USA und China Die Olympischen Spiele werden zum Politikum – und zur Bewährungsprobe für Olaf Scholz

Das Vorgehen der USA sei „ein schwerwiegender Verstoß gegen den in der olympischen Charta verankerten Grundsatz der politischen Neutralität im Sport“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking.
Peking/Washington Zumindest was das Verhältnis zu China angeht, setzt die neue Bundesregierung erst mal auf Kontinuität – und das heißt Unschärfe. Gefragt, ob er den USA mit ihrem diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele 2022 in der Volksrepublik folgt, wand Olaf Scholz (SPD) sich zunächst, dann sagte er: Man werde sich „sorgfältig und im internationalen Zusammenhang beraten und Entscheidungen treffen“. Selbstverständlich vergaß der angehende Kanzler nicht, die Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft zu betonen.
Neben ihm standen am Dienstag bei der gemeinsamen Pressekonferenz der Ampelkoalitionäre der künftige Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der designierte Finanzminister Christian Lindner (FDP).
Auch der Grünen-Co-Chef Habeck blieb im Ungefähren: Im Verhältnis zu China werde man sich immer wieder genau anschauen müssen, wo Kooperationen im deutschen Interesse seien und wo nicht. Der FDP-Chef will „die Beziehungen zu China weiterentwickeln“, aber auf „der Weltbühne“ auch „Einsatz für Menschenrechte“ zeigen.
All das hätte die scheidende Bundesregierung kaum anders formuliert. Deutlicher wurde allein Bijan Djir-Sarai, außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Ein diplomatischer Boykott sei eine „reale Option“. „Optimal wäre es, das EU-weit zu koordinieren, denn das verstärkt unsere Position“, sagte er dem Handelsblatt. „Wir haben im Koalitionsvertrag klargemacht, dass wir beim Thema Menschenrechte eine starke Koalition sein wollen. Das gilt gerade im Verhältnis zu China.“
Fest steht: Die Ampelkoalitionäre werden in der Olympiafrage kaum um eine schnelle Positionierung herumkommen. Denn die Olympischen Winterspiele beginnen bereits Anfang Februar, und US-Präsident Joe Biden hat mit seinem diplomatischen Boykott den Druck auf die Partner erhöht, sich zu entscheiden: für die USA oder für China.

China hatte direkt nach der Ankündigung des Boykotts die USA kritisiert und Konsequenzen angekündigt.
Offiziell begründen die USA den Boykott mit Menschenrechtsverletzungen an Minderheiten wie den muslimischen Uiguren. Inoffiziell geht es natürlich auch um die Stärkung einer „demokratischen Allianz“ gegen China. Zu diesem Zweck hat Biden auch am Donnerstag ausgewählte Regierungen zu einem digitalen „Gipfel der Demokraten“ geladen.
Andere Länder zögern
In der Frage des Olympiaboykotts zeigen sich viele Verbündete der USA noch unentschlossen. „Wir nehmen die Entscheidung der USA zur Kenntnis und werden uns auf europäischer Ebene bei dem Thema abstimmen“, teilte die französische Regierung wortkarg mit.
Auch David McAllister, Leiter des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten im Europaparlament, will sich nicht festlegen: „Der diplomatische Boykott der USA bei den Olympischen Winterspielen in Peking ist eine Entscheidung von Präsident Biden. Jedes Land hat das Recht, eine derartige Frage souverän zu beantworten“, sagte er dem Handelsblatt. Grundsätzlich aber gehe „es um die Frage, wie Menschenrechte weltweit besser geachtet und geschützt werden können“. Da biete „der anstehende Demokratiegipfel eine Chance“.
Ebenso unentschlossen wie die Europäer in der Frage eines Olympiaboykotts sind auch Japan, Australien und Kanada. Nur Neuseeland hat sich entschlossen, dem amerikanischen Weg zu folgen.
Die Zurückhaltung ist kein Wunder. Denn China hat im Falle eines Boykotts bereits Vergeltung angekündigt. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking kündigte am Dienstag „entschlossene Gegenmaßnahmen“ an.

Im Konflikt mit China wurde unter anderem von CDU Außenpolitikern eine gemeinsame europäische Lösung gefordert.
Das Vorgehen der USA sei „ein schwerwiegender Verstoß gegen den in der olympischen Charta verankerten Grundsatz der politischen Neutralität im Sport“ und stehe im Widerspruch zum olympischen Motto des „Miteinanders“, so der Sprecher.
Zuvor hatten bereits andere chinesische Regierungsvertreter die USA attackiert. „Politiker, die zum Boykott der Olympischen Spiele aufrufen, machen das für ihre eigenen politischen Interessen“, wetterte der chinesische Botschafter in Washington, Liu Pengyu, auf Twitter. Tatsächlich würde es „niemanden interessieren, ob diese Menschen kommen oder nicht“, und es habe „keinerlei Auswirkungen auf die erfolgreiche Durchführung“ der Spiele, so Liu.
In die Kritik geraten war Peking in den vergangenen Wochen auch wegen des Umgangs mit der bekannten Tennisspielerin Peng Shuai. Nachdem die 35-Jährige den ehemaligen chinesischen Vizepremierminister Zhang Gaoli Anfang November öffentlich beschuldigt hatte, sie sexuell missbraucht zu haben, war Peng plötzlich verschwunden.
Unter anderem der Welt-Frauentennisverband (WTA), Menschenrechtsaktivisten und Politiker hatten daraufhin große Sorgen um sie geäußert. Anfang Dezember hatte der WTA angekündigt, alle Tennisturniere in der Volksrepublik auszusetzen.
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