Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Welthandel Industrie besorgt: Festgefahrener Frachter sorgt für immer größeren Stau am Suezkanal

Noch immer liegt das Containerschiff „Ever Given“ quer in dem wichtigen Nadelöhr. Die deutsche Wirtschaft fürchtet Produktionsstillstände.
25.03.2021 Update: 25.03.2021 - 12:52 Uhr Kommentieren
Ägyptische Boote versuchen, den Tanker zu befreien. Quelle: AFP
Schlepper im Einsatz

Ägyptische Boote versuchen, den Tanker zu befreien.

(Foto: AFP)

Ismailia Das im Suezkanal feststeckende 400 Meter lange und 59 Meter breite Containerschiff beeinträchtigt die internationale Schifffahrt am Donnerstag weiter. Mindestens 150 Schiffe warten darauf, dass die „Ever Given“ aus dem Weg geräumt werde, damit sie die wichtige Wasserstraße durchfahren könnten, teilte der Dienstleister Leth Agencies mit.

Die Arbeiten zur Befreiung der „Ever Given“ wurden am Morgen wieder aufgenommen, nachdem sie in der Nacht unterbrochen worden waren.

Auf Portalen wie vesselfinder.com ist zu sehen, wie dutzende Schiffe an beiden Enden des Kanals auf eine Durchfahrt warten – vor Port Said sowie Alexandria am Mittelmeer sowie Suez am Roten Meer. Auch auf dem Kanal hängen zahlreiche Schiffe fest.

Das Frachtschiff der Reederei Evergreen hatte sich am Mittwoch mitten auf dem Kanal quergestellt und war auf Grund gelaufen. Schlepper und Bagger versuchen seitdem, das Schiff freizubekommen. Wie lange das dauert, ist noch unklar.

Die Angaben zur Unfallursache sind widersprüchlich: Der Schiffsbetreiber Evergreen Marine aus Taiwan teilte der Nachrichtenagentur AP mit, die „Ever Given“ sei von starkem Wind erfasst worden. Das Seefahrts- und Logistikunternehmen GAC erklärte, auf dem Schiff sei der Strom ausgefallen.

Die Blockade wird zunehmend zum Risiko für die globalen Lieferketten – und schürt zunehmend die Sorge vor Engpässen, auch in der deutschen Industrie.

„Die Störung kommt zu einem schlechten Zeitpunkt“, erklärte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) am Donnerstag auf Nachfrage. „Die Kapazitätsauslastung in der Chemie ist hoch. Entsprechend stark ist der Bedarf an Lieferungen aus Asien.“

Zudem stünden die Lieferketten durch die Corona-Pandemie derzeit ohnehin unter Druck. Rund 16 Prozent der Chemieimporte kommen per Schiff durch den Suez-Kanal.

„Die indirekten Effekte dürften noch stärker sein“, sagte VCI-Chefvolkswirt Henrik Meincke. „Wenn bei unseren industriellen Kunden in Europa die Produktion stillsteht, weil Lieferungen aus Asien ausbleiben, sinkt die Nachfrage nach Chemikalien.“ Mit jedem Tag, den der Suez-Kanal nicht befahren werden könne, werde das Problem größer.

Das Schiff ist länger als der Kanal breit. Quelle: dpa
Ein Satellitenbild zeigt das Frachtschiff

Das Schiff ist länger als der Kanal breit.

(Foto: dpa)
Ein Bagger versucht das Riesenschiff freizugraben. Quelle: AFP
Arbeit an der Unglücksstelle

Ein Bagger versucht das Riesenschiff freizugraben.

(Foto: AFP)

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ist besorgt. „Zentrale Lieferketten geraten aufgrund mangelnder Container, unpünktlicher Schiffe und fehlender Transportkapazität ins Stocken, während die Kosten steigen“, sagte Hauptgeschäftsführer Holger Lösch. „Dies wirkt sich in der Industrie bereits negativ auf die Produktionsabläufe aus.“ Leiden dürften insbesondere die Branchen, die auf Rohstoff- oder Bauteillieferungen sowie den Versand ihrer Fertigprodukte über Seetransporte angewiesen seien.

Der Suezkanal spielt für den Ölmarkt eine kritische Rolle – und Erdöl wiederum ist ein wichtiges Vorprodukt für die deutsche Chemieindustrie. Zehn Prozent des auf dem Seewegs transportierten Erdöls wird durch den Kanal verschifft, sowie acht Prozent der globalen Flüssiggas-Produktion.

Dem Branchendienst S&P Platts zufolge warten allein 80 Tanker beladen mit Erdöl, Treibstoffen und chemischen Vorprodukten darauf, dass der Kanal wieder passierbar wird.

