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Weltgeschichten unserer Korrespondenten

Weltgeschichte Willkommen im Wrack

Ausgemusterte oder verunglückte Flugzeuge entwickeln sich in Asien zum Touristenmagneten. Urlauber hoffen auf das perfekte Instagram-Motiv mit den Schrottteilen, Unternehmer auf gute Geschäfte.
22.11.2017 - 18:51 Uhr Kommentieren
Die Wrackteile gehören zu einer Boeing 747 und zwei Maschinen vom Typ MD-82. Einem Crash sind sie jedoch nicht zum Opfer gefallen – reine Altersschwäche hat die Jets in die Vorstadtgegend der thailändischen Hauptstadt gebracht. Quelle: Reuters
Friedhof der Flugzeuge

Die Wrackteile gehören zu einer Boeing 747 und zwei Maschinen vom Typ MD-82. Einem Crash sind sie jedoch nicht zum Opfer gefallen – reine Altersschwäche hat die Jets in die Vorstadtgegend der thailändischen Hauptstadt gebracht.

(Foto: Reuters)

Bangkok Der Ort, der zu Bangkoks merkwürdigsten Touristenattraktionen zählt, sieht so aus, als wäre hier ein großes Unglück passiert: Flugzeugteile liegen verteilt auf einer Wiese, die Tragflächen sind abgebrochen, Sauerstoffmasken finden sich zwischen den Trümmern. Die Wrackteile gehören zu einer Boeing 747 und zwei Maschinen vom Typ MD-82. Einem Crash sind sie jedoch nicht zum Opfer gefallen – reine Altersschwäche hat die Jets in die Vorstadtgegend der thailändischen Hauptstadt gebracht.

Obwohl die ausgemusterten Flugzeuge fernab der klassischen Sightseeing-Routen liegen, haben sie sich zur einer gut besuchten Touristenattraktion entwickelt. Eigentlich sind sie zwar nur noch Schrott, seit Jahren der Natur überlassen. Sie üben aber offensichtlich eine große Faszination aus. Als ich mich zuletzt dort umsah, konnte ich durch die ausgehöhlten Flugzeugrümpfe stapfen und mich in die Cockpits zwängen, in denen sich nur noch ein paar Schalter und Kabel befinden. Auf die Maschinen, die man sonst nur als Fortbewegungsmittel kennt, bekommt man so einen ganz anderen Blick.

Besonders an Wochenenden ist die Brachfläche im Norden der Stadt voll von Urlaubern, die abseits der Tempel und Buddha-Statuen nach einem etwas ungewöhnlicheren Fotomotiv für ihre Instagram-Profile suchen. Eine Familie, die offenbar damit betraut ist, das Gelände zu beaufsichtigen, verlangt knapp zehn Euro Eintritt pro Person.

Die Anwohner des Bangkoker Flugzeugfriedhofs sind nicht die einzigen, die das geschäftliche Potenzial der kaputten Jets entdeckt haben: Auch in Myanmar und Nepal bekommen die Maschinen nach ihrer Karriere in der Luft ein zweites Leben als Touristenmagnet.

In Myanmars Hauptstadt Naypyidaw – eine Retortenstadt voller Verwaltungsgebäude, die äußerst arm an Attraktionen ist – finden Besucher immerhin im Café Flight eine kleine Sehenswürdigkeit. In dem zur Bar umfunktionierten Flugzeug sitzen die Gäste anstelle von Economy-Class-Sitzen auf Sofas und können ein kühles Bier trinken, während sie durch die Flugzeugfenster auf die oftmals triste Metropole blicken.

Eine ähnliche Geschäftsidee verfolgt auch Bed Upreti, ein Pilot und Geschäftsmann, in Kathmandu. Fast drei Jahre sind vergangen, seit ein Airbus A330 in Nepals Hauptstadt von der Landebahn abkam und im Gras stecken blieb. Verletzt wurde niemand, das Flugzeug war aber nicht mehr zu gebrauchen. Es rostete am Flughafen vor sich hin. Upreti will den Unglücksflieger nun zu Geld machen. „Es ist natürlich traurig, dass das Flugzeug einen Unfall hatte, aber ich sah darin die perfekte Gelegenheit“, sagte er zu Journalisten. Er investierte 600.000 Dollar und will nun in dem kaputten Flugzeug vorne ein Museum und hinten ein Café eröffnen.

Wer nicht ganz nachvollziehen kann, weshalb sich Menschen überhaupt für Flugzeuge interessieren, die ihre beste Zeit längst hinter sich haben, findet vielleicht in der Arbeit des Fotografen Dietmar Eckell eine Antwort. Ich habe ihn auf einer Party in Bangkok kennengelernt, wo er schon seit vielen Jahren lebt. Erst war er als Manager für einen deutschen Konzern in der Stadt. Dann packten ihn zwei Leidenschaften auf einmal: Fotografie und Flugzeugwracks. 120.000 Kilometer reiste er rund um den Globus, um 15 abgestürzte Flugzeuge auf vier Kontinenten abzulichten, die in Wäldern und Wüsten teils seit Jahrzehnten unangetastet sind.

Um daraus einen Bildband im Eigenverlag zu veröffentlichen, wollte er bei einer Crowdfunding-Kampagne 4000 Dollar einwerben. Am Ende sammelte er mehr als 57.000 Dollar ein. Seine Bilder wurden zum viralen Hit. Das lag nicht nur an der ästhetischen Qualität der Fotos, sondern auch an ihrer Hintergrundgeschichte: Bei allen fotografierten Abstürzen überlebten sämtliche Insassen. Passend der Titel des Bandes: „Happy End“.

Mich hat die Idee begeistert, seit ich von ihr zum ersten Mal hörte. Kaputte Flugzeuge sind eben manchmal weit mehr als nur Schrott. Manchmal sind sie auch ein Wunder.

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