industrienation zeigt sich, dass selbst eine Regierung mit ambitionierten Klimazielen schnell an Grenzen stößt.
Bislang hat Biden nur einen kleinen Teil seiner Ziele umgesetzt oder zumindest initiiert. Zwar führte er die USA zurück ins Pariser Klimaabkommen, das sein Vorgänger Donald Trump aufgekündigt hatte.
Außerdem haben sich die USA verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 zu halbieren. Allerdings wird Biden seinen eigenen Ansprüchen kaum gerecht, in der Praxis lässt die Klima-Revolution auf sich warten. Das Handelsblatt hat die vier wichtigsten Bereiche von Bidens Plänen analysiert:
1. Grünes Infrastrukturpaket
Fundament für Bidens Klimavision ist ein Konzept mit dem Titel „The American Jobs Plan“. Insgesamt will er über vier Jahre zwei Billionen Dollar in den nachhaltigen Umbau von Energiewirtschaft und Industrie pumpen. Der US-Kongress will diese Woche ein Infrastrukturpaket auf den Weg bringen, das im Kompromiss mit der republikanischen Opposition entstanden ist.
Allerdings wurde das ursprünglich geplante Budget halbiert, viele Elemente wurden gestrichen. Ein sogenannter Clean Energy Standard etwa, der Stromversorger zu erneuerbaren Energien wie Sonne, Wind und Wasserkraft verpflichtet, findet sich darin nicht.

Industrie und Energiewirtschaft in den USA sollen nachhaltiger werden.
Ein paar grüne Förderungen wurden beibehalten: 73 Milliarden sind für Stromnetze vorgesehen, 7,5 Milliarden für Elektroladestationen und sechs Milliarden für Kernreaktoren, die – anders als in Deutschland – Teil des Energiemixes bleiben sollen. Dazu gibt es Investitionen in sauberen Wasserstoff und die Entgiftung von Flüssen, alten Ölquellen und Bergwerken.
„Das Gesetz kann die Klimakatastrophe nicht verhindern“, kritisierte Greenpeace USA. Das Weiße Haus betont, die Reform sei nur ein erster Schritt – und stellt ein zusätzliches 3,5 Billionen-Dollar-Paket in Aussicht, das viele Klimaversprechen einlösen und Steuern erhöhen würde. Es ist ein riskantes Unterfangen, denn die Republikaner werden da nicht mitmachen, und die Demokraten haben nur sehr knappe Mehrheiten im Kongress.
2. Elektromobilität
Was Biden nicht im Kongress regeln kann, versucht er über Dekrete. Vergangene Woche unterschrieb er eine Verordnung, derzufolge 50 Prozent der in den USA verkauften Fahrzeuge bis 2030 per Batterie, Brennstoffzellen oder Plug-in-Hybrid angetrieben werden sollen.

Beim Klimaschutz gab es bei Bidens Vorgängern große Unterschiede. Obama forcierte das Thema, Trump lockerte Beschränkungen.
Der Transportsektor ist die größte Quelle für Treibhausgasemissionen in den USA, nur 2,2 Prozent der verkauften Fahrzeuge sind vollelektrisch. Hinter der E-Offensive steckt auch die Absicht, die USA wettbewerbsfähig zu halten: China ist weltweit führend bei Batterien und Elektrofahrzeugen, das verarbeitende Gewerbe in den USA schrumpft.
Aktuell importiert das Land über 50 Prozent der Metalle und Mineralien, die für die Produktion von Elektrofahrzeugen gebraucht werden. Viele US-Marken wie GM, Ford und Stellantis investieren seit Jahren in den Abschied vom Verbrenner und haben zum Teil ehrgeizigere Ziele definiert.
Das Biden-Dekret kann als symbolischer Schulterschluss verstanden werden, ersetzt aber keine Milliardeninvestitionen – zumal die Verordnung nicht bindend ist. Die Branche hofft auf ein größeres Klimapaket, das Steueranreize bietet und den massiven Ausbau des Netzes von Ladestationen vorsieht – derzeit gibt es nur 43.000.
3. Fossile Energien einschränken
Biden hat Erdölbohrungen in Teilen der Arktis blockiert und die Keystone-XL-Ölpipeline aus Kanada gestoppt. Die US-Regierung arbeitet dazu an neuen Emissionsbeschränkungen für die Industrie, die unter Trump gelockert wurden. Biden will sie noch strenger definieren als Barack Obama.

Die Waldbrände des sogenannten Dixie Fire wüten schon länger in dem US-Bundesstaat.
Das Hin und Her zeigt ein Grundproblem, das Unsicherheit schafft: Je nach Regierung können Regeln auf exekutiver Ebene schnell wieder kippen. Ein Dekret vom Jahresbeginn, das Öl- und Gasbohrungen in Bundesgebieten einschränken sollte, zeigt bislang keine Wirkung.
Die Genehmigungen sind auf dem höchsten Stand seit Jahrzehnten, weil viele fossile Brennstoffreserven seit Langem verpachtet sind. Bidens Klima-Agenda wird auch durch die Spritpreise verkompliziert: Jeder Versuch, die Erdölförderung zu begrenzen, könnte die Preise weiter in die Höhe treiben und den Aufschwung gefährden.
4. Katastrophenschutz
Hurrikans, Dürren, Fluten, Feuer, Tornados: In den USA ist Extremwetter keine Seltenheit. Allein im vergangenen Jahr wurden 22 Naturkatastrophen gezählt, die jeweils über eine Milliarde Dollar an Schäden verursachten. Bei Hitzewellen im Westen und einem Wintereinbruch in Texas starben Hunderte Menschen.
Bidens Regierung will mit riesigen Geldsummen das Land gegen Katastrophen wappnen. Ein neuer Fonds in Höhe von 3,5 Milliarden US-Dollar wurde erst vergangene Woche ins Leben gerufen. Die Gelder für die Katastrophenschutzbehörde Fema wurden massiv aufgestockt. Das parteiübergreifende Infrastrukturpaket sieht 4,5 Milliarden Dollar zusätzliche Mittel für die Fema vor.
Für Biden und seine Regierung geht es auch um Glaubwürdigkeit: Bis zur UN-Klimakonferenz im Herbst will er einen Industriestandard für saubere Energie verabschiedet haben. Es ist ein weiteres Versprechen, an dem sich der US-Präsident messen lassen muss.
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