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USA Wie Denkmäler zu Gewalt anstacheln

Immer wieder versuchen Rechtsradikale, die Ideologie einer weißen Vorherrschaft zu normalisieren. Der Denkmäler-Streit in Charlottesville und anderswo zeigt, die Wunden der US-Geschichte sind nur oberflächlich verheilt.
18.08.2017 - 03:25 Uhr 6 Kommentare
Die traurigen Ereignisse von Charlottesville, Virginia, löste er aus: Robert Lee, Südstaaten-General. Denkmäler solcher Art stehen für viele gleich mit Rassismus und Rassentrennung, weshalb sie oft beschädigt werden. Quelle: Reuters
Statue des Südstaaten-Generals Robert Lee

Die traurigen Ereignisse von Charlottesville, Virginia, löste er aus: Robert Lee, Südstaaten-General. Denkmäler solcher Art stehen für viele gleich mit Rassismus und Rassentrennung, weshalb sie oft beschädigt werden.

(Foto: Reuters)

New York Warum ist es in Charlottesville zu gewalttätigen Auseinandersetzungen wegen eines Denkmals gekommen? Die Antwort auf die Frage ist komplex, und sie reicht weit zurück in die Geschichte Amerikas.

Zunächst bleibt festzuhalten: Charlottesville ist kein Einzelfall, wenn auch ein besonders schrecklicher Fall. In vielen Städten der Südstaaten werden Statuen abgebaut, die Charakteren aus der Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs gewidmet sind. Die Südstaaten trennten sich damals von den Nordstaaten, weil sie die Sklavenhaltung aufrechterhalten wollten. Insgesamt gibt es heute rund 1500 Namen von Plätzen und Straßen sowie andere Formen des Andenkens an Politiker und Generäle, die für den Süden gekämpft haben.

New Orleans hat gleich vier Monumente abgerissen. Eines davon war einem blutigen Aufstand aus dem Jahr 1874 gewidmet, mit dem sich Weiße gegen die Einführung einer „integrierten“ Polizei mit Schwarzen und Weißen gewehrt hatten. Zwei andere Statuen waren Südstaaten-Generälen gewidmet, einer davon war Robert Lee, um den es auch in Charlottesville geht. Und die vierte stellte Jefferson Davis dar, den Präsidenten der abtrünnigen Südstaaten-Konföderation.

Dieser Abbau hat wütenden Protest hervorgerufen, ein Parlamentarier forderte sogar, die Leute zu lynchen, die dafür verantwortlich sind, entschuldigte sich später aber. Anstoß für die neue Bewegung zur Abschaffung dieser Denkmäler gab unter anderem ein Vorfall aus dem Jahr 2015: In Charleston, im Bundesstaat South Carolina, erschoss ein weißer Rassist neun Menschen einer schwarzen Kirchengemeinde. Auf den Sozialen Netzwerken zeigte sich der junge Mann oft mit der Flagge der Südstaaten. South Carolina entschied darauf, diese Flagge, die bis dahin auf dem Kapitol des Staats geweht hatte, offiziell abzuschaffen.

Der Streit reißt alte Wunden auf, die zumindest unter weißen Amerikanern zu einem guten Teil längst ausgeheilt zu sein schienen. Amerika ist ja gut darin, die eigene Geschichte zu beweihräuchern. Der Bürgerkrieg von 1861 bis 1865, eine der brutalsten militärischen Auseinandersetzungen des 19. Jahrhunderts und eine der ersten, die mit moderner Infrastruktur wie Telegraph und Eisenbahn ausgefochten wurde, war weitgehend als ein Heldenmythos akzeptiert, in dem beide Seiten für eine Sache kämpften, die sie zumindest damals für gut hielten.

Zwei ökonomische und weltanschauliche Systeme prallten aufeinander: der Süden mit seinen von Sklaven bewirtschafteten Plantagen und der Norden, der den Keim einer modernen Industrienation in sich trug und die Konkurrenz der Sklavenhalter nicht nur als unmenschlich, sondern auch als unfair einstufte. Abraham Lincoln als US-Präsident war die alles überragende Figur, die die junge Nation zusammenhielt und den Norden zum Sieg führte.

Aber die Wunden sind nur oberflächlich verheilt. Der Süden hat sich von dem Verlust des Krieges und der wirtschaftlichen Grundlage der Sklaverei nie vollständig erholt. Bis heute sind Bundesstaaten wie Mississippi und Louisiana arm. Bis heute ist die Erinnerung an den Krieg lebendig geblieben, verehrt eine Minderheit der weißen Südstaatler die Flagge der damaligen vereinigten Sklavenhalter-Staaten, und dazu die Generäle, die auf dieser Seite der Front gekämpft haben.