„Wichtige Rohöl-Produzenten wie Saudi-Arabien, Russland, Irak, oder Algerien sind darauf angewiesen, Rohöl über den Suezkanal zu exportieren“, schreiben die S&P-Platts-Experten. Zwar verbindet auch eine Pipeline das rote Meer mit dem Mittelmeer. Doch diese kann lediglich 2,34 Millionen Barrel Öl pro Tag transportieren. Die mehr als drei Millionen Barrel pro Tag Rohöl und Ölprodukte, die per Schiff transportiert werden, kann die Pipeline kaum auffangen.

Quelle: AFP
Ägyptischer Behördenmitarbeiter beaufsichtigt die Rettungsaktion.
(Foto: AFP)
Die Durchfahrt ist für andere Containerschiffe blockiert. Quelle: AFP
Wichtige Wasserstraße

Die Durchfahrt ist für andere Containerschiffe blockiert.

(Foto: AFP)

Daher wächst auch am Ölmarkt die Sorge vor einem kurzfristigen Versorgungsengpass: Warren Patterson, Chefanalyst für Rohstoffe bei der ING, sagt: „Je länger die Störung anhält, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass etwa Raffinerien Öl am Spotmarkt kaufen müssen.“ Das könnte zu einer kurzfristigen Angebotsknappheit führen. Schon jetzt signalisierten die Rohstoff-Terminmärkte, dass Öl zur sofortigen Lieferung zunehmend knapp werde.

Die Ölpreise gaben am Donnerstag leicht nach, nachdem sie im späten Handel am Mittwoch in der Spitze um sechs Prozent gestiegen waren. Die Blockade des Suezkanals verschärft die zuletzt gestiegene Volatilität am Ölmarkt weiter. In der Vorwoche waren die Ölpreise innerhalb von sieben Tagen zwei Mal um mehr als sechs Prozent eingebrochen.

Die meisten großen Öltanker haben ohnehin zu viel Tiefgang, um den Suezkanal zu passieren. Daher ist die um 2700 Seemeilen (rund 5000 Kilometer) längere Alternativroute über die Südspitze Afrikas im weltweiten Ölhandel etabliert.

Anders sieht das bei Containerschiffen aus: Die Ever Given gehört zu den größten Containerschiffen der Welt. Über 90 Prozent der in Dienst stehenden Containerfrachter entsprechen der Größennorm „Suezmax“ und können den Kanal passieren.

Quelle: AP
Der Chef der Suez Canal Authority auf einem Schiff nahe der blockierten „Ever Given“.
(Foto: AP)
Die Ursache für den Unfall ist weiterhin ungeklärt. Quelle: AP
Im Suezkanal

Die Ursache für den Unfall ist weiterhin ungeklärt.

(Foto: AP)

Dem Verband Deutscher Reeder (VDR) zufolge geht ein Drittel der Passagen durch den Suezkanal auf das Konto von Containerschiffen. Von der Störung sei nicht nur der Schiffsverkehr zwischen Asien und Europa von den Problemen betroffen, auch ein Großteil der Schiffslieferungen zwischen Asien und der Ostküste Nordamerikas verkehre über den ägyptischen Kanal. Fast 19.000 Schiffe – oder durchschnittlich 51,5 Schiffe pro Tag – haben im vergangenen Jahr nach Angaben der Betreibergesellschaft Suez Canal Authority (SCA) die Wasserstraße als Abkürzung genommen.

Grafik

Derzeit sind viele deutsche Reedereien damit beschäftigt, Notfallpläne zu errechnen. So kostet eine Umfahrung über das Kap der Guten Hoffnung je nach Fahrtgeschwindigkeit zusätzlich sieben bis zehn Tage. Deutschlands größte Reederei, die Hamburger Seefahrtfirma Hapag-Lloyd, zeigte sich jedoch optimistisch, dass die Blockade bald behoben wird.

„Solche Vorfälle passieren leider, gerade in dieser engen Passage des Suez-Kanals“, heißt es von der Reederei. „Die Schiffe lassen dann in der Regel Ballastwasser ab und werden mit Schleppern aus dem Sand gezogen. Erfahrungsgemäß sollte der Kanal bald wieder frei sein – insofern halten wir die Auswirkungen zurzeit für überschaubar.“ Eine Umfahrung des afrikanischen Kontinents sei derzeit nicht geplant.

Mit Agenturmaterial.

Mehr: Kanada lehnt chinesische Übernahme einer Arktis-Goldmine ab.

Startseite
Mehr zu: Welthandel - Industrie besorgt: Festgefahrener Frachter sorgt für immer größeren Stau am Suezkanal
0 Kommentare zu "Welthandel: Industrie besorgt: Festgefahrener Frachter sorgt für immer größeren Stau am Suezkanal"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%