Verheerende Feuer Griechenland fürchtet wegen Waldbränden einen „August der Albträume“

Feuerwehrleute in Griechenland sind im Dauereinsatz.
Athen Seit Tagen kämpfen in Griechenland Tausende Feuerwehrleute gegen verheerende Feuerstürme. Fachleute prognostizieren dem Land in Zukunft häufigere Hitzewellen und mehr Naturkatastrophen. Die dichten Pinienwälder des Parnes, eines der drei Hausberge Athens, galten bisher als die grüne Lunge der Millionenstadt. Jetzt gleicht die Gegend einer leblosen Mondlandschaft. Tausende Hektar sind abgebrannt.
Schwarze Baumgerippe ragen in den Himmel, ein grauer Ascheteppich bedeckt die Erde. Neben zerstörten Häusern stehen ausgeglühte Autowracks. Immer wieder sieht man verkohlte Tierkadaver. „Wir haben alles verloren“, sagt ein Mann, der am Freitag vor den Flammen fliehen musste und anderntags von seinem Haus nur noch rußgeschwärzte Mauern vorfand.
Bis auf einige wenige Brandnester waren am Sonntag die Flammen gelöscht. Aber die Einsatzkräfte sind noch nicht abgerückt. Die Feuer könnten wieder aufflammen. Hubschrauber kreisen über dem Brandgebiet. Die Piloten halten Ausschau nach Brandnestern, die der Wind wieder anfachen könnte.
Die Gegend an den südlichen Ausläufern des Parnes war dicht bewaldet. Seit den 1960er-Jahren ließen sich hier viele Athener nieder. Sie suchten Zuflucht vor der Sommerhitze. Viele Häuser wurden ohne Genehmigung in den Wald gebaut. Dass sie hier von Feuerstürmen heimgesucht würden, haben die Bewohner nicht erwartet. Oder sie haben die Gefahr verdrängt.
Bisher gab es nur ein Todesopfer. Das ist vor allem dem griechischen Alarmsystem zu verdanken. Man verlässt sich nicht auf altertümliche Sirenen. Meldungen werden als SMS und schrille akustische Signale auf die Mobiltelefone verschickt. So können die Menschen lokal gezielt vor drohenden Gefahren gewarnt und zur Evakuierung aufgefordert werden. Zugleich bekommen sie per Textnachricht präzise Angaben über sichere Fluchtrouten.
So verheerend waren die Feuer nie
Entwickelt wurde das Verfahren nach der Brandkatastrophe im Athener Vorort Mati, wo vor drei Jahren über 100 Menschen starben. Immer wieder flammen während heißer Sommer in Griechenland Brände auf. Aber so verheerend wie jetzt wüteten die Feuer noch nie. Nach einer Berechnung des Europäischen Waldbrand-Informationssystems EFFIS sind in Griechenland in diesem Jahr bis zum 5. August schon fast doppelt so viele Wälder abgebrannt wie im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2020.
Dabei sind die Brände der vergangenen drei Tage noch gar nicht berücksichtigt. Fast zwei Wochen lang erlebte Griechenland eine Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 46 Grad. Die Wälder sind ausgedörrt, schon ein Funke kann ein Feuer auslösen. Efthymios Lekkas, Professor für Geologie und Katastrophenmanagement an der Kapodistrias-Universität Athen, warnt vor einem „August der Albträume“.
Vielerorts habe man während der Hitzewelle Bodentemperaturen von 65 Grad gemessen, während die Luftfeuchtigkeit auf Werte von zehn bis 15 Prozent gefallen sei, berichtet Lekkas. Das könne zu „explosionsartigen Bränden“ führen. Gegen solche Feuerstürme mit Temperaturen von 600 Grad und mehr können auch Löschflugzeuge wenig ausrichten. Das Wasser, das sie abwerfen, verdunstet zum größten Teil, bevor es die Flammen erreicht.

Bei extremen Feuerstürmen können auch Löschflugzeuge wenig ausrichten.
Während sich die Lage bei Athen am Sonntagnachmittag weiter entspannte, gab es andernorts in Griechenland noch keine Entwarnung. Auf der Insel Euböa tobten mehrere riesige Feuerfronten. Dutzende Dörfer mussten evakuiert werden. Fischerboote, Fähren und Schiffe der Küstenwache nahmen Menschen an den Stränden auf, weil es keine anderen Fluchtwege mehr gab.
Mütter umklammerten ihre Babys, junge Leute halfen Alten und Gebrechlichen in die Boote. Fanis Spanos, der Regionalgouverneur, sprach von einer „unfassbaren Katastrophe“. Auf der Halbinsel Peloponnes waren die Brände am Sonntag ebenfalls noch nicht unter Kontrolle. Riesige Feuerfronten fraßen sich von Olympia ins dicht bewaldete Arkadien. Auch in der Region Mani tobten große Brände.
„70 Prozent unserer Region sind zerstört“, sagte die Vizebürgermeisterin des Ortes Ost Mani, Eleni Drakoulakou. „Wir erleben eine biblische Katastrophe.“ Touristenorte oder Ferieninseln sind von den Bränden in Griechenland bisher nicht direkt betroffen, wohl aber Ferienhäuser, vor allem auf dem Peloponnes.
Inzwischen ist die internationale Hilfe angelaufen. Rumänien schickte 112 Feuerwehrleute und 23 Löschfahrzeuge nach Griechenland. Sie sollen die griechischen Kollegen entlasten, die nach einer Woche Dauereinsatz am Ende ihrer Kräfte sind.
Frankreich sandte drei Löschflugzeuge und 80 Rettungskräfte. Staatspräsident Emmanuel Macron twitterte: „Frankreich steht zu Griechenland.“ Mehr als ein Dutzend Länder hilft den Griechen bereits. Deutschland zögerte lange. Erst am Samstag kündigte das Bundesinnenministerium die Entsendung von Feuerwehrkräften und Helfern des Technischen Hilfswerks an.
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