Hinzu kommt hier und da die Frustration mancher Amerikaner im Süden, stets mit Sklaverei identifiziert und damit moralisch abgewertet zu werden. In der Tat gibt es in den nördlichen Staaten bei manchen Amerikanern ein unterentwickeltes Bewusstsein dafür, dass auch dort Sklaverei lange Zeit üblich war.

Südstaatler unternehmen jetzt den letzten Versuch, die Geschichte wenigstens zum Teil noch in ihrem Sinn zu interpretieren. Und US-Präsident Donald Trump ermutigt sie, indem er lästert, irgendwann werde auch das Andenken an George Washington der Political Correctness zum Opfer fallen. Richtig ist, dass Washington Sklaven besaß. Aber in Amerikas Geschichte steht er für den Kampf für die Befreiung von der britischen Herrschaft, und nicht für den Einsatz von Sklaverei. Richtig ist freilich auch, dass die Briten eher als die Amerikaner die Sklaverei abgeschafft haben.

Ein guter Präsident würde versuchen zu heilen, statt Salz in die Wunden zu reiben. Er würde sich dafür aussprechen, die umstrittenen Monumente in Museen oder jedenfalls in einer Umgebung aufzustellen, in der die Problematik, die damit verbunden ist, deutlich gemacht werden kann. Es gibt in einigen Städten bereits Bestrebungen in diese Richtung. Auf diese Weise könnte Amerikas Geschichte ohne Beweihräucherung lebendig bleiben, und die Verlierer des Bürgerkriegs hätten nicht das Gefühl, nachträglich von der Historie ausgeschlossen zu werden.

Diese Berater kehren Trump den Rücken
Kenneth Frazier
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Der Chef des amerikanischen Pharmakonzerns Merck & Co. (nicht zu verwechseln mit der deutschen Firma Merck in Darmstadt) ist als Berater von Trump zurückgetreten. Der Afroamerikaner Frazier hatte seinen Rückzug via Twitter begründet: „Ich fühle mich verantwortlich, Stellung gegen Intoleranz und Extremismus zu beziehen.“ Trump reagierte beleidigt und attackierte den Merck-Chef und das Unternehmen auf Twitter scharf. Der Pharma-Manager habe nun mehr Zeit, die Wucherpreise für Medikamente zu senken.

(Foto: AFP)
Brian Krzanich
2 von 7

Der CEO des Chipherstellers Intel begründete seinen Rückzug aus dem Gremium, das Trump in Industriefragen berät, auf Twitter: „Ich trete zurück, weil ich Fortschritte machen möchte, während viele Leute in Washingtonmehr damit beschäftigt zu sein scheinen, jeden zu attackieren, der nicht mit ihnen übereinstimmt.“

(Foto: Reuters)
Kevin Plank
3 von 7

Der Chef des Sportbekleidungsherstellers Under Armour teilte nach seinem Rückzug aus dem Beratergremium auf Twitter mit, dass er „sein Land und seine Firma liebe“ und sich nun ganz auf „die inspirierende und vereinende Kraft des Sports“ konzentrieren wolle.

(Foto: AP)
Bob Iger
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Der Chef des uramerikanischen Unterhaltungskonzerns Walt Disney ist im vergangenen Juni als Trumps Berater zurückgetreten, weil er aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen ist.

(Foto: AFP)
Elon Musk
5 von 7

Auch der Tesla-Chef ist bei Trump ausgestiegen, weil er mit der Klimapolitik des republikanischen Präsidenten alles andere als einverstanden ist. Für den Chef eines Unternehmens, das erfolgreich Elektroautos produziert, gehört sich das wohl auch. Musk zog sich damals sowohl aus dem „American Manufacturing Council“ als auch aus einem in allgemeinen Wirtschaftsfragen beratenden Gremium, dem „Business Advisory Council“, zurück.

(Foto: dpa)
Travis Kalanick
6 von 7

Der ehemalige Chef des Fahrdienstes Uber verließ das Weiße Haus aus Protest bereits im Februar, noch bevor er als Chef des Fahrdienstes zurücktrat. Zur Begründung sagte Kalanick, seine Teilnahme sei falsch verstanden worden und nicht als Unterstützung von Präsident Trump oder seiner Agenda gemeint gewesen.

(Foto: Reuters)
Richard Trumka
7 von 7

Aus Verärgerung über den erneuten Rückfall Trumps in der Nacht auf Dienstag trat Gewerkschaftschef Richard Trumka kurz nach der Pressekonferenz des Präsidenten aus einem Beirat zurück. Trump hatte seine uneindeutige erste Reaktion auf die Gewalt in Charlottesville vehement verteidigt und erneut beiden Seiten die Schuld gegeben. Er müsse „im Namen aller arbeitenden Amerikaner, die jeden Versuch der Legitimierung dieser bigotten Grupppen ablehnen“, zurücktreten, sagte der Chef der Gewerkschaft AFL-CIO.

