
Er gebärdet sich aus Sicht vieler externer Beobachter wie ein etwas plump agierender Alleinherrscher: Recep Tayyip Erdogan.
Ankara Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan nährt Spekulationen über eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl im August. In der regierungsnahen Zeitung „Sabah“ äußerte er sich am Dienstag zuversichtlich, dass das Staatsoberhaupt künftig über mehr Macht und Einfluss verfügen werde als bisher. Grund sei, dass der Präsident erstmals direkt vom Volk gewählt werde und nicht wie bislang vom Parlament. „Der Verantwortungsbereich wird ein anderer sein nach diesen Wahlen. Es wird nicht mehr einen protokollarischen Präsidenten geben, sondern einen, der schwitzt, sich überall zeigt und hart arbeitet.“
Erdogan darf nach den Statuten seiner Partei kein viertes Mal als Ministerpräsident antreten. Die AKP könnte dies zwar zu seinen Gunsten relativ leicht ändern. Da Erdogan jedoch ohnehin Ambitionen nachgesagt werden, Interesse am Präsidentenamt zu haben, besteht dazu gegenwärtig kein Anlass. Sollte er tatsächlich antreten, wird damit gerechnet, dass er im Falle eines Wahlsiegs eine Art Ämtertausch mit dem gegenwärtigen Präsidenten Abdullah Gül vornimmt. Der AKP-Mitbegründer würde dann anstelle Erdogans Ministerpräsident.
Mit einer weitgehend repräsentativen Rolle als Präsident dürfte sich Erdogan aber kaum zufrieden geben. Nicht erst seit dem Erfolg seiner Partei bei der Kommunalwahl, den er als Bestätigung seiner Regierung wertete, gibt Erdogan sich in der Öffentlichkeit demonstrativ machtbewusst.
Das türkische Parlament nimmt einen Gesetzentwurf der Regierung für eine verschärfte Internetkontrolle an. Demnach dürfen Behörden Seiten auch ohne richterlichen Beschluss sperren.
Erdogan bezeichnet auf YouTube veröffentlichte Telefonmitschnitte als Fälschungen. Zu hören ist angeblich, wie er seinen Sohn auffordert, große Geldsummen vor Korruptionsermittlern in Sicherheit zu bringen.
Erdogan bestätigt laut Nachrichtenagentur Anadolu, dass die über YouTube verbreitete Aufnahme eines seiner Telefongespräche echt ist. Darin geht es um einen Prozess gegen den Medienunternehmer Aydin Dogan, mit dem die türkische Regierung zeitweise zerstritten war.
Nach der Veröffentlichung zahlreicher kompromittierender Telefonmitschnitte droht Erdogan in einem Interview des Senders ATV mit der Blockade von Facebook und YouTube. Nach der Kommunalwahl am 30. März würden weitere Schritte unternommen.
Erdogan relativiert in der regierungsnahen Zeitung „Yeni Safak“: Eine vollständige Sperre komme nicht infrage.
Laut Nachrichtenagentur Anadolu droht Erdogan: „Twitter und solche Sachen werden wir mit der Wurzel ausreißen. Was dazu die internationale Gemeinschaft sagt, interessiert mich überhaupt nicht.“
Der Zugang zum Kurznachrichtendienst Twitter wird gesperrt.
So nahm er auch die Aufhebung der Twitter -Blockade in seinem Land nicht hin. Das Urteil des Verfassungsgerichts sei falsch und müsse deswegen aufgehoben werden, forderte er am Dienstag vor Abgeordneten seiner AK-Partei. Die Richter hätten der Gerechtigkeit keinen guten Dienst erwiesen mit ihrer Entscheidung, den Zugang zu dem Kurznachrichtendienst wieder zu ermöglichen.
Erdogan hatte im Vorfeld der Kommunalwahlen angekündigt, gegen Twitter vorzugehen, weil dort angeblich Tonaufnahmen verbreitet worden waren, die Korruption in seinem engeren Umfeld belegen sollen. Das Verfassungsgericht hatte vergangene Woche die Sperre aufgehoben, weil sie gegen die Meinungsfreiheit verstoße. Die türkische Telekomaufsicht schaltete daraufhin den Dienst wieder frei. Auch der Google -Videodienst Youtube wurde zeitweise gesperrt, ist nach einem Gerichtsurteil aber inzwischen ebenfalls größtenteils wieder erreichbar.

4 Kommentare zu "Vor türkischer Präsidentenwahl: Erdogan will seine Macht sichern"
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Und wieder sind unsere „Qualitäts“-Medien im Rückblick danebengelegen. Hat man uns Erdogan nicht immer als moderaten Politiker verkauft, der zeigt dass Islam und Demokratie kein Widerspruch sind? Die Türkei ist ein Land in dem inzwischen die letzten Überbleibsel der Aufklärung beseitigt werden und das bei der Inhaftierung von Journalisten den Spitzenplatz hinter dem Iran und Nordkorea einnimmt. Und dennoch wird Erdogan, wie vor zwei Wochen, wieder gewählt. Wer die Situation in der Türkei besser verstehen möchte sollte das neue Buch von Hamed Abdel-Samad lesen.
Was denkt sich dieser Mann eigentlich?
Glaubt er denn ernsthaft, dass ihn noch jemand ernst nehmen kann im internationalen Geschäft (mit Ausnahme despotischer inslamischer Staaten)? Und die EU kann er sich vollends abschmatzen!
"Er könnte durchaus Vorsitzender der ESM Gruppe werden, da braucht man solche Politiker die über allen Gesetzen stehen...!"
Ist doch süper das Verhalten vom Despoten Erdogan, so kommt die Türkei wenigstens nie in die EU, und das ist auch gut so !!