Dan Brown und Florenz Inferno? Von wegen!

Bestseller-Autor Dan Brown hat für sein neues Buch „Inferno“ als Schauplatz Florenz gewählt, nicht wie in „Illuminati“ und „Sakrileg“ Rom und den Vatikan.
Florenz Tom Hanks rast durch die Stadt. Über den Arno an den Uffizien entlang zum Palazzo Vecchio. Dort sieht er fassungslos auf dem Mitschnitt einer Überwachungskamera, wie Dantes silberne Totenmaske aus der Vitrine gestohlen wird. Der Thriller nimmt an Fahrt auf, eine atemberaubende Jagd beginnt, wie immer geht es um den Kampf von Gut gegen Böse. Ein James-Bond-Film ist in puncto Tempo langweilig dagegen.
Bestseller-Autor Dan Brown hat für sein neues Buch „Inferno“ als Schauplatz Florenz gewählt, nicht wie in „Illuminati“ und „Sakrileg“ Rom und den Vatikan. Und er lässt sich inspirieren vom bedeutendsten Sohn der Stadt, dem Dichter Dante Alighieri und seiner „Göttlichen Komödie“, die mit dem „Inferno“, der Hölle, beginnt und nach dem „Fegefeuer“ mit dem „Paradies“ endet. Dante schrieb sie im Exil zwischen 1307und 1321.
Die Verfilmung mit dem Hollywood-Star in der Rolle des amerikanischen Professors Robert Langdon ist seit Mitte Oktober in den deutschen Kinos, aber schon seit den Dreharbeiten im vergangenen Jahr bieten clevere Reiseveranstalter Florenz-Touren auf den Spuren von „Inferno“ an. Und die sind meistens ausgebucht.
Florenz, die Stadt der Medici im Herzen der Toskana, ist einer der schönsten Orte der Welt. Inmitten der sanften Hügellandschaft der Toskana sind auf kleinstem Raum – die Stadt hat nicht mehr als 380.000 Einwohner – die größten Kunstschätze der Renaissance: Bauwerke wie der Dom mit der Kuppel von Brunelleschi und dem Baptisterium, andere Kirchen wie Santa Croce und am Bahnhof Santa Maria Novella, Palazzi, Plätze, Parks und Museen voller Kunstschätze.
All das zieht Touristen an. Und das ist das Problem. Auf dem Ponte Vecchio mit seinen Goldschmiede-Länden gibt es zu Stoßzeiten kein Vor und Zurück, so viele Touristen drängen über die schmale Brücke. Mancher macht schlapp wegen der Überdosis an Kunst. In Florenz wurde das „Stendhal-Syndrom“ zum ersten Mal wissenschaftlich untersucht, benannt nach dem französischen Schriftsteller, dem es beim Besuch der Kunstschätze vor den Augen flimmerte. Zuviel Schönheit. Zu viele Menschen.
Neun Millionen Besucher waren es 2015, eine Rekordzahl. Die muss man professionell managen. Doch die Stadt hat das gut im Griff, besser als die Hauptstadt Rom, Stichworte sind öffentlicher Nahverkehr, Infos auf englisch, deutsch und französisch, Beschilderungen und ein Museumspass. Für die großen Kirchen muss man allerdings Tickets lösen, sonst kommt man nicht hinein.
Ein junger Bürgermeister brachte schließlich seit 2009 die entscheidendsten Veränderungen: er sperrte kurzerhand die schmalen Straßen der Innenstadt für den Verkehr und Touristenbusse müssen weit draußen parken. Dieser Bürgermeister war Matteo Renzi, heute Premier in Rom. Zur Filmpremiere von „Inferno“ kam er übrigens extra in seine Heimatstadt.
An einem Publikumsmagneten von Florenz aber waren die modernen Zeiten bisher vorbeigegangen: die Uffizien, nach dem Kolosseum und Pompeji die meistbesuchte Kulturstätte in Italien, berühmt für ihre Meisterwerke wie die „Primavera“ von Botticelli. Ein Museum der Superlative: um die 10.000 Gemälde, 180.000 Zeichnungen und Druckgrafiken, Skulpturen, Fresken und Möbeln, von den Medici seinerzeit als Sammlung begonnen. Lange Schlangen vor dem Eingang gehören bis heute zum täglichen Bild in der Stadt, obwohl man online Eintrittskarten buchen kann, die mit acht Euro pro Person im Vergleich etwa zu den Vatikanischen Museen in Rom regelrecht ein Schnäppchen sind.
Doch auch hier sind neue Zeiten eingezogen, dank eines neuen Direktors, der aus Deutschland kommt. Am 1. November ist Eike D. Schmidt aus Freiburg, 48, ein Jahr im Amt. Der Kunsthistoriker, der in Florenz studierte und promovierte, kam aus der Skulpturenabteilung des „Minneapolis Institute of Art“ in den USA nach Italien. Kulturminister Dario Franceschini, ein enger Parteifreund Renzis, hatte 20 Direktorenstellen staatlicher Museen international ausgeschrieben und Schmidt bekam den Zuschlag.
Nach anfänglichem Grummeln in der Stadt – schließlich wurde der langjährige – italienische – Chef durch einen Ausländer ersetzt, schauten die Florentiner mit zunehmendem Beifall auf den neuen Museumschef. „Ein Besuch in den Uffizien, das ist für viele Menschen ein Tag in ihrem Leben, und sie kommen nie wieder zurück.
Und ich möchte nicht, dass die Leute sich dann einfach nur an lange Schlangen erinnern, sondern ich möchte, dass sie wirklich die Kunstwerke im Kopf bewahren“, sagte Schmidt in einem seiner ersten Interviews und setzte das um. Er ließ Bilder umhängen, öffnete zusätzliche Ausstellungsräume und änderte den Rundweg. Finanzieren ließ er sich das von den „Friends of Florence“, einem US-Verein, der innerhalb von sechs Wochen 700.000 Euro für die Restaurierung der Säle aufbrachte.
„Lasst alle Hoffnung fahren, die ihr eintretet“, steht in Dantes „Göttlicher Komödie“ im ersten Teil, dem „Inferno“ über dem Eingang der Hölle. Das braucht Florenz nicht, im Gegenteil.