(Foto: AP)

Barack Obama, Trumps Vorgänger, hat versucht, Amerika in eine Zukunft zu führen, die nicht mehr durch den Fluch der Vergangenheit definiert ist. Gut 150 Jahren nach dem schrecklichen Bürgerkrieg wäre es Zeit dafür. Aber historische Entwicklungen bewegen sich in den USA, im Vergleich zu technischen Trends wie Facebook und Google, im Schneckentempo. Die Geschichte ist mächtig und lässt sich durch Vernunft nur ungern zähmen. Umso schlimmer, dass die Vernunft im Weißen Haus ohnehin Mangelware geworden ist.

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6 Kommentare zu "USA: Wie Denkmäler zu Gewalt anstacheln"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Korrektur! Bannon ist RAUS!

    H U R R A!

  • Also Trump wird von Steve Bannon beraten, Putin von Alexander Dugin. Da braucht man keine großen Haarspaltereien mehr, um solche Leute als gefährlich zu benennen. Das sind Feinde der westlichen Demokratien. Die wollen liberale (Sozial-)Staaten zerstören. Und die EU.

  • @Narrog
    Schön, dass Sie den Begriff "rechtsradikal" vermieden haben. Die ganzen Debatten würden insgesamt sachlicher geführt werden können, wenn sich die unterschiedlichen Gruppen trennschärfer positionierten. So wie liberale, weltoffene und friedliebende Bürger nicht der Antifa angehören und nicht als Gutmenschen difamiert zu werden brauchen, ist ein konservativer Patriot für mich auch nicht automatisch rechtsextrem. Die Verbindung wird nur deshalb so gerne hergestellt, weil sich sehr sehr viele "Konservative" nicht scharf genug von rechtsradikalen, fremdenfeindlichen und gewaltbereiten Rechten distanzieren. Dann dürfen Sie sich eben auch nicht wundern, wenn man sie alle über einen Kamm schert. Wer in Charlottesville als patriotischer Republikaner gemeinsam mit Neonazis demonstriert hat, anstatt gegen diese zu sein, ist ein Idiot. SO machen sich konservative Bürger immer wieder zum Steigbügelhalter nationalistischer, rechtsextremer Spinner, wie sie leider auch bei der Pegida und AfD zu finden sind.

  • Da es diese Denkmäler schon jahrelang gegeben hat, ist es doch wohl offensichtlich, dass nicht die Denkmäler zu Gewalt angestachelt haben, sondern die Absicht der linken Gutmenschenmaffia, die diese Denkmäler aus der amerikanischen Geschichte entfernen wollen und Andersdenkenden das Recht verweigern, dagegen zu demonstrieren.

  • Es sieht wohl so aus, dass die Rechten hier in Europa wieder dafür sorgen, dass die Musels uns nicht immer abschlachten dürfen. Wohin man sieht, überall in der BRD übernehmen diese Koran-isten das Land.

    Man versuche nur einmal, in Kassel einen Hund im Taxi mit zu nehmen. Alles ist dort schon in Muslim Hand und alle sehen zu.

  • Die Denkmäler aus der Zeit des US Bürgerkriegs sind Teil der Geschichte der USA. Ich denke dass viele Menschen diese erhalten wollen die weit abseits des Ku Klux Clan und ähnlicher Organistionen stehen*. Ich vermute auch dass bei dem Demonstrationszug in Virginia der seitens der Medien als ganz böse dargestellt wird viele Menschen dabei waren die einfach nur die Geschichtsdenkmäler erhalten wollten.

    Man sollte auch bedenken, dass sich die Massstäbe in den vergangenen Jahrzehnten extrem nach links verschoben haben. Der erste SPD Vorsitzende der BRD Schuhmacher äusserte sich zu Ostpreussen und Schlesien in einer Form die ihn heute ins Gefängnis bringen würde. Der SPD Kanzler der 70er Jahre, Schmidt, hatte als Offizier in der Wehrmacht gedient. Viele Äusserungen früher BRD Politiker würden heutige Journalisten in Schnappatmung versetzen. Ähnlich, wenn auch weniger ausgeprägt ist dies in den USA.

    *Ich habe die Bezeichnung "Rechtsradikal" vermieden, da für die Journalisten der Qualitätsmedien vermutlich alle Menschen darunter fallen die der Gesellschaft nicht soviel Schaden zufügen möchten wie Fr. Merkel und Genossen.

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